Dorothee BärCDU/CSU - Finanzierung der Kinderbetreuung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen haben ja bereits eingehend und detailliert dargelegt, wie sinnvoll der vorliegende Gesetzentwurf zur angestrebten Verlängerung der Fristen ist. Deswegen werde ich das alles jetzt nicht wiederholen. Aber ich möchte dennoch auf zwei meiner Vorrednerinnen eingehen; denn manchmal fragt man sich schon: In welchem Land leben Sie eigentlich?
Frau Golze, ich war immer der Meinung, man müsse in Deutschland leben, um hier ein Mandat erringen zu können. Aber offensichtlich haben Sie von Deutschland überhaupt keine Ahnung. Bei Ihrer Rede hatte ich den Eindruck, Sie sprechen von einem anderen Land, aber nicht von den Realitäten in unserem Land, für das wir eigentlich zuständig sind. Sie leiden völlig an Realitätsverlust.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das war wirklich so was von unsäglich, das hat mit unserer Lebensrealität null Komma null zu tun. Also: Willkommen in Deutschland! Wenn Sie Politik für die Bürgerinnen und Bürger machen wollen, dann sollten Sie sich auch mal die Situation vor Ort anschauen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Diana Golze [DIE LINKE]: Ja, das tue ich! Ich glaube, sogar öfter als Sie!)
– Nein, das glaube ich nicht. Wie man heute bei den Grünen mitbekommen hat, ist Wahlkreisarbeit offensichtlich nicht wichtig. Möglicherweise liegt das daran, dass sie keine Wahlkreise vertreten; aber das ist ein anderes Thema.
Frau Dörner, ich bin froh, dass die Menschen in Deutschland wissen, bei wem sie sich für das Betreuungsgeld zu bedanken haben; in diesem Punkt gebe ich Ihnen völlig recht. Ich lade Sie gerne in mein Büro ein; dann kann ich Ihnen die meterlange Reihe von Ordnern zeigen, die Dankeszuschriften von Eltern enthalten.
(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann gebe ich Ihnen meine Ordner!)
Ich bin froh, dass das Betreuungsgeld bleibt; denn damit können wir viel Gutes in unserem Land tun.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie mich meinen Blick darauf lenken, was der Bund in den letzten Jahren getan hat. Wir haben in den letzten Jahren wirklich viel für den Ausbau der Betreuung getan. Die Rednerinnen der SPD haben es angesprochen: Schon in der letzten Großen Koalition haben wir dafür gesorgt, dass der Ausbau von Kitaplätzen vorangetrieben wird. Damals haben wir auch den Rechtsanspruch durchgesetzt. Außerdem haben wir – oh Wunder – seit dem 1. August nicht das Horrorszenario erlebt, das von den Linken und den Grünen die ganze Zeit beschrieben wurde, dass nämlich die Zahl der Betreuungsplätze nicht ausreicht und wir von einer Klagewelle überrollt werden. Sie alle haben hier in den letzten Jahren in ihren Reden Schreckensszenarien verbreitet; das war teilweise wirklich Wahnsinn. Wir haben nicht nur einen großartigen Endspurt hingelegt, sondern auch für eine flächendeckende Versorgung gesorgt, mit der vor einigen Jahren noch keiner rechnen konnte.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Spannend ist natürlich auch, dass die große Klagewelle ausgeblieben ist. Die Ministerin hat heute einen grünen Bürgermeister zitiert. Ich habe an dieser Stelle in den letzten Jahren viele SPD-Bürgermeister und -Oberbürgermeister zitiert, die gesagt haben: Für uns ist das kein Problem. Unsere Kommunalpolitiker haben immer Verantwortung übernommen und wissen es zu schätzen, dass sich der Bund finanziell reingehängt hat, ohne die originäre Zuständigkeit zu haben. – Mein Fraktionsvorsitzender Volker Kauder hat mehrfach betont – nicht nur bei uns in der Fraktion, sondern auch hier im Plenum –, dass auch einmal anerkannt werden muss, dass der Bund, weil er wusste, dass es die Länder und die Kommunen nicht alleine schaffen, seiner Verantwortung gerecht wird. Das hat er auch getan.
Was sagt der Deutsche Städte- und Gemeindebund dazu? Bundesweit gab es noch nicht einmal 50 Klagen. Bei Engpässen konnten in vielen Fällen einvernehmliche Lösungen erzielt werden. Sogar SPD-Oberbürgermeister haben zu mir gesagt: Frau Bär, das ist kein Thema, dann schaffen wir eben noch zusätzliche Plätze oder sorgen für Lösungen mit Tagesmüttern. Wir vor Ort sind flexibel genug, und wir kennen die Bedürfnisse unserer Städte und Gemeinden natürlich wesentlich besser, als das bei einer übergeordneten Stelle der Fall ist. Deswegen schaffen wir es auch, uns darum zu kümmern.
Sogar in München, wo es im Vergleich zum Rest von Bayern mit der Kinderbetreuung immer noch etwas schwierig ist, wurden bislang maximal zehn Klagen eingereicht, zum Beispiel, weil die Eltern mit dem von der Stadt vorgeschlagenen Krippenplatz nicht einverstanden sind, weil die Entfernung zu groß ist.
Der Ausbau der U-3-Plätze ist ein Riesenerfolg. Deswegen kann ich an dieser Stelle einerseits sagen: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Andererseits möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort ganz herzlich bedanken. Hier gibt es sehr engagierte Kräfte. Daher möchte ich allen denen, die in Kindergärten und in Kinderkrippen arbeiten, ein ganz herzliches Dankeschön und ein Vergelt’s Gott sagen. Jeder berufstätige Elternteil weiß, dass man ohne das Wissen, dass die Kinder gut versorgt sind, dass sie gut betreut sind, dass sie gefördert und gefordert werden, seine Arbeit nicht gut verrichten könnte. Deshalb auch von meiner Seite ein ganz herzliches Dankeschön!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Natürlich wissen wir, dass der Ausbau noch nicht abgeschlossen ist. Jedes Mal, wenn ein Rechtsanspruch in Kraft tritt, erhöht sich der Bedarf. Das ist völlig klar; das sagt auch das Deutsche Jugendinstitut. Wir wissen auch, dass wir die Qualität noch weiter verbessern müssen. Im Koalitionsvertrag, der offensichtlich weder von den Linken noch von den Grünen ordentlich gelesen wurde, haben wir vereinbart, dass der Bund zur weiteren Realisierung des Rechtsanspruchs im Bereich U 3 ein drittes Investitionsprogramm auflegen wird. Darüber hinaus unterstützt der Bund die Länder – das ist bereits fest vereinbart – jährlich mit 845 Millionen Euro bei der Finanzierung der Betriebskosten, wozu auch die besonders wichtigen Personalkosten zählen. Das ist eine große Summe, die die Länder auch in den nächsten Jahren erhalten werden.
Wir haben noch andere Maßnahmen eingeleitet – ich erwähne sie, damit deutlich wird, dass es nicht nur um den Ausbau und um das Personal geht –: Die Bundesregierung hat eine Arbeitsgruppe zum Thema Fachkräftegewinnung etabliert. Wir haben das Aktionsprogramm Kindertagespflege. Wir haben Lohnkostenzuschüsse. Wir haben ein Serviceprogramm „Anschwung für frühe Chancen“. Wir haben ein Bundesprogramm „Lernort Praxis“. Wir haben die Initiative „Mehr Männer in Kitas“; dies ist ein wichtiger Baustein, um immer mehr Männer für die herausfordernden Berufe im Bereich der frühkindlichen Erziehung und Bildung zu begeistern. Wir haben selbstverständlich auch die „Offensive Frühe Chancen“, über die bis 2014 400 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, um 4 000 Kitas in Deutschland zu Kitas mit dem Schwerpunkt Sprache und Integration weiterzuentwickeln.
Das ist nur ein kleiner Teil der Maßnahmen und Initiativen. Man könnte noch hundert andere Maßnahmen und Initiativen aufzählen, die zeigen, dass wir uns die Förderung der Kinder in unserem Land ganz groß auf die Fahnen geschrieben haben; denn sie sind uns am wichtigsten. Sie werden in dieser Legislaturperiode feststellen können, dass wir auf diesen Bereich einen Schwerpunkt legen werden.
Ich sage aber auch Folgendes: Wir haben schon sehr viel für die unter Dreijährigen getan. Mir ist es wichtig, dass wir, wenn wir in dieser Legislaturperiode über das Thema Familie reden, über eine ganzheitliche Familienpolitik reden. Dabei geht es nicht nur um U 3, auch nicht nur um Ü 3, sondern es geht um das ganze Leben, von der Geburt bis zum letzten Lebensabschnitt. Zeitgleich leben vier Generationen. Das ist die Regel und nicht die Ausnahme. Das heißt, wir müssen uns auch um die drei anderen Generationen kümmern. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur das Stichwort „Pflege“. Wir haben also viel zu tun.
Ich freue mich riesig auf diese Legislaturperiode. Ich glaube, dies war meine erste Rede zur Familienpolitik in den letzten vier Jahren, in der Frau Marks keinen Zwischenruf gemacht hat. Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Caren Marks [SPD]: Da kann ich gerne mit dienen! Wenn das gewünscht wird, liefere ich das nach!)
Ich schließe die Aussprache.
Hier werden noch viele wunderbare und überraschende Freundschaften entstehen
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Fraktionsübergreifend!)
und einzelne vielleicht auch zerbrechen. Das wollen wir in Ruhe der weiteren Entwicklung der Legislaturperiode überlassen.
Wir kommen nun noch nicht sofort zur Abstimmung. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass die Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der Linken fristgerecht beantragt haben, gemäß § 80 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung ohne Ausschussüberweisung in die zweite Beratung einzutreten. Die zweite und dritte Beratung soll heute Nachmittag nach dem Tagesordnungspunkt 8 aufgerufen werden. In der Zwischenzeit könnte der Hauptausschuss, den wir heute Nachmittag konstituieren, als Haushaltsausschuss Gelegenheit zur Prüfung der Vorlage gemäß § 96 Abs. 4 der Geschäftsordnung haben. Das ist die Regelung, die sicherstellen soll, dass bei Gesetzgebungsvorhaben vorher geprüft wird, ob dafür überhaupt die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen bestehen.
Zu diesem Antrag hat die Kollegin Haßelmann zur Geschäftsordnung das Wort gewünscht, das ich ihr hiermit erteile.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Schon wieder? Menschenskinder! – Dorothee Bär [CDU/ CSU]: Hier wird man nicht nach Reden bezahlt! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wenn Sie so weitermachen, machen Sie dem Kollegen Beck Konkurrenz!)
Vielen herzlichen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank auch für die kleinen Kommentierungen gleich am Anfang.
Ich habe das Wort gewünscht, weil das, was Sie hier vorführen, ein kleines Stück aus Absurdistan ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Das sage ich, ehrlich gesagt, auch in Richtung der Linksfraktion. Ich bin überrascht, dass Sie diesen Antrag mit eingebracht haben.
Um das einmal vorweg zu sagen: Ich bin dafür, und unsere Fraktion ist dezidiert dafür – das haben wir in allen Gesprächen mit den Fraktionen deutlich gemacht –, dass dieser Gesetzentwurf und auch der Gesetzentwurf, über den wir nachher beraten, der Entwurf eines AIFM- Steuer-Anpassungsgesetzes – beides sind Initiativen aus dem Bundesrat –, noch in diesem Jahr verabschiedet werden.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau! So ist das!)
Die Länder legen ganz großen Wert darauf, dass das passiert. Ich finde es richtig, diesem Wunsch zu entsprechen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse- Brömer [CDU/CSU]: Genau deswegen stimmen wir heute ab!)
Wenn Sie aber einen Hauptausschuss einrichten, was Sie heute mit Mehrheit von Union und SPD gemacht haben, dann ist es fragwürdig, wenn Sie nicht sagen: Diese beiden Gesetzesinitiativen, die noch dieses Jahr verabschiedet werden müssen – das wollen auch wir –, kommen jetzt in diesen Hauptausschuss, und dort findet ein gemäß der Geschäftsordnung ordentliches Beratungsverfahren statt. Das, Frau Kipping, ist nicht so.
(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])
Der Präsident hat darauf hingewiesen, dass der Hauptausschuss die Vorlage heute nur als Haushaltsausschuss gemäß § 96 der Geschäftsordnung prüfen wird. Das heißt, Berichterstattung dazu ist in diesem Sinne so nicht möglich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir hatten uns in einer PGF-Runde schon darauf verständigt – ihr erinnert euch sicher, Sie erinnern sich sicher –, diese beiden Gesetzentwürfe in der Woche vom 16. Dezember bis zum 19. Dezember 2013 im Bundestagsplenum in zweiter und dritter Lesung zu verabschieden, damit sie dann in den Bundesrat können. Das alles wurde durch diesen Antrag über den Haufen geworfen. Aus meiner Sicht gibt es keine sachliche Begründung dafür, dass wir heute sozusagen nur die Begleitung durch den Haushaltsausschuss vorsehen und nicht eine Beratung im Hauptausschuss. Ich weiß, dass es für viele der Zuhörerinnen und Zuhörer schwierig ist, dies alles nachzuvollziehen. Das Verfahren ist so, dass wir heute die zweite und dritte Beratung direkt machen, obwohl wir den Hauptausschuss eingesetzt haben. Das ist absolut kritikwürdig, da wir die Gesetzentwürfe auch nach einer Beratung noch in diesem Jahr verabschieden können.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Thomas Oppermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Haßelmann, bei diesem Gesetzentwurf geht es ausschließlich darum, zu verhindern, dass die für die Länder und Kommunen vorgesehenen Kitamittel am Jahresende verfallen. Wir wollen erreichen, dass sie auch im nächsten Jahr verwendet werden können. Das ist das Einzige, um das es in diesem Gesetzentwurf geht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch Ihr Vorschlag mit dem 19. Dezember!)
Wir sind von allen rot-grünen Landesregierungen, vom rot-rot regierten Brandenburg und von allen sonstigen Landesregierungen inständig gebeten worden, den Gesetzentwurf heute zu verabschieden.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen kann man doch ein ordentliches Verfahren machen!)
– Der Ausschuss nimmt doch nachher Stellung zu diesem Komplex. – Wir wollen den Gesetzentwurf heute verabschieden und wollen deshalb keine Ausschussüberweisung. Der Hauptausschuss befasst sich mit diesem Gesetzentwurf und nimmt Stellung dazu, aber wir machen keine Ausschussberatung, keine Anhörung oder sonstige Dinge, weil der Gesetzentwurf noch heute verabschiedet werden soll, damit er noch im November im Bundesrat endgültig beschlossen werden kann und damit die Kommunen und die Länder diese Mittel für den Kitaausbau weiter einplanen können. Nur darum geht es. Was Sie jetzt hier wollen, ist eine Förmelei und widerspricht exakt dem, was die Grünen in den Ländern von uns verlangt haben. Das halte ich nicht für angemessen, Frau Haßelmann.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Frau Kollegin Sitte.
Es gibt Momente, Frau Haßelmann, in denen fällt selbst mir nichts mehr ein.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN und der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/2903552 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 3 |
Tagesordnungspunkt | Finanzierung der Kinderbetreuung |