Johannes SelleCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Darfur (UNAMID)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Natürlich würde ich jetzt lieber sagen: Wir brauchen nach sieben Jahren UNAMID diese Mission nicht mehr. Alles ist friedlich. Entwicklung kann stattfinden. – Aber bedauerlicherweise ist die humanitäre Lage in der Region prekär. Noch immer sind 1,9 Millionen Vertriebene in Flüchtlingslagern auf Nahrungsmittelhilfe und Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft angewiesen.
Die Implementierung des 2011 in Doha beschlossenen Friedensabkommens hinkt dem Zeitplan hinterher. Die wichtigsten Rebellenorganisationen, das Justice and Equality Movement, JEM, sowie die beiden Gruppen um Minni Minnawi und Abdel Wahid, haben das Abkommen zunächst abgelehnt. Der Beitritt des JEM zu diesem Abkommen im Jahr 2013 ist als wichtiger Erfolg zu werten.
Zwischen der sudanesischen Armee und Rebellengruppen wie auch zwischen den einzelnen Milizen selbst kommt es immer wieder zu blutigen Kämpfen. UNAMID ist daher auch sieben Jahre nach ihrem Beginn keine einfache Mission. Erst am vergangenen Sonntag wurde ein ruandischer Soldat tödlich verwundet. Es ist wichtig, dass wir die Arbeit der Soldaten würdigen. Am Sonnabend letzter Woche traf ich den dienstältesten deutschen Offizier, Oberst Simon, in Juba, der bei UNMISS dient. Er war außerordentlich erfreut über das Interesse des Parlaments an der Arbeit der Soldaten und übermittelte die Grüße seiner Offizierskameraden, die ihn dazu ausdrücklich aufforderten. Daher möchte auch ich allen Soldaten und Polizisten von UN-Friedenssicherungsmissionen danken. Sie bemühen sich um Sicherheit und Stabilität. Ganz besonders denken wir an die deutschen Einsatzkontingente, die einen gefährlichen Dienst tun und auf die für uns selbstverständlichen Annehmlichkeiten verzichten müssen. Wir brauchen diesen Dienst, schätzen ihn hoch ein und werden ihn unterstützen. Wir wünschen den Soldaten und Polizisten eine sichere Adventszeit.
In der letzten Woche bat der sudanesische Innenminister während seines Besuches in Deutschland um Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen des enormen Zustroms von Flüchtlingen aus Ostafrika, dem sich Sudan gegenübersieht.
Das ist ein Thema, das ohne Zweifel in unserem eigenen Interesse liegt. Natürlich wurden von mir die wichtigen Themen wie Schutz der Menschenrechte, das Verhältnis zum Südsudan und nicht zuletzt die Lage in Darfur angesprochen. Immer wieder muss klargemacht werden, dass die Wahrung der Menschenrechte für uns oberste Priorität hat und dass die exzessive Gewaltanwendung, wie sie sich zuletzt im September bei Demonstrationen in der Hauptstadt Khartoum manifestierte, völlig inakzeptabel ist. Wir sollten alle Bemühungen unterstützen, die die Beilegung der Konflikte in diesem Land auf politischem Wege voranbringen.
Ebenfalls im November befand sich eine hochrangige Delegation der Sudan Revolutionary Front, des Zusammenschlusses der einzelnen Rebellenorganisationen, auf Einladung des Auswärtigen Amtes in Berlin. Auch dieses Gespräch wurde genutzt, um die einzelnen Organisationen eindringlich auf ihre Verantwortung für Frieden und Schutz der Zivilbevölkerung hinzuweisen. Wichtiger Punkt dabei war, dass sowohl Abdel Wahid als auch Minni Minnawi, die beiden verbliebenen Führer von Rebellenorganisationen und Nichtunterzeichner des Doha- Abkommens, mit am Tisch saßen und sich, wenn auch verhalten, eine politische Lösung unter Führung der Sudan Revolutionary Front vorstellen konnten. Wir sind in kleinen Schritten vorangekommen und waren noch nie so nahe an einer politischen Lösung. Deshalb müssen wir beharrlich in diese Richtung weitergehen.
Deutschland genießt ein hohes Ansehen auch in dieser Region. Deshalb gehört es zu unserer Verantwortung, unsere relativ kleine personelle Beteiligung an UNAMID fortzusetzen. Die zehn entsandten Bundeswehrsoldaten und fünf Polizisten leisten im UNAMID-Hauptquartier anerkannte und geschätzte Stabsarbeit. Deutschland ist als einziges westliches Land an dieser Mission beteiligt. Bei UNAMID geht es nicht nur um die militärische Komponente der Mission, sondern es geht auch um die politischen Anstrengungen zur Umsetzung des Doha- Friedensvertrages.
Liebe Kollegen, die vom neuen Missionsleiter Mohammed Ibn Chambas angekündigte Intensivierung der politischen Bemühungen UNAMIDs müssen wir doch unterstützen. Die Kosten der Mission sind enorm, und mir wäre lieber, dass dieses Geld in konkrete Entwicklungsprojekte investiert würde. Aber ohne Sicherheit kann es keine Entwicklung geben. Im Gegenteil: Vorhandene Infrastruktur wird bei den Kämpfen zerstört.
UNAMID ist nur ein Teil unseres Ansatzes der vernetzten Sicherheit, neben der humanitären Hilfe und den bereits erwähnten 16 Millionen Euro, die für Wiederaufbauprojekte in diesem Jahr bereitgestellt werden. Letzteres sollten wir als Parlament eng begleiten und vor allem auf Eile in der Umsetzung drängen. Ein klares Ja zur Verlängerung des Einsatzes ist ein klares Bekenntnis zu unserer Verantwortung für Frieden und Sicherheit in der Welt. Ein Ja ist auch ein klares Zeichen an die Afrikanische Union, dass wir sie nun, da sie sich verstärkt der Verantwortung für ihren eigenen Kontinent stellt, nicht im Stich lassen. Stimmen Sie deshalb dem Antrag zu!
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/2903985 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 3 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Darfur (UNAMID) |