Richard PitterleDIE LINKE - AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute ein Gesetz, das einen sehr langen Namen trägt, vereinfacht: AIFM-Steuer- Anpassungsgesetz. Mit diesem Gesetz sollen einige Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Das wird von allen Seiten betont. Der Finanzminister der nordrhein- westfälischen rot-grünen Regierung befürchtet sogar Milliardenverluste für den Fiskus, wenn das Gesetz heute nicht beschlossen wird. So weit, so gut.
Aber was mir auffällt, ist, dass auch die Lobbyisten- und Interessenverbände der Finanzindustrie dieses Gesetz wollen und man fast keine Proteste aus dieser Richtung wahrnimmt. Bei jeder klitzekleinen Regulierung des Finanzmarktes durch die verflossene schwarz-gelbe Koalition sah die Finanzindustrie eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands am Horizont. Ich frage mich: Warum hier nicht? Mit diesem Gesetz werden zwar Steuerschlupflöcher gestopft; aber Teile des Gesetzes ermöglichen der Finanzindustrie ein profitträchtiges Geschäftsmodell. Dort geht es um die betrieblichen Pensionskassen. Durch das Gesetz soll in Deutschland das sogenannte Pension Asset Pooling ermöglicht werden.
Was bedeutet Pension Asset Pooling? Multinationale Konzerne wollen das Pensionsvermögen der weltweit für sie tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bündeln und gemeinsam verwalten. Alle gesammelten Beiträge für die Betriebsrente sollen also zentral angelegt, zentral verwaltet und zentral gesteuert werden. Mit dieser Bündelung wird zwar einerseits ein höheres Anlagevermögen erzielt, das zu höheren Zinssätzen angelegt sowie zu niedrigeren Kosten gemanagt werden kann; andererseits besteht die Gefahr, dass mit einer zentralen Anlagepolitik die Vermögensanlagerisiken stärker konzentriert werden. So werden Risiken aus Wechselkursschwankungen oder Anlageausfällen zulasten der Beschäftigten erhöht. Uns erscheint eine dezentrale Anlagepolitik weniger riskant, weil damit im Hinblick auf das gesamte weltweite Pensionsvermögen eine breitere und bessere Streuung der anzulegenden Mittel erreicht werden kann.
(Beifall bei der LINKEN)
Bisher scheitert das weltweite Pension Asset Pooling in Deutschland an den bestehenden steuerrechtlichen Vorschriften. Zwar sehen wir auch, dass andere steuerrechtliche Regelungen Vorteile aufweisen könnten. Doch für wen? Sicher profitiert der Fiskus, wenn sich die multinationalen Konzerne mit dem gebündelten Vermögen dem Steuerregime im Lande unterwerfen. Aber auch die Finanzindustrie – das ist unübersehbar – reibt sich schon die Hände. Nach einer Untersuchung der Personalberatung Towers Watson betrugen allein die von den DAX- 30-Unternehmen angesammelten Pensionsvermögenswerte zum Jahresende 2012 circa 193 Milliarden Euro. Das Volumen aller für ein Pooling in Betracht kommenden Pensionsvermögenswerte ist noch erheblich größer, wenn man die übrigen deutschen Unternehmen sowie ausländische Unternehmen einbezieht.
Die Linke sagt: Wenn es um die Pensionskassen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, dann können die Geschäftsinteressen der Finanzindustrie nicht die entscheidende Leitlinie sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Daher können wir diesem Teil des Gesetzes nicht zustimmen.
Wenn wir uns heute enthalten, dann deswegen, weil das Gesetz weitere Inhalte enthält, mit denen tatsächlich Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Das betrifft zum Beispiel die Vermeidung von Steuerausfällen in einer möglichen Höhe von 15 Milliarden Euro, indem man auf die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur unterschiedlichen Gewinnermittlung nach Handels- und Steuerrecht beim Verkauf von Betrieben reagiert. Hier soll und muss dringend das Schlupfloch möglicher Steuergestaltungsmodelle geschlossen werden.
Schließlich soll durch das Gesetz die Möglichkeit unterbunden werden, mithilfe von Rohstoffkäufen, sogenannten „Goldfinger“-Geschäften, Steuern zu sparen. Mit diesen Geschäften hatten gut betuchte Menschen über Gold- und andere Rohstofffirmen nach britischem Recht ihre Steuerlast drücken können. Das soll künftig mit dem Gesetz unterbunden werden. Dem wollen wir nicht entgegentreten.
(Beifall bei der LINKEN)
Nächster Redner ist Dr. Thomas Gambke, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/2904022 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 3 |
Tagesordnungspunkt | AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz |