28.11.2013 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 3 / Tagesordnungspunkt 11

Johann WadephulCDU/CSU - EU-Verordnung „Europa für Bürgerinnen und Bürger“

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass wir in Europa vor historischen Jahrestagen stehen. Vor 100 Jahren ist Willy Brandt geboren worden. Ich möchte großkoalitionär mit einem Ausspruch von ihm, meinem schleswig-holsteinischen Landsmann, beginnen. Willy Brandt hat einmal gesagt:

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und bei Koalitionsverhandlungen?)

Man hätte ihm diese zoologischen Kenntnisse gar nicht zugetraut, aber auch da hatte er wahrscheinlich recht.

Wer verhandelt, der schlägt sich nicht. Das ist in Europa nicht immer selbstverständlich gewesen. Es wurde schon darauf hingewiesen: Der Erste Weltkrieg brach vor 99 Jahren aus. Wir begehen im nächsten Jahr den 100. Jahrestag. Auch auf den Angriff auf Polen ist hingewiesen worden. Das waren schlimme Zeiten. Auch auf dem Balkan hat es noch vor ganz kurzer Zeit Auseinandersetzungen gegeben. Deswegen, glaube ich, müssen wir, auch wenn es schwer ist und junge Menschen das nicht sofort nachempfinden können – auch für uns liegen diese Ereignisse schon etliche Zeit zurück –, immer wieder den jungen Menschen sagen, was für ein Friedensprojekt Europa ist und wie dankbar wir sein können, dass wir dieses Europa haben

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und dass Europa die richtige Lehre aus der Vergangenheit ist. Insbesondere Deutschland muss da selbstkritisch sein.

Aber – auch das haben die Kollegen gesagt –: Diese Europäische Union, dieses gemeinsame Europa darf keine Kopfgeburt sein. Es darf keine Union sein, um deren Zukunft sich allein Politiker, Wissenschaftler oder Vertreter wirtschaftlicher Interessen streiten. Sie muss in den Herzen der Menschen verankert werden. Da müssen wir uns schon kritisch fragen, ob uns das gelungen ist. Ich glaube, wir haben Fortschritte erzielt. Auf die Europawahlen im nächsten Jahr ist hingewiesen worden. Wollen wir hoffen, dass die Wahlbeteiligung hoch sein wird und insbesondere solche Parteien gewählt werden, die Europa positiv gegenüberstehen,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

die sich zwar streiten, aber, lieber Herr Hunko, Europa wollen.

Ich gebe Ihnen recht: Mehr Demokratie ist auf europäischer Ebene notwendig. Betrachtet man die Art und Weise, wie die Gesetzgebung auf europäischer Ebene abläuft, muss man sagen: Das ist noch nicht die Demokratie, die wir uns vorstellen.

(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Ui!)

Deswegen brauchen wir mehr Europa und mehr Rechte für das Europäische Parlament.

(Caren Marks [SPD]: Ja!)

Dann wird es auch leichter werden, Europa den Menschen zu erläutern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich möchte auf zwei Punkte eingehen, die gerade eben auch hier in der Diskussion eine Rolle gespielt haben.

Der erste Aspekt, Herr Hunko, betrifft die Euro-Skepsis, die in Griechenland bzw. in Südeuropa insgesamt verbreitet ist. Sie haben sie darauf zurückgeführt, dass die Troika im Rahmen der Staatsschuldenkrise Auflagen gemacht hat, und gesagt, dass man dort deswegen nicht mehr so sehr für Europa ist. In der Tat: Es gibt in Griechenland von rechts und auch von ganz links Kräfte, die antieuropäisch sind; das stimmt, und das kann man sehr schnell analysieren. Gefahr für eine freiheitliche Demokratie droht übrigens immer – das will ich Ihnen ganz offen sagen; Sie werden es nicht gerne hören – von ganz rechts und von ganz links, lieber Herr Hunko.

(Beifall bei der CDU/CSU – Andrej Hunko [DIE LINKE]: Und aus der Mitte!)

Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen; das ist so.

Aber es gibt nicht nur in Griechenland Euro-Skepsis. Es gibt sie auch anderswo, beispielsweise in Großbritannien, und das, obwohl dieses Land noch nicht einmal zur Euro-Zone gehört. Hier kann man keinen ursächlichen Zusammenhang mit der Staatsschuldenkrise oder mit Auflagen der Europäischen Union herstellen. Trotzdem gibt es auch dort Euro-Skepsis.

Wenn wir ganz ehrlich sind: Auch bei der Bundestagswahl hat Euro-Skepsis eine Rolle gespielt. Die AfD ist zwar an der Fünfprozentklausel gescheitert, aber Euro-Skepsis gibt es, wie gesagt, auch in Deutschland und England. Es ist konsequent, dieser Skepsis insgesamt entgegenzutreten. Deswegen hat die Union die Absicht, mit einem europapolitisch positiven Programm und vor allen Dingen mit einem Politiker mit britischen Wurzeln zur Europawahl anzutreten, der aus Schottland kommt. Die Schotten sind proeuropäisch. David McAllister ist der Richtige, der das verkörpert

(Beifall bei der CDU/CSU)

und dafür sorgen wird, dass wir sicherlich wieder mit einer starken CDU/CSU in der EVP-Gruppe vertreten sein werden.

Ich glaube, dieses Programm ist richtig. Es ist notwendig, dass wir es hier und heute gesetzgeberisch auf den Weg bringen. Wir alle sollten auch bei uns zu Hause einen Beitrag leisten. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Also: Lassen Sie uns alle gemeinsam jeden Tag auch bei uns zu Hause für Europa eintreten!

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/2904253
Wahlperiode 18
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt EU-Verordnung „Europa für Bürgerinnen und Bürger“
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