19.12.2013 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 6 / Tagesordnungspunkt 13

Karl SchiewerlingCDU/CSU - Rentenversicherungsbeitragssatz 2014

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir zunächst einen herzlichen Glückwunsch an die neue Bundesarbeitsministerin, Frau Nahles. Ihnen alles Gute, eine glückliche Hand, Gottes Segen für Ihr Wirken!

Gemeinsam mit den neuen Parlamentarischen Staatssekretärinnen, Frau Lösekrug-Möller und Frau Kramme, haben wir den Koalitionsvertrag ausgehandelt. Es war – das ist gar keine Frage – ein schwieriger Weg, den wir miteinander zurücklegen mussten, auch und gerade im Bereich der Rentenpolitik. All das, was wir uns vorgenommen haben, ist im Koalitionsvertrag festgelegt. Er ist die Basis für die nun anlaufenden Gesetzgebungsverfahren.

Bevor ich fortfahre, möchte ich die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle Ihrer Vorgängerin, Frau Bundesministerin von der Leyen, herzlich zu danken für die Arbeit, die sie in den letzten vier Jahren in hervorragender Weise für uns geleistet hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch den Staatssekretären, den beamteten wie den parlamentarischen, an dieser Stelle einen herzlichen Dank! Sie übernehmen ein gut bestelltes Haus, eine gute Grundlage für die gemeinsame Arbeit. Wir freuen uns darauf.

Meine Damen und Herren, der Koalitionsvertrag ist, wie ich gerade schon sagte, die Grundlage der Gesetzgebungsverfahren. In diesem Koalitionsvertrag sind die Dinge vereinbart worden, die Frau Staatssekretärin Lösekrug-Möller gerade vorgetragen hat, nämlich die Rente mit 63, die Mütterrente, die Erwerbsminderungsrente, die solidarische Lebensleistungsrente und – nicht zu vergessen – auch die potenzielle Anhebung der Mittel für die Rehabilitation.

Um dieses alles finanzieren zu können, hat die Bundeskanzlerin bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages am 27. November vor der Bundespressekonferenz gesagt, dass der Rentenversicherungsbeitrag im kommenden Jahr stabil bleibt und nicht abgesenkt wird. Deswegen kann ich manche Aufregungen nicht verstehen. Übrigens haben einen Tag später alle Debattenredner im Hohen Haus genau dieses über alle Fraktionsgrenzen hinweg ebenfalls bestätigt.

Daher können all die, die ein Gutachten in Auftrag gegeben haben, um festzustellen, ob dies verfassungsgemäß ist oder nicht, getrost davon ausgehen, dass die Bevölkerung, die Arbeitgeber, die Versicherten wissen, dass der Rentenversicherungsbeitrag auch in 2014 18,9 Prozent betragen wird. Das wird dadurch erreicht, dass heute in erster Lesung das entsprechende Gesetz durch die beiden Koalitionsfraktionen eingebracht wird. Morgen wird es als Ankündigung im Bundesanzeiger veröffentlicht, sodass damit die rechtlichen Grundlagen gelegt sind. Sofern der Ausschuss für Arbeit und Soziales auf weitere Anhörungen gesonderter Art verzichtet, werden wir das Gesetz schon im Februar im Bundesrat verabschieden können.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verzichten auf eine Anhörung?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Union verwirklicht damit das große Anliegen: Für die Mütter, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, werden die Erziehungszeiten im Rentenrecht besser anerkannt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es geht in der Frage soziale Gerechtigkeit – das sage ich mit Blick auf das, was an öffentlicher Debatte im Augenblick läuft – in der Tat darum, den Frauen zu danken, die eine Leistung für dieses Rentensystem erbracht haben. Diese Frauen haben nämlich Kinder geboren und zu lebenstüchtigen Menschen erzogen, die später mit ihrer Hände Arbeit dazu beitragen, dass das solidarische Rentensystem weiter bestehen kann.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig, aber es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe!)

Herr Kollege.

Deswegen geht es bei der Frage der Gerechtigkeit nicht nur um die jüngere Generation, die die damit verbundenen Mehrkosten zu tragen hat. Es geht auch darum, jetzt die Lebensleistung von Frauen anzuerkennen – in aller Regel waren es Frauen –, die sie mit der Erziehung ihrer Kinder erbracht haben, ohne dass es Kinderkrippen gab und ohne dass es Rahmenbedingungen gab, die es ermöglichten, Beruf und Familie miteinander zu verbinden. Daher soll die Lücke zwischen drei Rentenpunkten und einem Rentenpunkt wenigstens etwas geschlossen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Andrea Wicklein [SPD] – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso zahlt es der Beitragszahler?)

Herr Kollege Schiewerling, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Matthias W. Birkwald?

Ja.

Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie kommt jetzt einen Moment später wegen der Höflichkeit der Präsidentin; denn sie hat Sie erst noch weiter reden und zum nächsten Thema kommen lassen.

Herr Kollege Schiewerling, Sie haben eben gesagt: Die Kanzlerin habe Ende November mitgeteilt, der Rentenversicherungsbeitrag werde nicht abgesenkt. – Sie sagten, da sei das politisch klar gewesen. Dann frage ich Sie: Warum haben Sie es denn technisch nicht ordentlich umgesetzt? Wir haben ja heute nur die erste Lesung. Die zweite und die abschließende dritte Lesung werden nicht mehr im Kalenderjahr 2013 stattfinden können, was aber gesetzlich eigentlich so vorgeschrieben ist. Sie tricksen. Erst im Januar werden Sie rückwirkend mitteilen können, dass die Rentenversicherungsbeiträge nicht sinken.

Ich sage Ihnen hier eines: Sie hätten die Gelegenheit dazu gehabt, das handwerklich ordentlich zu machen. Sie haben diese Gelegenheit versäumt. Wir, die Linke, haben nämlich bereits am 14. November einen Gesetzentwurf zur Stabilisierung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgelegt. Der ist dann an diesen unsäglichen Hauptausschuss überwiesen worden,

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wieso ist er „unsäglich“?)

wo ja angeblich die Arbeit der Ausschüsse geleistet werden sollte. Was haben dann SPD und CDU/CSU in diesem Hauptausschuss gemacht? Sie haben gegen unseren Willen, gegen die Stimmen der einreichenden Fraktion, diesen Gesetzentwurf abgelehnt und das Thema auf das nächste Jahr vertagt.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das hängt mit den Mehrheitsverhältnissen zusammen!)

Deswegen sagen ich Ihnen: Das ist unsauber.

Herr Kollege Birkwald, bei aller Höflichkeit: Würden Sie jetzt Ihre Frage stellen?

(Beifall der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU])

Ich stelle meine Frage: Was sagen Sie zur Einschätzung der Zeitung Die Welt vom 4. Dezember? Ich zitiere:

Die Welt schreibt also: „ausgerechnet die Linkspartei“.

Jetzt aber bitte die Frage, Herr Kollege.

Wir haben es richtig gemacht. Warum haben Sie es nicht korrekt gemacht?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Birkwald, ich will die Debatte nicht unnötig verlängern. Deswegen eine kurze Antwort:

Erstens. Wir machen es korrekt, indem wir die Verfahren einhalten, die der Deutsche Bundestag dafür vorsieht,

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht das Gesetz!)

nämlich die Gründung von Ausschüssen und die Behandlung im entsprechenden Ausschuss. Wenn alles gut geht, wird das Gesetz im Februar vom Bundesrat verabschiedet. Ihr Vorschlag war ordentlich, unserer ist ordentlicher, und deswegen haben wir Ihren abgelehnt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Sie äußerten die Bitte, einen Zeitungskommentar zu kommentieren. Wissen Sie, wenn wir die Kommentare der Zeitungen in ihrer Meinungsvielfalt im Einzelnen analysieren wollten, dann müssten wir uns ranhalten. Auch wenn die Linkspartei diesmal gut weggekommen ist, kommentiere ich es nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir halten in dieser Frage ein ordnungsgemäßes Verfahren ein.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das stimmt doch nicht!)

Lassen Sie mich an dieser Stelle auf den Punkt der Anerkennung von Erziehungszeiten im Rentenrecht und die Frage der Finanzierung zurückkommen, weil dies im Augenblick einer der heftig diskutierten Punkte ist. Die Sicherstellung der Finanzierung ist einer der Gründe, warum wir den Rentenversicherungsbeitrag nicht absenken.

Wir geben pro Jahr circa 245 Milliarden Euro für Rentenleistungen aus. Diese Summe stammt zu einem Drittel von den Beiträgen der Versicherten, zu einem Drittel von den Beiträgen der Arbeitgeber und zu einem Drittel aus dem Bundeszuschuss. Die Rücklage von 31 Milliarden Euro beinhaltet deshalb circa 10 Milliarden Euro Steuermittel. Wir finanzieren die sogenannte Mütterrente, die ein Gesamtvolumen von 6,5 Milliarden Euro ausmacht, zunächst einmal aus den Rücklagen der Rentenversicherung. Wir senken den Beitrag nicht ab, um den Beitragszufluss in Höhe von 7,5 Milliarden Euro für das nächste und die folgenden Jahre zu erhalten. Ich glaube, dass dieses Vorgehen angesichts der Steuermittel, die der Rentenversicherung bereits zufließen, zu vertreten ist. Ich bin ganz sicher, dass die Allgemeinheit auf diesem Weg in angemessenem Maße an den Kosten für die sogenannte Mütterrente beteiligt wird.

Herr Kollege Schiewerling, ich darf Sie an die Redezeit erinnern.

Ich bleibe dabei: Wir werden über das Rentenpaket intensiv und gut verhandeln und es miteinander auf den Weg bringen, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wir werden dafür sorgen, dass die Rentnerinnen und Rentner angstfrei in die Zukunft schauen können, und wir werden dafür sorgen, dass das Gesetz so ausgestaltet ist, dass es von den Generationen getragen werden kann. Hier und heute geht es der Unionsfraktion darum – das ist der erste Schritt –, den Leistungsträgerinnen unserer Gesellschaft, also denjenigen, die Kinder erzogen haben und dafür sorgen, dass unser Sozialsystem überhaupt funktionieren kann, mehr Gerechtigkeit zukommen zu lassen. Das ist unser Ziel.

Ich danke Ihnen sehr und wünsche Ihnen auf diesem Weg ein frohes Weihnachtsfest und Gottes Segen für das neue Jahr.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat jetzt die Kollegin Kerstin Andreae, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/2963519
Wahlperiode 18
Sitzung 6
Tagesordnungspunkt Rentenversicherungsbeitragssatz 2014
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