Peter WeißCDU/CSU - Rentenversicherungsbeitragssatz 2014
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Man kann natürlich über Gesetzestechnik und -verfahren diskutieren. Dazu ist festzustellen: Normalerweise wird der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung festgelegt. In diesem Fall ist die Opposition überhaupt nicht beteiligt. Wir haben uns entschlossen, den Beitragssatz durch ein Gesetz festzulegen. Dadurch ist die Opposition am Verfahren beteiligt.
(Lachen der Abg. Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich sehe deswegen überhaupt keinen Grund, warum sich die Opposition beschweren sollte. Sie ist dabei, wenn wir den Beitrag festlegen, und kann mitdiskutieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht zu fassen! Sie wissen doch ganz genau, dass das nicht stimmt!)
– Ein bisschen Stolz sollte man als Parlamentarier schon haben. Ich finde es eine gute Entscheidung von uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern, dass der Rentenversicherungsbeitrag durch das Parlament festgelegt wird. Wir und nicht die Bundesregierung legen den Rentenversicherungsbeitrag diesmal fest.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Davon haben die Rentner gar nichts! – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was ist mit Anhörungen, mit dem Ausschuss?)
Das ist auch nicht ungewöhnlich. Auch in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist der Rentenversicherungsbeitrag mehrmals durch das Parlament und nicht durch die Regierung festgelegt worden – übrigens auch zu Zeiten, in denen die Grünen an Bundesregierungen mitbeteiligt waren.
Um was geht es uns eigentlich?
(Zuruf von der LINKEN: Das fragen wir uns auch!)
Wir wollen den Rentenversicherungsbeitrag stabil bei 18,9 Prozent belassen. Das ist der niedrigste Rentenversicherungsbeitrag seit 15 Jahren. Wir haben die Unternehmen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Rentenversicherungsbeitrag jetzt über Jahre hinweg entlastet, und wir wollen dafür sorgen, dass diese Entlastung dauerhaft bestehen bleibt. Darum geht es.
(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dauerhaft? Das stimmt doch gar nicht!)
– Es wird niemandem etwas weggenommen, vielmehr wollen wir die Entlastung erhalten.
Was wäre denn die Folge, wenn man den Beitrag senken würde? Eine jetzige Beitragssenkung würde in wenigen Jahren automatisch zu einer deutlichen Beitragserhöhung führen. Das heißt, das, was man in dem einen Jahr gegeben hat, muss man in den nächsten Jahren wieder einkassieren.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mütterrente?)
Den Beitrag bei 18,9 Prozent zu belassen, bedeutet, dass dieser Beitrag voraussichtlich über seinen sehr langen Zeitraum stabil bleibt. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für die Unternehmen ist die Stabilität des Beitragssatzes und damit Planungssicherheit das Wichtigste. Diese Planungssicherheit wollen wir per Gesetz schaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) – Abg. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?
Bitte schön.
Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Weiß, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade gesagt, Sie verhindern durch das, was Sie jetzt tun, zukünftige Beitragssteigerungen. Das verstehe ich nicht ganz; denn es ist doch, glaube ich, nicht so, dass diese zusätzlichen Beitragseinnahmen, die Sie erhalten, weil Sie den Beitragssatz jetzt nicht senken, nachhaltig für die zukünftigen Generationen vorgehalten werden, sondern Sie haben vor, dieses Geld im nächsten Jahr unmittelbar wieder auszuzahlen, um Ihre Wahlgeschenke zu bezahlen. Das Geld ist doch weg und kommt den zukünftigen Generationen nicht in Form von weiteren Anwartschaften zugute.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE] – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen doch keine Rücklage!)
Verehrte Frau Kollegin, die Beibehaltung des Beitragssatzes von 18,9 Prozent führt nach allen Berechnungen über einen langen Zeitraum zu Beitragssatzstabilität, und das ist uns wichtig.
Richtig ist, dass alle hier im Bundestag vertretenen Fraktionen, auch die Ihrige, im September dieses Jahres mit unterschiedlichen rentenpolitischen Reformvorhaben in den Bundestagswahlkampf gezogen sind und diese allesamt auch Folgen für die Beitragsseite haben. Frau Kollegin Andreae hat in ihrer Rede zum Beispiel die Erwerbsminderungsrente und Verbesserungen, die dort notwendig sind, angesprochen. Das ist eine klassische Aufgabe, die aus den Beiträgen zu finanzieren ist.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Das ist auch richtig so!)
Deshalb möchte ich uns allen folgenden Rat geben – gerne auch den Grünen –: Wenn man in seine Wahlprogramme rentenpolitische Maßnahmen hineinschreibt, dann sollte man sich die Möglichkeit, diese eventuell zu verwirklichen, nicht gleich zu Beginn der Legislaturperiode durch falsche Beschlüsse zum Rentenversicherungsbeitrag kaputtmachen. Darum geht es.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ihr seid unehrlich, weil ihr es nicht richtig finanziert! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist von den Beträgen her aber ein Unterschied!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die neue Große Koalition hat in der Tat eine Reihe von rentenpolitischen Maßnahmen ins Auge gefasst. Für uns als Union ist es besonders wichtig, dass wir die Erziehungsleistungen in der Rentenversicherung besser anerkennen – auch für vor 1992 geborene Kinder – und dass wir in den Rentenversicherung Leistungsgerechtigkeit für all diejenigen schaffen, die ein Leben lang gearbeitet, wenig verdient und geringe Rentenansprüche haben und sich darauf verlassen können sollen, dass ihre Rente, wenn sie sie beantragen, so aufgestockt wird, dass man davon auch leben kann und keine zusätzliche staatliche Unterstützung beantragen muss.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das funktioniert aber nicht mit eurer solidarischen Lebensleistungsrente!)
Ich will hinzufügen: Genauso wichtig, vielleicht noch wichtiger ist, dass wir die Erwerbsminderungsansprüche besser berechnen. Demjenigen, der gerne länger arbeiten würde, aber aufgrund von Krankheit oder eines Unfalls vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden muss, sagen wir: Aus deinen Ansprüchen in der Rentenversicherung ergibt sich eine Leistung, die so hoch ist, dass du nicht um staatliche Unterstützung anstehen musst.
Wir werden in den kommenden Monaten und Jahren die Gelegenheit haben, die Gesetzentwürfe dazu im Detail zu diskutieren. Aber ich finde, es gehört auch zur Wahrhaftigkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, dass wir klar und deutlich sagen: Dazu benötigen wir finanzielle Mittel. Es wäre unklug, die jetzigen finanziellen Mittel kurzfristig zu verringern und nachher durch große Beitragserhöhungen wieder Mittel hereinzuholen. Deshalb geht es bei diesem Gesetzentwurf um Stabilität und damit Planungssicherheit: für die Unternehmen und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es wird niemandem etwas weggenommen. Wer das behauptet, behauptet etwas Falsches.
Es geht darum, dass wir als Parlament unser Recht wahrnehmen, diese Frage per Gesetz zu regeln. Ich freue mich auf die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf. Ich bin überzeugt, dass wir die richtige Entscheidung treffen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/2964816 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 6 |
Tagesordnungspunkt | Rentenversicherungsbeitragssatz 2014 |