Edgar FrankeSPD - Eheschließung gleichgeschlechtlicher Personen
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in diesem Haus schon mehrmals mit der Öffnung der Ehe beschäftigt. Wir haben engagiert diskutiert, auch heute wieder – Herr Beck und vor allen Dingen Herr Kahrs haben wieder losgelegt. Die beiden haben daran erinnert, dass es einen gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen gab; es war ein guter Antrag. Uns liegt heute die dritte Auflage dieses Antrags vor, eingebracht von den Linken.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Linken, Herr Petzold, man kann nicht einfach einen Antrag wörtlich abschreiben und ihn als Gesetzentwurf ein Dreivierteljahr später wieder einbringen; denn es ist einiges passiert.
(Zuruf von der LINKEN)
Es gab ein weiteres Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dieses Urteil ist umgesetzt worden. Lieber Herr Petzold, wenn Sie schon einen Antrag von uns abschreiben, dann müssen Sie ihn wenigstens aktualisieren. Das wäre, glaube ich, nicht schlecht gewesen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat in den letzten Jahren gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften in allen Konstellationen mit klassischen Ehen von Mann und Frau gleichgestellt: bei der Adoption, bei der Hinterbliebenenversorgung, bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, beim Familienzuschlag, bei der Grunderwerbsteuer und sogar beim Ehegattensplitting. Hier hat sich also nicht nur gesellschaftlich etwas getan, auch juristisch ist viel verändert worden; das wird zu einer Gleichstellung führen.
Der Kollege Petzold macht heute von seinem Recht, Zwischenfragen zu stellen, reichlich Gebrauch. Herr Kollege Franke, lassen Sie die Zwischenfrage zu?
Ja.
(Johannes Kahrs [SPD]: Das verlängert deine Redezeit! Das ist immer gut!)
Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Kollege Franke. Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir durch die Einbringung dieses Gesetzentwurfs in unveränderter Form Ihre Vorlage würdigen und Ihnen dadurch vor allen Dingen die Möglichkeit bieten, zuzustimmen? Wir wollten Ihnen keinen Anlass geben, mit uns hier über Kommas zu feilschen und Ihre Zustimmung wegen kleiner Änderungen an Ihrem guten Entwurf zu verweigern. Wir wollten Ihnen keinerlei Angriffsfläche bieten, sondern Ihnen die Möglichkeit geben, uneingeschränkt zuzustimmen. Würden Sie mir diesbezüglich zustimmen?
Herr Petzold, ich würde Ihnen immer Folgendes entgegnen: Wenn man Anträge schreibt, muss man aktuelle Anträge schreiben und vor allen Dingen eigene.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Johannes Kahrs [SPD]: Selber denken! Das hilft!)
Ich war bei der Bemerkung, dass sich gesellschaftlich viel verändert hat. Gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern stehen inzwischen ganz selbstverständlich unter dem Schutz von Art. 6 des Grundgesetzes. Wir Sozialdemokraten haben immer gesagt: Familie ist da, wo Kinder sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin Vater von zwei Töchtern. Für mich ist Familie – gleich ob es sich um ein gleichgeschlechtliches Paar oder ein Paar aus Mann und Frau handelt –, wenn man sich um Kinder kümmert. Ich glaube, das hat absolute Priorität.
Im Übrigen steht auch die kinderlose Ehe unter dem Schutz von Art. 6 des Grundgesetzes. Wenn die kinderlose Ehe unter dem Schutz von Art. 6 des Grundgesetzes steht, dann müssen auch gleichgeschlechtliche Paare unter den Schutz von Art. 6 gestellt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Mein hochgeschätzter Kollege Johannes Kahrs hat recht, wenn er sagt: Jemand, der die gleichen Pflichten übernimmt, muss auch die gleichen Rechte bekommen. Das nennt man Gleichbehandlung, und daher gilt der Schutz durch Art. 3 Grundgesetz.
(Beifall bei der SPD)
Gesellschaftlicher Fortschritt und die Gleichbehandlung im Familienrecht mussten immer erst vor dem Bundesverfassungsgericht erstritten werden. Es darf aber nicht sein, dass die Politik dem gesellschaftlichen Wandel hinterherhinkt und man das Gericht bemühen muss, damit die gesellschaftliche Realität, wenn Sie so wollen, abgebildet wird. Unser Koalitionsvertrag – auch den hat Johannes Kahrs schon zitiert – enthält unser Anliegen, zusammengefasst in drei Punkten:
Erstens. Wir wollen Familien stärken, auch Regenbogenfamilien. Es ist ganz egal, wie die Menschen zusammenleben.
(Beifall bei der SPD)
Zweitens. Wir wollen Menschen, die dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, unabhängig von ihrer sexuellen Identität unterstützen.
Drittens. Wir wollen rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechterstellen, beseitigen. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, mit dem auch Sie, Herr Petzold, etwas anfangen können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es stellt sich nur die Frage nach dem Wie. Ich glaube, es versteht sich von selbst, dass man einer Koalition Zeit geben muss, um politische Prioritäten zu setzen und den Koalitionsvertrag umzusetzen. Ich bin mir sicher, dass der gesellschaftliche Wandel hinsichtlich des traditionellen Verständnisses von Ehe und Familie vor den Toren der geschätzten Union nicht Halt macht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Bravo!)
Wer die Debatten in der Union verfolgt hat – auch das hat Herr Kahrs schon angedeutet –, weiß, dass sich in der Union politisch einiges bewegt, dass über viele Themen, über die vor 10 oder 15 Jahren nicht diskutiert werden konnte, inzwischen zumindest diskutiert wird. Ich bin mir sicher, dass im Bereich des Familienrechts in dieser Koalition das eine oder andere bewegt werden kann.
Wir haben aber noch einen ordentlichen Weg bis zur vollständigen rechtlichen und vor allen Dingen gesellschaftlichen Gleichstellung vor uns. Es ist wichtig, dass die komplette Gesellschaft die ausstehenden Schritte in die richtige Richtung geht; denn nur wer das Ziel kennt, findet letztlich auch den Weg.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/2964888 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 6 |
Tagesordnungspunkt | Eheschließung gleichgeschlechtlicher Personen |