19.12.2013 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 6 / Tagesordnungspunkt 17

Reinhard BrandlCDU/CSU - NATO-Bündnisfall

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Man kann den Sinn dieser Debatte eigentlich nur verstehen, wenn man die eigentliche Motivation und das Wahlprogramm der Linken kennt. Herr Gehrcke hat es in seinem letzten Satz angedeutet; es geht darum, die NATO aufzulösen bzw., wenn das nicht möglich ist, darauf hinzuwirken, dass Deutschland aus dem Bündnis austritt.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Wir stehen zu unserem Antrag!)

Die Annahme dieses Antrages wäre ein Schritt auf diesem Weg.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Richtig!)

Aber, meine Damen und Herren, die große Mehrheit in diesem Haus hat ein anderes Ziel – wir haben das auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben –: Wir wollen die NATO stärken.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das unterscheidet uns!)

Die NATO ist nicht nur ein Militärbündnis. Die NATO ist auch eine Wertegemeinschaft. Wir wollen auch in Zukunft Verantwortung für Freiheit, Sicherheit und Frieden in der Welt wahrnehmen. Wir können diese Verantwortung nur gemeinsam mit unseren Verbündeten wahrnehmen. Die NATO ist dafür eine Plattform.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren von der Linken, es ist doch ein großer gesellschaftlicher Fortschritt, dass der Einsatz von Militär, wenn er als letztes Mittel notwendig ist,

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Oder als erstes!)

nicht von einem einzelnen Staat ausgeht, sondern von einem auf Konsens ausgelegten Staatenbündnis. Wir werden erleben, dass dieses Bündnis in einer multipolaren Welt mit neuen Risiken und Bedrohungen – wir alle kennen die Entwicklungen – in Zukunft eher noch wichtiger werden wird.

Aber jedes Bündnis ist nur so stark wie die Solidarität seiner Bündnispartner. Das wichtigste Versprechen, das die Bündnispartner einander geben, ist, dass im Falle eines Angriffs auf einen Partner die anderen Partner für ihn einstehen bzw. ihm auch militärisch beistehen. Dieser Bündnisfall wurde zum ersten und einzigen Mal nach dem 11. September 2001 ausgerufen. Es gibt im Moment nur noch eine einzige Mission, die darauf Bezug nimmt. Das ist OAE. Wir haben es schon mehrfach diskutiert: Man könnte diese Mission auch gut ohne diesen Bündnisfall begründen. Die Bundesregierung wirkt auch innerhalb der NATO darauf hin, dass eine Neuformulierung dieses Mandats erfolgt bzw. ein neuer Auftrag erteilt wird.

Das Fortdauern des Bündnisfalls hat im Moment und auch in Zukunft keine praktische militärische Relevanz mehr.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Dann können Sie ihn ja aufheben!)

Wenn wir ihn jetzt aber, wie Sie es fordern, einseitig für beendet erklären, dann hätte das eine riesengroße symbolische Wirkung.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja!)

– Ja, genau. An dem Punkt sind wir auseinander. – Es würde verstanden werden als eine brüske Aufkündigung der Solidarität, und die grundsätzliche Bündnisfähigkeit Deutschlands würde damit infrage gestellt werden. Das kann man fordern, wenn man Deutschland außenpolitisch isolieren möchte. Das kann man fordern, wenn man die NATO als Ganzes schwächen möchte. Das wäre für mich aber, meine Damen und Herren, alles andere als ein verantwortungsvolles politisches Handeln.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Da unterscheiden wir uns!)

Frau Kollegin, in Wirklichkeit ist es Ihnen doch egal. Denn Sie sind getrieben von einer Ideologie,

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Ja, ja!)

die pauschal jede Art des Einsatzes von Militär ablehnt

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Ich bekenne mich dazu!)

und die Sie blind macht für außenpolitische Realitäten, insbesondere wenn sie nicht in Ihre Ideologie passen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])

Das Schlimme bei Ihnen von den Linken – im Gegensatz zu anderen Parteien – ist: Wir können mit Ihnen darüber gar nicht richtig reden. Wir könnten beispielsweise über die Frage der Konsensbildung in der NATO reden. Wir könnten über den Auftrag von OAE reden. Wir könnten über die rechtliche Frage reden, was es bedeutet, wenn der Bündnisfall noch gilt, und was es bedeutet, wenn er nicht mehr gilt. Das alles sind fachliche Fragen, über die man mit Ihnen eigentlich reden können müsste.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Tun Sie es doch!)

Aber wir können nicht mit Ihnen reden, weil es Ihnen im Prinzip egal ist.

(Lachen des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])

Ihre Antwort steht von vornherein sowieso schon fest. Deswegen sind Sie für konstruktive Vorschläge und eine konstruktive Diskussion nicht offen. Mit dieser Haltung können Sie zwar Ihre eigene Klientel zufriedenstellen, aber es bringt – seien Sie doch ehrlich – effektiv nichts. Sie verändern damit nichts auf der Welt, und auch wenn Sie den Antrag noch zehnmal stellen, wird dadurch nichts anders.

Herr Gehrcke, Sie haben uns einen Auftrag gegeben. Ich würde auch Ihnen nahelegen, einmal darüber nachzudenken. Sie haben jetzt über Weihnachten ein paar Tage Zeit dafür. Vielleicht können wir ja im nächsten Jahr in einer konstruktiveren Form darüber wieder diskutieren.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das jetzt gerade war nicht konstruktiv!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/2965011
Wahlperiode 18
Sitzung 6
Tagesordnungspunkt NATO-Bündnisfall
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