15.01.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 7 / Zusatzpunkt 1

Manfred GrundCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den No-Spy-Verhandlungen

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Freiheit und Sicherheit stehen in einem besonderen Spannungsverhältnis. „ Der Preis der Freiheit ist stetige Wachsamkeit.“ Dies ist ein Zitat, das nicht von irgendeinem Sicherheitsdienst kommt, sondern das Thomas Jefferson zugeschrieben wird, eigentlich dem Vater der modernen Tradition der Grund- und Freiheitsrechte. Unser Grundgesetz steht in dieser Tradition. Freiheit ist ein hohes Gut. Sie ist eigentlich das höchste Gut unserer Verfassung. Bewusst bildet der Katalog der Freiheitsrechte den Anfang des Grundgesetzes.

Aber: Diese Freiheitsrechte müssen auch geschützt werden, etwa gegen einen übermächtig werdenden Überwachungsstaat, weil das Streben nach absoluter Sicherheit zu Tyrannei und zu Unfreiheit führt. Um es noch einmal mit einem Amerikaner zu sagen, mit Benjamin Franklin: Wer seine Freiheit für seine Sicherheit aufgibt, wird weder Freiheit noch Sicherheit erlangen.

Aber – noch einmal –: Freiheit muss verteidigt werden. Unsere freiheitliche Werteordnung hat entschiedene Gegner. Unsere Freiheit ist nicht in erster Linie durch amerikanische Nachrichtendienste bedroht. Schon gar nicht haben wir Anlass, allen Nachrichtendiensten – das war Gott sei Dank auch nicht Tenor der heutigen Debatte – pauschal zu misstrauen. Unsere deutschen Nachrichtendienste leisten einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit unserer Bürger im In- wie auch im Ausland.

Wir dürfen Ursache und Wirkung nicht verwechseln: Unsere Sicherheit wird zunehmend von zwei anderen Entwicklungen bedroht:

Erstens. Bedrohungen gehen zunehmend von Extremisten aus, die aus ideologischen Gründen heraus Gegner der Freiheit sind, die aus dem Verborgenen heraus agieren und angreifen. Unser wirksamstes – gelegentlich fast einziges – Mittel gegen diese Bedrohungen ist nachrichtendienstliche Aufklärung.

Zweitens. Mit der modernen Mobilität und der modernen Vernetzung werden solche Bedrohungen zunehmend globaler. Was heute in Waziristan oder auch in Syrien vor sich geht, kann uns morgen direkt zu Hause betreffen. Diese Globalisierung der Bedrohungen effektiv zu verfolgen, übersteigt die Fähigkeiten nationaler Nachrichtendienste.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch wenn wir andere Regeln für den Umgang mit unseren Partnern anstreben, bleiben wir auf den Austausch gerade mit den großen amerikanischen Diensten angewiesen. Wir haben – noch – keinen Ersatz dafür.

Denn egal ob als Tourist, als Handelsreisender, als Geschäftsmann, als Entwicklungshelfer oder als Soldat, Deutsche sind heute in jedem Land der Welt unterwegs. Unsere Bürger sind dabei nicht nur terroristischen, sondern zunehmend auch kriminellen Herausforderungen ausgesetzt. So gab es seit dem Jahre 2000 mehr als 90 Entführungen deutscher Bürger im Ausland.

Im Jahr 2000 wurde die Familie Wallert in Malaysia entführt und schließlich auf den Philippinen befreit. 2003 wurden 16 deutsche Touristen in Algerien entführt. 15 konnten gerettet werden. Eine deutsche Frau ist während der Entführung umgekommen. 2005 wurden eine Frau im Irak und eine deutsche Familie im Jemen entführt. Im Jahr 2007 sind eine deutsche Staatsangehörige und ihr Sohn im Irak entführt worden. Hier ist nur die Befreiung der Mutter gelungen. Ebenfalls 2007 wurden zwei deutsche Staatsangehörige in Afghanistan entführt. Einer konnte befreit werden; der andere wurde von den Entführern getötet. 2012 wurden unter anderem vier deutsche Staatsangehörige in Äthiopien entführt. Zwei konnten gerettet werden, die übrigen wurden von den Entführern getötet. Und zuletzt: die Entführung von drei Mitarbeitern der „Grünhelme“ in Syrien, die alle wieder freigekommen sind. Aufgrund ihres Einsatzes haben wir Anlass, den deutschen Diensten, aber auch den ausländischen Partnern für ihre Unterstützung zu danken.

Besonders in Afghanistan hat der enge Austausch zwischen westlichen Nachrichtendiensten unmittelbar zum Schutz unserer Soldaten und Bürger beigetragen. Machen wir uns keine Illusionen: Wer diese Zusammenarbeit mit verbündeten Nachrichtendiensten grundsätzlich infrage stellt, riskiert das Leben deutscher Staatsbürger.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unsere Bürger können sich in der Regel sicher fühlen – ob sie ins Ausland reisen, in ein Flugzeug steigen, mit dem Zug fahren. Das ist auch ein Ergebnis dieser nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.

Wir haben gute Gründe, in Washington und auch in London auf einen anderen Umgang miteinander zu drängen. Aber ich plädiere für weniger Aufgeregtheit und für ein Abwägen unserer Interessen. Lassen Sie es mich mit Bezug auf Charles de Gaulle sagen: Es sind nicht nur Freundschaften; es sind auch oder gerade Interessen, die unserer Zusammenarbeit mit amerikanischen Partnern zugrunde liegen. Wir sollten diese unsere Interessen nüchtern betrachten und beurteilen, und wir sollten mit Jefferson bedenken: Der Preis der Freiheit ist auch stetige Wachsamkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kollege Armin Schuster hat für die Unionsfraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3044072
Wahlperiode 18
Sitzung 7
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den No-Spy-Verhandlungen
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