Özcan MutluDIE GRÜNEN - Pisa-Studie 2012
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Pisa war bis 2001 für die meisten Menschen in unserem Land eine kleine Stadt mit einem schiefen Turm in der Toskana. Seit Veröffentlichung der ersten PISA-Studie im Dezember 2001 verbinden aber viele mit PISA vor allem eine Schieflage des deutschen Schulsystems. Die Ergebnisse waren desaströs, und vom „PISA-Schock“ war die Rede. Heute, mehr als zwölf Jahre danach, muss ich leider feststellen: Das deutsche Schulsystem ist trotz mancher Fortschritte und Verbesserungen weiterhin in einer Schieflage. Eine ganze Schülergeneration musste unser Schulsystem durchlaufen, damit manche, wie auch heute hier, endlich sagen können: Hurra, wir befinden uns über dem OECD-Durchschnitt!
Ich verüble es Ihnen nicht, dass sich die Vertreter der Koalition nun gegenseitig erfolgreiche Bildungspolitik attestieren und sich wieder einmal vertragen – das war ja in den letzten Wochen nicht so sehr der Fall –, auch wenn der Kollege Rossmann heute hier eher eine Oppositionsrede gehalten hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wie dem auch sei: Leider muss ich Ihnen etwas Spreewasser in den Wein schütten.
(Vereinzelt Heiterkeit)
Ja, wir haben im Vergleich zu 2001 einige Fortschritte gemacht. Ja, Deutschland liegt nach zwölf Jahren in allen gemessenen Bereichen über dem OECD-Durchschnitt. An dieser Stelle danke ich ausdrücklich den Lehrerinnen und Lehrern und den Erzieherinnen und Erziehern, die tagtäglich ihre Arbeit leisten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])
Aber ist das alles? Reicht Ihnen das? Geht es Ihnen nur um Rankings?
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein!)
Ist das Ihr Verständnis von Bildungspolitik? Wir sagen: Nein.
(Zurufe von der SPD: Wir auch!)
Schauen wir uns die Ergebnisse einmal etwas genauer an: „Schulische Bildung in Deutschland besser und gerechter“, heißt es im Titel unseres gemeinsamen Tagesordnungspunktes. Besser? Vielleicht. Gerechter? Nein, keineswegs. 2001 gehörten 23 Prozent der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler zur Risikogruppe. Heute gehören immer noch 18 Prozent zur Risikogruppe. Besonders betroffen waren damals Schülerinnen und Schüler aus Arbeiterfamilien oder Kinder mit Migrationshintergrund. 2014 ist diese Schülergruppe weiterhin überproportional gefährdet. Auch heute entscheidet bei vielen Schülerinnen und Schülern der Geldbeutel der Eltern über den Bildungserfolg. Das war, das ist und das bleibt ein Skandal, den Sie hier nicht mit Floskeln wegdiskutieren können.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich sage: Stagnation ist kein Erfolg, und Stagnation ist auch nicht „besser und gerechter“. Es sei einiges besser geworden, sagen Sie als Vertreter der GroKo. Ich will das auch nicht vollumfänglich bestreiten. Dass deutsche Schülerinnen und Schüler in den MINT-Fächern im Durchschnitt besser abschneiden als vor zwölf Jahren, ist richtig und erfreulich.
Bei näherer Betrachtung treten aber auch andere Ergebnisse zutage: Im Fach Mathematik befinden sich 18 Prozent der Schülerinnen und Schüler unterhalb der Stufe II und können nur einfache Formeln und Schritte zur Lösung einer Aufgabe heranziehen. Mädchen erzielen im Fach Mathematik im Schnitt 14 Punkte weniger als Jungen; hier haben sich die Ergebnisse sogar verschlechtert. Kinder mit Migrationshintergrund haben in Mathematik einen Rückstand von anderthalb Schuljahren gegenüber Kindern ohne Zuwanderungsgeschichte. Trotz Verbesserungen in der Lesekompetenz befinden sich 14 Prozent der Schülerinnen und Schüler auf diesem Gebiet unterhalb der Stufe II und sind faktisch Analphabeten. Das ist ein Skandal!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Meine Damen und Herren, in unserem Schulsystem – oder soll ich sagen: in unseren Schulsystemen? – gibt es immer noch eine ausgesprochen dünne Leistungsspitze und weiterhin einen sehr hohen Anteil an Risikoschülern. Hinzu kommt eine immense soziale Abhängigkeit hinsichtlich der erzielten Kompetenzen. Das ist nicht „besser und gerechter“, das ist schlicht und ergreifend ungerecht. Das ist ein Armutszeugnis für unser Bildungssystem.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kritik ist nicht nur hinsichtlich der Ergebnisse angebracht. Ich möchte von der Großen Koalition wissen: Wie soll es denn weitergehen mit dem Kooperationsverbot, diesem Ei, das Sie uns Bildungspolitikern ins Nest gelegt haben und mit dem Sie die Kleinstaaterei in der Bildungspolitik verfestigt haben? Wie schaut es denn aus mit Investitionen in die Bildung, in die Bildungsinfrastruktur, vor allem im Bereich der frühkindlichen Bildung? Wo bleibt die Bildungsrepublik Deutschland, die Frau Merkel versprochen hat? Wie wollen Sie den Mangel an Lehrkräften, der aufgrund des hohen Durchschnittsalters der Kollegien lawinenartig wachsen wird, nachhaltig abfedern? Warum ist die Lehrerbildung in Deutschland immer noch so chaotisch organisiert, und was ist mit den überfälligen Reformen in der Lehrerbildung? Wie wollen Sie die Länder bei der Bewältigung der Mammutaufgabe Inklusion unterstützen, die, wie auch die aktuelle PISA-Studie zeigt, überfällig ist? Zu viele Fragen, zu wenige Antworten. Sie liefern auch mit Ihrem Koalitionsvertrag keine Antworten dazu.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, insbesondere aber von der SPD, kommt bei uns, anders als bei Ihnen, keine Freude auf. Ich sage: Gute Bildung darf im Land der Dichter und Denker nicht zum Luxusgut werden, lieber Kollege Rupprecht.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wo leben Sie eigentlich?)
Wer einen sozialen und demokratischen Staat will, wer Teilhabe und Integration will, muss sich für Bildungsgerechtigkeit einsetzen.
(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Tun wir!)
Sicherlich wird nicht jedes Kind einen Nobelpreis gewinnen; aber jedes Kind muss gleiche und gute Startchancen bekommen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Hat es!)
Bildungserfolg darf in unserem Land, einem der reichsten Länder der Welt, nicht länger eine Frage des Glücks oder des Geldbeutels der Eltern sein.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Ist es auch gar nicht! – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Ist es auch gar nicht!)
Deshalb, liebe Kollegen, sind wir alle gefordert, nachhaltige Maßnahmen und Reformen einzuleiten, die dringend notwendig sind. Es bleibt noch viel zu tun. Wir werden Sie dabei kritisch und konstruktiv begleiten. Vielleicht gelingt es uns zusammen, die Länder – da möchte ich das Land Baden-Württemberg nicht ausschließen – dafür zu gewinnen, gemeinsam das Thema Kooperationsverbot im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen anzugehen.
In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit und freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit in diesem Hohen Hause.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege Mutlu, das war Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag, zu der ich Ihnen herzlich gratuliere. Ich schließe mich den Wünschen für eine gute Zusammenarbeit gerne an.
(Beifall)
Für die Bundesregierung erhält nun die Bundesministerin Frau Professor Wanka das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Bei aller Freude über die Erfolge – Herr Mutlu, man sollte sich freuen; auch ein deutscher Politiker kann sich über Erfolge einmal freuen – und bei aller Akzeptanz der Herausforderungen, die nach PISA vor uns liegen, ist mir eine Feststellung sehr wichtig – Herr Rossmann hat bereits darauf hingewiesen –: Bildung ist viel mehr als das, was im Rahmen von PISA gemessen wird. Bildung, das ist Persönlichkeitsentwicklung, das sind soziale und kulturelle Kompetenzen, das ist Freude am Lernen, das ist auch Neugier. Trotzdem sind die Kompetenzen, die bei PISA untersucht werden, ganz wichtig, und zwar ganz wichtig für die Lebensqualität.
Vor kurzem gab es die PIAAC-Studie; das ist, verkürzt gesagt, PISA für Erwachsene. In dieser PIAAC- Studie ist deutlich herausgearbeitet worden, dass die Grundkompetenzen in Mathematik und in Lesen für das berufliche Leben und auch für die gesellschaftliche Teilhabe ganz entscheidend sind. Deswegen muss man anerkennen: PISA ist ein Teil, ein ganz wichtiger Teil, aber nicht alles.
Die Vergleichsstudie PISA 2000 war ein Schock. Zunächst waren lange Diskussionen erforderlich, bis man sich an solchen internationalen Vergleichen beteiligt hat; aber es hat enorm viel bewirkt. Daraufhin gab es in Deutschland weitere Diskussionen. Seitdem ist Bildung auf der Agenda ganz oben und ist aus dem politischen und gesellschaftlichen Kanon dessen, was wichtig ist, nicht mehr wegzudenken. Deswegen glaube ich, dass diese Untersuchungen auch weiterhin sehr wichtig sind.
Die Ergebnisse im Jahr 2000 waren ein Schock. Aber wir sind nicht in Schockstarre verfallen, sondern haben daraus gelernt. Wir haben uns wecken lassen, haben uns weiterentwickelt und haben die richtigen Weichen gestellt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Ergebnisse, die wir im Dezember vorstellen konnten, sind ein großer Erfolg. Wir liegen in den Naturwissenschaften, in der Mathematik und im Lesen jetzt über dem OECD-Durchschnitt. Wir sind in den Naturwissenschaften in der Spitzengruppe angekommen. Wir haben uns seit 2000 deutlich, um mehr als ein Schuljahr, verbessert. In der Mathematik sind vier OECD-Staaten vor uns: Korea, Japan, Schweiz und Niederlande. Wenn man diesen Reigen ergänzt und zum Beispiel China, Taipeh und Macao hinzuzählt, sind noch einige andere vor uns. Aber wir liegen nicht mehr auf Platz 16. Frau Hein, Sie wissen das doch, Sie können doch lesen. Es geht doch nur darum, was signifikant unterschiedlich ist, und nicht um das, was zufällig ist. Wir liegen also keinesfalls auf Platz 16. Vier OECD-Staaten sind vor uns. Ich finde, das ist nicht Mittelmaß, sondern ein richtig gutes Ergebnis.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Bei der Lesekompetenz hat es viel länger gedauert als in Mathematik, wo wir ja schon beim letzten Vergleich über dem Durchschnitt lagen, aber auch beim Lesen sind wir jetzt deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Vor uns liegen von den europäischen Ländern noch Finnland, Irland, Polen und Estland. Aber das sollte uns Ansporn sein.
Ganz wichtig dabei ist: Wenn Sie sich diese Untersuchung anschauen, werden Sie feststellen, dass der Anteil der schwachen Schüler zurückgegangen ist, also die Zahl derjenigen, die in der niedrigsten Kompetenzstufe sind, ist geringer geworden. Im Lesen sind es acht Punkte weniger; in Mathematik etwas weniger, noch nicht ausreichend. Man muss allerdings dazusagen, dass nicht nur weniger Schüler in der niedrigsten Kompetenzstufe sind, sondern dass deren Leistungen auch besser geworden sind.
Dafür muss man sich bedanken, und zwar bei ganz vielen. Entscheidend sind natürlich die Lehrerinnen und Lehrer. Aber durch die Tatsache, dass Bildung ein politisches Thema, ein wichtiges Thema geworden ist, haben sich viele Initiativen, viele Lehrer und viele andere um dieses Thema gekümmert und haben an diesem Erfolg Anteil.
Frau Ischinger, die Bildungsdirektorin der OECD, hat Folgendes gesagt – ich lese das einmal vor –: Deutschland hat „eine ziemlich einmalige Entwicklung unter den PISA-Teilnehmern. Natürlich gibt es noch andere Länder, die heute besser dastehen als im ersten Test. Länder aber, die bei jedem Durchgang und in jedem Testfeld den Vorwärtsgang eingelegt haben, müssen Sie suchen.“
Das Entscheidende für Deutschland ist die Kontinuität. Es sind kleine Schritte, die aber beharrlich nach oben führen. Ich glaube, das ist der Tatsache geschuldet, dass wir 2000 in der KMK sofort ein Punkteprogramm aufgelegt haben. Es wurden vor allen Dingen Bildungsstandards entwickelt. Die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin haben zudem auf dem Bildungsgipfel 2008 gemeinsame Ziele und gemeinsame Maßnahmen verabredet. Das alles ist ganz entscheidend für diesen Erfolg.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
2001, als die PISA-Ergebnisse vorlagen, war das Allerschlimmste nicht, dass wir in Mathematik oder Lesen nicht Weltmeister waren, sondern, dass es bei uns, anders als in vielen Ländern, die an diesem Test teilgenommen haben, eine stärkere Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft gab. Annette Schavan und ich waren damals zusammen in der KMK. Wir wissen, dass uns dieses Problem am meisten bewegt hat. Hierzu kann man jetzt sagen: Die aktuelle PISA-Studie zeigt, dass es natürlich noch immer einen solchen Einfluss auf die Schulleistung gibt – wir haben noch viel zu tun –; dieser Einfluss hat aber abgenommen. In diesem Bereich sind wir jetzt im Mittelfeld. Das kann uns noch nicht zufriedenstellen, aber auch dort gibt es eine eindeutige Bewegung.
Wenn man sich das genauer anschaut, dann sieht man: Jugendliche, die aus Familien mit einem sozioökonomisch schwierigen Hintergrund stammen, konnten sich bemerkenswert verbessern. Das sieht man auch daran, wer auf ein Gymnasium geht. Der Kreis derer, die aus diesen Schichten auf ein Gymnasium gehen, ist sehr viel größer geworden.
Ich finde es allerdings altmodisch, immer nur auf das Gymnasium zu schauen. Wozu sorgen wir denn für Durchlässigkeit? Wozu ermöglichen wir denn das Studieren mit beruflicher Qualifikation, ohne Abitur?
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das tun wir auch deshalb, weil gerade Kinder aus solchen Elternhäusern eher gedrängt werden, einen Beruf zu erlernen und nicht auf ein Gymnasium zu gehen. Diese sollen entsprechende Chancen haben. Also muss man die Verläufe der Biografien insgesamt betrachten und nicht nur auf den Punkt Gymnasium schauen; aber selbst dort hat sich die Situation deutlich verändert.
Auch der Abstand zwischen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund ist kleiner geworden; er ist aber noch immer viel zu groß. Bei den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund hat sich der Rückstand bei den Leistungen seit 2000 um fast anderthalb Schuljahre verbessert. Das reicht noch nicht, aber auch auf diese Verbesserung sollte man stolz sein, Herr Mutlu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur drei Ländern – Deutschland, Mexiko und der Türkei – ist es seit 2000 gelungen, einerseits ihre Leistungen zu verbessern und andererseits den Einfluss der sozialen Herkunft zurückzudrängen. Um die Leistung, die wir vollbracht haben, noch einmal deutlich zu machen: Dies ist nur drei Ländern gelungen, und dazu gehört Deutschland.
Was bedeutet das für die Zukunft? Dass wir jetzt gut dastehen und uns in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt vorwärtsentwickelt haben, ist überhaupt keine Garantie dafür, dass das so bleibt. Schauen Sie sich einmal Länder wie Schweden, Island und Frankreich an. Diese lagen beim PISA-Test 2003 im Bereich Mathematik über dem Durchschnitt und liegen jetzt unter dem Durchschnitt. Das heißt, es gibt überhaupt keine Garantie – jetzt freut man sich natürlich über den Erfolg; das ist auch ein Motivationsschub für alle Beteiligten –, sondern es ist wichtig, dass man weiß, dass in den kommenden Jahren weitere Anstrengungen notwendig sind.
Ich will einen wichtigen Punkt nennen: Die Gruppe der schwächeren Schüler ist zwar kleiner geworden und zeigt nun bessere Leistungen, aber in der Spitzengruppe gibt es wenig Bewegung. Deswegen müssen wir uns jetzt auch mehr um die Leistungsstarken kümmern. Damit können wir international noch mehr punkten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben den Ländern vonseiten des Bundes im Rahmen der Kultusministerkonferenz ein Angebot gemacht und gesagt: Wir sind bereit, Geld in die Hand zu nehmen und ein gemeinsames Programm zur Förderung leistungsstarker Schüler aufzulegen. Die Kultusministerkonferenz hatte noch keine Zeit und will sich im Sommer damit beschäftigen. Ich hoffe, dass wir dann zu einer gemeinsamen Initiative in diesem Bereich kommen; denn wir müssen die Schwächeren stärken, aber eben auch die Spitzengruppe noch mehr fördern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich höre immer wieder den Vorwurf, im Koalitionsvertrag sei das Thema Bildung nicht klar genug formuliert. 23 Milliarden Euro werden in dieser Legislaturperiode zusätzlich ausgegeben, hart umkämpft von den Vertretern aus den Bereichen Verkehr und Infrastruktur. Von diesen 23 Milliarden Euro fließen 9 Milliarden Euro in den Bereich Bildung und Wissenschaft. Das ist eine eindeutige Priorität. Auch haben wir deutlich gemacht: 5 Milliarden Euro werden dafür eingesetzt, die Länder zu entlasten, damit sie mehr Geld für Schulen und anderes zur Verfügung haben.
(Widerspruch der Abg. Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE] und Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
– Doch, Entlastung der Länder heißt, dass sie mehr Spielräume haben.
Ich kann es wirklich nicht mehr hören, wenn immer gesagt wird: Die Länder haben kein Geld; das muss der Bund machen. – Schauen Sie sich doch einmal das PwC- Ranking der Finanzen der einzelnen Bundesländer und des Bundes an. Am schlechtesten stehen wir als Bund da, und für uns gilt die Schuldenbremse viel eher als für die Länder.
Frau Hein, Ihre Partei ist doch in Brandenburg mit an der Regierung. Brandenburg tilgt jetzt seine Schulden. Warum kann nicht mehr Geld für die Schulen ausgegeben werden?
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Die stellen doch Lehrer ein!)
Warum wird gesagt: „Wir haben kein Geld“?
(Zuruf von der LINKEN)
Man muss die Prioritäten eindeutig setzen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Noch ganz kurz: Wir wollen diesen Prozess weiterhin unterstützen, und zwar im Rahmen der Kompetenzen des Bundes und der Spielräume, die er hat. Die halbe Milliarde Euro für die Qualitätsoffensive Lehrerbildung ist ganz wichtig; denn wir wussten immer, dass Lehrer ganz entscheidend für den Bildungserfolg sind. Durch die weltweite Hattie-Untersuchung wurde uns das empirisch bestätigt. Mithilfe dieser Mittel kann man in der Lehrerbildung das Thema Inklusion und vieles andere, was sich bis jetzt noch nicht so stark wiederfindet, implementieren. Das kann man jetzt machen. Das ist also ein ganz wichtiger Punkt.
Viele Programme wurden in der Vergangenheit begonnen, aber deren Erfolge haben sich in der aktuellen PISA-Untersuchung noch nicht gezeigt, etwa die des Programms „Lesestart“ und die der Sprachförderung. Die Folgen dieser Programme werden erst in einigen Jahren wirksam werden. Ich glaube, dass der Bund an dieser Stelle Entscheidendes leistet, auch zur Entlastung der Länder.
Ich komme zu dem Thema Ausbildungsreife und zur Leistung von Berufsanfängern. Dazu nur ein Satz: Eine McKinsey-Studie hat gezeigt, dass die Unternehmen mit den Auszubildenden unzufrieden sind. Aber im Vergleich mit den anderen untersuchten Staaten liegt Deutschland, was die Zufriedenheit mit den Auszubildenden betrifft, auf dem zweiten Platz. Auch das ist nicht ausreichend. Ich finde, man muss kritisch sehen: Was ist noch nicht in Ordnung? Aber man muss auch in der Lage sein, das anzuerkennen, was man gut gemacht hat. Wenn man sich richtig darüber freut, dann ist das, glaube ich, ein Schub, um in den nächsten Jahren noch mehr in diesem Bereich zu erreichen, sodass wir bei der nächsten PISA-Untersuchung in drei Jahren noch ein Stück besser sein werden.
Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Azize Tank für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 18 |
Session | 8 |
Agenda Item | Pisa-Studie 2012 |