16.01.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 8 / Zusatzpunkt 3

Markus PaschkeSPD - Aktuelle Stunde zu den Kosten des Rentenpakets

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden älter und leben länger. Nun sagen einige: Wer länger lebt, muss automatisch auch länger arbeiten. Diese Schlussfolgerung teile ich nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die zunehmende Leistungsverdichtung in unserer heutigen Arbeitswelt stellt uns vor große Herausforderungen. Und sie fordert ihren Tribut.

Der vielzitierte demografische Wandel in unserer Gesellschaft darf nicht dazu führen, dass wir die Bedürfnisse des Einzelnen aus dem Blick verlieren. Viele Menschen sind nicht in der Lage, bis zum 67. Lebensjahr zu arbeiten, und das aus vielerlei Gründen. Ich will nur zwei kurz benennen:

In meinem Wahlkreis ist eine der letzten großen Textilfabriken in der Insolvenz, die Deutsche Textilfabrik, vielen wahrscheinlich bekannt unter ihrem früheren Namen ADO; das ist die mit der Goldkante.

(Zurufe von der SPD: Ah!)

300 Beschäftigte stehen vor dem Nichts, wissen nicht, wie sie morgen ihre Familien über Wasser halten sollen, und nicht wenige davon haben ihr Leben lang in diesem Betrieb gearbeitet, 35, 40 oder sogar 45 Jahre. Sie sind gut ausgebildet und haben immer ihren Beitrag für die Gesellschaft und für die Sozialkassen geleistet. Aber sie sind in einem Alter, in dem sie wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Manche von ihnen könnten in ein oder zwei Jahren vorzeitig in Rente gehen, aber nur mit hohen Abschlägen.

Die Beschäftigten in vielen Handwerksberufen, die Beschäftigten in der Pflege, die Schweißer und Rohrleitungsbauer auf der Werft sind froh, wenn sie 45 Jahre im Beruf überhaupt körperlich durchhalten. In den wenigsten Betrieben ist es bisher möglich, alters- und leistungsgerechte Arbeitsplätze für alle Beschäftigten anzubieten. Ich kenne viele Menschen, die froh wären, wenn sie nach 45 Jahren Arbeit ohne Abschläge in Rente gehen könnten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Neben den Pflichtbeitragszeiten aus Beschäftigung, Selbstständigkeit und Pflege werden wir auch Kindererziehungszeiten anrechnen. Selbstverständlich ist für mich, dass Zeiten, in denen Menschen Lohnersatzleistungen wie zum Beispiel Schlechtwettergeld oder Kurzarbeitergeld bezogen haben, ebenfalls berücksichtigt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

In den letzten Jahrzehnten gab es viele schwierige Zeiten auf dem Arbeitsmarkt: Strukturwandel, Massenarbeitslosigkeit, auch die Wiedervereinigung. Wer einen Übergang von einer Beschäftigung in eine andere gesucht und gefunden hat, dem dürfen wir den Zugang zu einer vorzeitigen abschlagsfreien Rente nicht verbauen. Deshalb müssen wir auch die Zeiten, in denen Arbeitslosengeld bezogen wurde, berücksichtigen.

Lassen Sie mich klar sagen: Es ist an der Zeit, dass wir die Lebensleistung der Menschen endlich wieder würdigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das haben die Menschen in unserem Land verdient. Mit den Rentenplänen dieser Bundesregierung wird diese Leistung gewürdigt.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außer sie waren mal längere Zeit arbeitslos!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Thema Rente sind endlich Gerechtigkeitslücken zu schließen. Würdigung von Lebensleistung bedeutet nämlich auch, dass Menschen in Würde von ihrer Rente leben können und dass sie sich mit Mitte 60 noch am gesellschaftlichen Leben beteiligen können. Mal ins Theater, mal ins Kino gehen oder einen Ausflug mit den Enkeln machen, das muss schon drin sein. Wer 35 Versicherungsjahre eingezahlt hat und trotzdem weniger als 850 Euro Rente im Monat bekommt, der kann das alles nicht. Deshalb haben wir uns für eine solidarische Lebensleistungsrente starkgemacht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ja, Arbeit muss sich lohnen. Auch wenn das Einkommen gering war, hat jeder Mensch mit seiner Arbeit seinen Teil zu dieser Gesellschaft beigetragen. Um es klar zu sagen: Wir verteilen hier keine Almosen. Wir würdigen die Lebensleistung der Menschen in unserem Land, ohne Wenn und Aber.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb hat die SPD sich in ihrem Wahlkampf für die Finanzierung aus Steuermitteln starkgemacht. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich halte das auch weiterhin für richtig. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und Union auf den Kompromiss einer Teilfinanzierung aus der Rentenkasse verständigt. Die Frage ist also: Wollen wir ernsthaft gute und sinnvolle Reformen gefährden, nur weil wir uns eine andere Finanzierung gewünscht hätten? Ich sage: Nein! Ich halte die Kompromisse der Koalitionsvereinbarungen für gut und für tragbar.

Wie Ministerin Nahles bereits sagte, werden wir diese Leistungen spätestens 2019 stärker aus Steuermitteln finanzieren müssen. Das ist auch gut so. Meine Damen und Herren von der Opposition: Klar, mehr geht immer. Aber mein Motto lautet: Lieber heute das Mögliche umsetzen, als Visionen fordern und das Handeln auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch Ihnen, Kollege Paschke, herzlichen Glückwunsch zur ersten Rede.

(Beifall – Markus Paschke [SPD]: Vielen Dank, dass ich ein wenig überziehen durfte!)

Als Nächster hat Uwe Schummer das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3047034
Wahlperiode 18
Sitzung 8
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Kosten des Rentenpakets
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