16.01.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 8 / Tagesordnungspunkt 12

Michael FrieserCDU/CSU - Staatsangehörigkeitsrecht

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Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Debatte war durchaus zu erwarten. Man konnte die Uhr danach stellen. Jetzt wird der Koalitionsvertrag nach Positionen durchsucht, an denen es irgendwelche Missverständnisse geben könnte. Wir müssen deutlich sagen: Nein, auch mit diesen Vorlagen wird es nicht gelingen, einen Keil zwischen die Partner dieser jungen, noch erblühenden Vernunftehe zu treiben.

(Rüdiger Veit [SPD]: Wir wollen es jetzt nicht übertreiben! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eine Zwangsheirat, keine Vernunftehe!)

Es ist doch erkennbar, dass man versucht, einen Punkt zu finden, um sagen zu können: Jetzt müssen wir aber einmal auf den Tisch hauen. – Das ist der altbekannte Alarmismus. Zahlen werden in den Raum geworfen. Es ist von 5 000 Menschen die Rede, die ihre Staatsangehörigkeit verlieren. Es handelt sich um ein Optionsmodell, das sich über einen Zeitraum von fünf Jahren erstreckt. Bis zum Ablauf dieses Zeitraums ist definitiv eine Regelung von der Regierung zu erwarten.

Es hat sehr lange gedauert, bis man sich auf dieses Optionsmodell geeinigt hat. Es war im klassischen Sinne des Wortes ein Kompromiss; verschiedene Positionen mussten sich aufeinander zubewegen. Eines ist deshalb klar: Nun bedarf selbstverständlich auch das Abwägen der Folgen Zeit. Auch das Beseitigen ungewollter Folgen bedarf seiner Zeit. Gründlichkeit ist angesagt. Auch hier gilt: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Wir sollten definitiv abwarten.

Haben Sie Vertrauen in die Länder, die diese Regelungen vollziehen müssen! Ich glaube nicht, dass es zu unabwendbaren Problemen kommen wird. Ich meine, dass wir im Vertrauen auf die föderale Struktur in diesem Land durchaus abwarten können.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hamburg hat es ausgesetzt, aber alle anderen nicht!)

Menschen in Deutschland, Autochthone wie Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte, halten dieses Land nach wie vor für ein weltoffenes Land, für ein tolerantes Land, für ein Land, das Zuwanderer, Menschen, die hier leben wollen, willkommen heißt. Trotzdem muss man definitiv sagen dürfen: Die doppelte Staatsangehörigkeit hat nun einmal Nachteile. Reden wir doch nicht drum herum: Selbstverständlich kann man die doppelte Staatsangehörigkeit nur bezogen auf die Länder akzeptieren, mit denen wir hochdiffizile, hochkomplexe Doppelstaatsangehörigkeitsverträge abgeschlossen haben, in denen alle Fragen des täglichen Lebens abgeklopft wurden. Das gilt eben nicht für alle Länder.

Ich muss in diesem Zusammenhang Folgendes sagen: Ein politisches Grundsatzprogramm, nach dem jeder alles darf – egal wie lange er hier ist, egal warum er hier ist, er darf an allen Prozessen teilhaben –, klingt zwar angenehm und offen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie doch unseren Antrag! Das steht da nicht drin!)

Es bedeutet aber absolute Beliebigkeit, und Beliebigkeit befördert nicht die Zugehörigkeit. Die deutsche Staatsangehörigkeit ist etwas Besonderes, und sie muss etwas Besonderes bleiben, das zu erwerben sich lohnt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb bleibt es dabei, dass wir versuchen, Mehrstaatigkeit zu vermeiden. Dass das nicht immer geht, ist doch klar.

Wir mussten erkennen, dass es Menschen zerreißt – das ist eine unangenehme Folge des Optionsmodells –, die eine Zuwanderungsgeschichte haben – die haben viele – und andererseits eine Sozialisierung in diesem Land erlebt haben, die es ihnen möglich macht, auch zu diesem Land eine emotionale Verbindung aufzubauen. Genau das haben wir im Koalitionsvertrag geregelt, nämlich dass es eine Mehrstaatigkeit für die Menschen gibt, die hier in diesem Land sozialisiert werden, die hier aufwachsen und definitiv hier in der Schule ihre Sozialisierung erleben. Das ist genau das, was wir tatsächlich wollten. Jetzt den Vorwurf zu machen, man habe sein Wort gebrochen, ist unangebracht. Darum geht es doch überhaupt nicht. Es geht darum, dass man an dieser Stelle deutlich sagt: Die Auswirkungen des Optionsmodells, die wir alle in dieser Härte nicht wollten, können beseitigt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb kann ich nur sagen, dass wir versuchen müssen, den Menschen bei der Umsetzung auch einmal etwas zuzutrauen. Wir trauen nicht nur der eigenen Regierung zu, dass sie in einem angemessenen Zeitraum diese Vorlage, über die wir reden können, machen wird, sondern wir trauen das auch den Ländern zu.

Bitte tun Sie uns einen Gefallen: Verwässern wir jetzt nicht das Signal! Das Signal muss heißen: Menschen, die durch ihre Familie eine Zuwanderungsgeschichte haben, sollen sich zu diesem Land zugehörig fühlen, sich hier willkommen und beheimatet fühlen. Das sind sie, wenn sie hier tatsächlich aufgewachsen sind. Diese Menschen wollen wir nicht vor diese Zwangsentscheidung stellen. Das ist die Grundlage eines modernen Staatsangehörigkeitsrechts.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Frieser. – Es spricht jetzt als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt der Kollege Rüdiger Veit, SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3047258
Wahlperiode 18
Sitzung 8
Tagesordnungspunkt Staatsangehörigkeitsrecht
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