16.01.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 8 / Tagesordnungspunkt 13

Florian HahnCDU/CSU - Atomwaffen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! „ Atomwaffen ächten“, das klingt immer gut. Auf den ersten Blick rennen die Linken mit diesem Antrag offene Türen ein. Wir sind uns alle schließlich einig, dass wir den Einsatz von Atomwaffen verurteilen und dass Abrüstung und Nichtverbreitung wesentliche Elemente der deutschen Sicherheitspolitik sind. Sieht man jedoch genauer hin, stellt man fest, dass dieser Antrag undifferenziert ist und meilenweit an der Realität vorbeigeht. Einseitige Aufkündigungen von Vereinbarungen, wie sie die Linke verlangt, sind in einer auf Konsens und Solidarität angelegten NATO nicht möglich, es sei denn, man möchte wie die Linke dieses Bündnis kaputtmachen.

Veränderungen der Politik bedürfen eines ordentlichen Abstimmungsprozesses und letztlich einer einvernehmlichen Regelung im NATO-Rat. Deutschland hat sich als Mitglied der NATO zur nuklearen Teilhabe verpflichtet. Das heißt, ungeachtet der Tatsache, dass Deutschland frühzeitig auf Produktion, Herstellung und Einsatz nuklearer Waffen verzichtet hat, sichert sich unser Land damit eine Mitsprache bei der Planung des Einsatzes von nuklearen Einsatzmitteln durch die NATO. Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Mitsprache insbesondere zur Zeit des Kalten Krieges sehr wichtig für uns war. Deutschland stand damals an der Nahtstelle zwischen den beiden militärischen Blocksystemen NATO und Warschauer Pakt.

Deshalb ist Ihr Vorwurf gegen die Bundesregierung, dem Antrag Neuseelands bei der UN-Vollversammlung nicht zugestimmt zu haben, kurzsichtig; denn eine Zustimmung hätte uns das Mitspracherecht in der Planning Group der NATO gekostet. Nicht nur Deutschland, sondern die Mehrheit unserer NATO-Partner und vor allem unsere engsten Verbündeten Frankreich, Großbritannien und die USA haben diesen Antrag ebenfalls abgelehnt. Deutschland hat sich daher mit 15 weiteren Staaten einer von Australien vorgelegten alternativen Erklärung angeschlossen. Diese äußert ebenfalls große Besorgnis über die Konsequenzen eines Kernwaffeneinsatzes, ohne aber die Legitimität der Abschreckung infrage zu stellen. Sie macht deutlich, dass die Abschaffung der Kernwaffen per Dekret wenig erfolgversprechend ist.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Natürlich setzt sich die Regierung nach wie vor weiter für Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung sowohl von konventionellen als auch von Massenvernichtungswaffen ein. Wir wollen jedoch keine einseitige, sondern eine globale Abrüstung. Deshalb haben wir uns gemeinsam mit unseren NATO-Partnern auf dem Gipfel von Chicago zum Ziel gesetzt, die Bedingungen für eine Welt ohne Kernwaffen zu schaffen und bis dahin die Rolle von Nuklearwaffen zu reduzieren. So steht es übrigens auch in unserem Koalitionsvertrag. Natürlich unterstützt die Bundesregierung auch das Ziel der Einrichtung einer massenvernichtungswaffenfreien Zone im Nahen Osten und setzt sich aktiv für Kompromiss- und Gesprächsbereitschaft ein. Sie wird sich auch dafür einsetzen, dass zwischen den USA und Russland Verhandlungen zur Abrüstung im substrategischen Bereich beginnen.

Mit diesen verschiedenen abrüstungs- und allianzpolitischen Fragen setzen wir uns seit Jahren auseinander, und wir werden das auch in Zukunft tun. Das lässt sich nicht alles über Nacht erledigen. Deutschland ist in eine moderne und komplexe Sicherheitsarchitektur eingebunden, die nicht von heute auf morgen komplett abrüsten kann. Wir sind nicht allein auf der Welt. Wir müssen schauen, was andere Länder tun. Was passiert in Russland, was passiert im Iran, was passiert in Pakistan? Wie werden sich die Chinesen in Zukunft positionieren?

Ich sage deshalb: Ja, wir wollen abrüsten, jedoch gemeinsam mit unseren Bündnispartnern und im Rahmen einer globalen Abrüstung, wohlüberlegt und abgestimmt und nicht in einem unüberlegten, einseitigen Vorpreschen. Zu dem Vorschlag, den die Kollegin Brugger gemacht hat, kann ich sagen: Wir werden über alle Vorschläge, die Sie machen, diskutieren. Wir haben dazu die entsprechenden Instrumente im Deutschen Bundestag. Ich würde sagen, wir sehen uns dann im Verteidigungsausschuss wieder.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3047313
Wahlperiode 18
Sitzung 8
Tagesordnungspunkt Atomwaffen
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