Stephan HarbarthCDU/CSU - Recht und Verbraucherschutz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute Abend schon deutlich geworden: Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, der im Bereich der Rechts- und Verbraucherschutzpolitik sehr ambitioniert ist, ist eine gute und tragfähige Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit der Großen Koalition in den kommenden Jahren. Wer sich den Koalitionsvertrag 2005 anschaut, der wird feststellen, dass die Große Koalition in den Jahren 2005 bis 2009 den allergrößten Teil dessen, was sie sich vorgenommen hatte, abgearbeitet, vollständig umgesetzt hat. Das ist ein gutes Vorzeichen für die neue Legislaturperiode. Das sollte auch jetzt wieder unser Anspruch sein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Bundeskanzlerin hat in ihrer gestrigen Regierungserklärung deutlich gemacht, dass und wie der Mensch im Mittelpunkt unserer Politik steht. Der Rechts- und der Verbraucherschutzpolitik kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: der Rechtspolitik als klassischer Querschnittsaufgabe, die viele Sphären menschlichen Lebens erfasst – wir sehen das auch im Koalitionsvertrag, wo sich die Rechtspolitik nicht auf ein Kapitel beschränkt; sie durchzieht den gesamten Koalitionsvertrag –, und der Verbraucherschutzpolitik, weil sich gerade in der modernen arbeitsteiligen Welt der Verbraucher in seinem täglichen Leben vielfach auf Auskünfte Dritter verlassen muss.
Die Arbeit, die wir zu verrichten haben werden, ist auch deshalb so wichtig, weil die Rechtspolitik Gesellschaftspolitik ist und weil sie für die langfristige Ausrichtung einer Gesellschaft entscheidend ist.
Die Bundeskanzlerin hat gestern den großen Stellenwert der sozialen Marktwirtschaft betont; diese ist weit mehr als ein Wirtschaftsmodell, nämlich ein Gesellschaftsmodell für unser Land. Im B ereich des Privatrechts und auch im Bereich des Wirtschaftsrechts wird es in den kommenden Jahren darum gehen, dass wir gerade in der Rechtspolitik mit einer vernünftigen Ordnungspolitik an die Aufgaben herangehen. Meine Vorredner hatten schon herausgearbeitet: Für uns bedeutet Ordnungspolitik, dass man nicht nur an Symptomen herumdoktert, etwa in Form einer Mietpreisbremse, sondern dass man sich auch überlegt, wie der äußere Rahmen so geschaffen werden kann, dass der Markt in der Lage ist, eine vorhandene Nachfrage zu befriedigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir werden Sie daran messen. Wenn es gerade in der Anfangsphase in einem sozialdemokratisch geführten Haus mit der ordnungspolitischen Perspektive ab und zu etwas hapern sollte, dann dürfen Sie versichert sein, dass Sie immer einen großen, starken und tüchtigen Koalitionspartner an Ihrer Seite haben, auf den Sie jederzeit gerne zukommen können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich den Bereich von Unternehmensgründungen kurz anreißen. Trotz aller wirtschaftlichen Erfolge unseres Landes liegen wir im Bereich von Unternehmensgründungen noch weit zurück. Es wird darum gehen, dass wir in den kommenden Jahren auch in der Rechtspolitik darüber nachdenken, wie wir Unternehmensgründungen erleichtern können, um damit den Wohlstand künftiger Generationen zu sichern. Es wird auch darum gehen, etwa die Europäische Privatgesellschaft, die völlig unabhängig von politischer Couleur in den vergangenen Jahren auch auf deutscher Seite viel zu lange liegen geblieben ist, mit neuem Schub zu versehen und auf den Weg zu bringen. Ich nenne weiterhin das Konzerninsolvenzrecht, bei dem wir bereits in Kürze schauen werden, wie wir es reformieren können, um zu verhindern, dass Werte zerschlagen werden und Arbeitsplätze verloren gehen.
Ferner nenne ich das Urheberrecht, das ohne jeden Zweifel gerade im Lichte der Herausforderungen des digitalen Zeitalters der Modernisierung bedarf. Klar ist dabei für uns, dass Urheber, die mit ihren geistigen Leistungen wichtige Beiträge zu unserem Wohlstand leisten, angemessen geschützt werden müssen. Klar ist für uns aber auch, dass in einer Rechtsordnung, die am Ziel der Widerspruchsfreiheit festhält, die zentralen Maßstäbe in der analogen Welt einerseits und in der digitalen Welt andererseits nicht fundamental auseinanderklaffen können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir wollen – Kollege Lischka hat zu Recht darauf hingewiesen –, dass der deutsche Rechtsstaat eine Vorbildfunktion hat, auch international. Wir wollen weiterhin schauen, dass sich das deutsche Recht international entwickeln kann. Die Initiative „Law – Made in Germany“, die wir in den vergangenen Jahren erfolgreich betrieben haben, wollen wir fortsetzen.
Innerhalb des Deutschen Bundestages ist der Rechtsausschuss in ganz besonderer Weise dem Einsatz für das Recht verpflichtet. Wir werden deshalb auch in der neuen Legislaturperiode den fachlichen Diskurs innerhalb des Ausschusses führen sowie mit Sachverständigen und mit vielen anderen Gesprächspartnern versuchen, sachkundig und lösungsorientiert unsere Rechtsordnung fortzuentwickeln.
Wir werden uns mit vielen Detailfragen mit Hingabe befassen. Das ist ein Gütesiegel unseres Ausschusses. Aber es geht nach meiner Auffassung nicht nur darum, dass wir uns mit Detailfragen befassen. Es geht auch darum, dass wir schauen, wo Recht in seiner fundamentalen Funktion, wo Recht in seiner existenziellen Dimension betroffen ist.
Dass Deutschland eine Hochburg des Menschenhandels und der Zwangsprostitution geworden ist – in Europa wird die Zahl der Opfer auf 900 000 geschätzt –, ist ein Schandmal unserer Gesellschaft.
(Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])
Wenn wir uns nur einen Moment in die Situation der Betroffenen hineinversetzen – mit Gewaltandrohung und Gewalt festgehalten, des Kontakts zum angestammten sozialen Umfeld, zur Familie und zu Freunden beraubt, täglichem Missbrauch ausgeliefert –, dann wird uns klar, in welcher existenziellen Weise hier Recht betroffen ist. Da geht es um Fälle, bei denen Menschen auf dem Papier Rechte haben, sich aber in der Lebenswirklichkeit rechtlos fühlen. Dies zeigt klar, wie aktuell in diesem Bereich der Handlungsauftrag ist, den uns Art. 1 des Grundgesetzes auferlegt: „Die Würde des Menschen … zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Wir möchten diese Problemfelder, die viel zu lange liegen geblieben sind, in der neuen Legislaturperiode mit voller Entschlossenheit und in aller Konsequenz angehen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ihnen, Herr Bundesminister Maas, gratuliere ich zu Ihrer neuen Aufgabe. Ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand. Die CDU/CSU-Fraktion freut sich auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen und mit Ihrem Haus.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Kollegin Mechthild Heil ist die letzte Rednerin zu diesem Geschäftsbereich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3087243 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 11 |
Tagesordnungspunkt | Recht und Verbraucherschutz |