12.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 13 / Zusatzpunkt 1

Andreas SchwarzSPD - Aktuelle Stunde zur Steuerhinterziehung

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Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis zu meiner Wahl in den Deutschen Bundestag im letzten Jahr war ich Bürgermeister im Bamberger Land. In diesen fast 18 Jahren standen meine Gemeinde und ich allzu oft vor der Frage, was wir uns leisten können und was nicht. Häufig hieß es angesichts knapper Kassen „entweder oder“. Die Kommunen, aber auch alle anderen staatlichen Ebenen im Land können nicht auf das Geld verzichten, das durch Steuerhinterziehung verloren geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber ich bin auch Unternehmer. Als dieser bin ich überzeugt, dass die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land ehrliche Steuerzahler sind.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Steuerhinterziehung bestraft die Ehrlichen unter uns. Vor allem bin ich aber auch Bürger unseres Landes. Meine Nachbarn in meinem Ort wollen von uns allen wissen, wie wir dafür Sorge tragen, dass Steuerhinterziehung nicht nur verhindert, sondern auch konsequent verfolgt und bestraft wird.

Ich finde es verharmlosend und es ärgert mich, wenn Menschen, die unserem Staat Steuern vorenthalten, „Steuersünder“ genannt oder ihre Taten gar als Kavaliersdelikte bezeichnet werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nein, diese Menschen sind keine Sünder; sie sind Betrüger.

(Beifall bei der SPD)

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Publizistinnen, Fußballmanager, ehemalige DAX-Vorstände oder Staatssekretäre handelt. Wollen wir den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft erhalten, müssen wir nicht nur Steuerhinterziehung konsequent verfolgen, sondern auch über eine Verschärfung der Rechtslage nachdenken.

(Beifall bei der SPD)

Dabei gilt es, auch darauf zu achten, dass uns die rechtsstaatlichen Prinzipien gewisse Grenzen bei der Weiterentwicklung unserer Werkzeuge vorgeben.

Aufgrund der aktuellen Steuerfälle sehen wir als SPD-Fraktion hier weiteren Handlungsbedarf. Wir wünschen uns weitere Verschärfungen; denn wir müssen unbedingt den Eindruck vermeiden, dass jemand, der Steuern hinterzieht und zum Instrument der Selbstanzeige greift, am Ende noch besser dasteht als der ehrliche Steuerzahler oder die ehrliche Steuerzahlerin.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Über die Höhe des aktuell formulierten Hinterziehungsvolumens von 50 000 Euro muss deshalb mit Sicherheit diskutiert werden.

Wir halten es jedoch auch für geboten, zu hinterfragen, wie lange wir es noch zulassen wollen, dass sich Steuerhinterzieher über die aktuell gültige Regelung freikaufen können. Denkbar wäre etwa eine Übergangsfrist, die ein Auslaufen der aktuell gültigen Regelung klar festsetzt. Steuerhinterzieher hätten dann ausreichend Zeit, daheim reinen Tisch zu machen und zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Dies haben wir als SPD-Bundestagsfraktion bereits im Jahre 2010 in einem Gesetzentwurf gefordert. Wer trotz der aktuellen Debatte künftig Steuern hinterzieht und somit den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land Schaden zufügt, der sollte sich nicht mehr auf Strafbefreiung verlassen dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Ablehnung des Steuerabkommens mit der Schweiz durch die Sozialdemokratie hat sich als absolut richtig erwiesen. Der Fall Hoeneß und der Ankauf von Steuer-CDs – übrigens nicht nur durch sozialdemokratische Finanzminister – haben den Druck auf die Nichtsteuerzahler so erhöht, dass die Zahl der Selbstanzeigen massiv angestiegen ist und weiter ansteigt. Der Staat hat Milliarden an Mehreinnahmen erzielen können. Niemand kann sich mehr sicher sein, dass Steuerhinterziehung im Verborgenen bleibt. Das Steuergeheimnis gilt ohne Wenn und Aber. Genauso gilt aber: Das Steuergeheimnis ist zum Schutz der ehrlichen Steuerzahler eingeführt worden und nicht als Deckmantel für Steuerhinterziehung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auf Betreiben der SPD haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, weiterhin entschlossen gegen die Steuerhinterziehung vorzugehen und die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige weiterzuentwickeln.

Auch auf europäischer Ebene öffnet sich jetzt ein Fenster, das wir nutzen müssen. Die aktuellen Äußerungen des luxemburgischen Ministerpräsidenten lassen den Schluss zu, dass endlich Bewegung in die Verhandlungen über den automatischen Datenaustausch kommt. Bisher haben sich die Schweiz, Österreich und Luxem- burg gekonnt stets gegenseitig den Schwarzen Peter des Blockierers zugeschoben. Für die weiteren Verhandlungen mit der Schweiz und Österreich wünschen wir der Bundesregierung viel Erfolg.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber auch wir haben unsere Hausaufgaben zu erledigen. Bereits heute könnten wir deutlich mehr Steuereinnahmen erzielen, wenn wir unsere Finanzverwaltungen in den Ländern mit mehr Personal ausstatten würden. Manche Bundesländer sind diesen Weg bereits gegangen. Nordrhein-Westfalen beispielsweise hat Hunderte neue Kräfte eingestellt. Ich will aber nicht verhehlen, dass hier vor allem in meinem Heimatbundesland Bayern noch erheblicher Nachholbedarf besteht. Hier muss dringend nachgebessert werden.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Na, na, na!)

Sie sehen, wir haben auf allen Ebenen Handlungsbedarf: in Europa, auf Bundes- und auf Länderebene. Nur in einem Dreiklang stellen wir sicher, dass sich Steuerhinterziehung künftig nicht mehr lohnt.

Ich komme zum Schluss. – Gemeinsam fiebern wir gerade mit unseren Sportlerinnen und Sportlern in Sotschi. Da gerade Olympische Spiele stattfinden: Auch beim Steuerzahlen gilt der olympische Gedanke „Dabei sein ist alles“.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Kollege Schwarz, das war Ihre erste Rede im Hohen Hause. Wir wünschen Ihnen fraktionsübergreifend viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit im Bundestag.

(Beifall)

Das Wort hat der Kollege Richard Pitterle für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3123201
Wahlperiode 18
Sitzung 13
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Steuerhinterziehung
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