12.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 13 / Zusatzpunkt 1

Margaret HorbCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Steuerhinterziehung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Strafbefreiende Selbstanzeige – unter diesem Titel werden hochmoralische Debatten geführt gemäß dem Kennedy-Motto: Frage nicht, was der Staat für dich tun kann, sondern frage, was du für den Staat tun kannst. – Die Antwort lautet: Das Mindeste ist doch, Steuern zu zahlen. Und jetzt soll man sich Straffreiheit von Steuerhinterziehung einfach erkaufen können. Ist das gerecht?

Hier muss man ganz klar sagen: Die meisten, die wir durch Selbstanzeige erwischen, wären unentdeckt geblieben. Der Gerechtigkeit wäre also nicht mehr, sondern eher weniger Genüge getan, wenn wir die Selbstanzeige nicht hätten. Wirklich straffrei ist die Selbstanzeige ja ohnehin nicht.

Ich sehe diese Debatte aber auch pragmatisch: Die strafbefreiende Selbstanzeige bedeutet unter anderem eine erhebliche Entlastung für unsere Finanz- und Justizbehörden. Fragen Sie doch einmal die Fachpolitiker Ihrer Fraktion. Wenden Sie sich an die Fachleute in der Finanzverwaltung oder der Justiz, auch und gerade auf Landesebene. Ob in Berlin, Hamburg, Mannheim oder Mosbach, überall werden Sie dieselbe Antwort bekommen. Eine Antwort übrigens, die Sie selber – mit Ausnahme der Fraktion der Linken – im vergangenen Jahr hier im Bundestag gegeben haben: ein klares Ja zur strafbefreienden Selbstanzeige.

Warum? Weil die hinterzogenen Steuern sofort bezahlt werden, vollständig, mit Hinterziehungszinsen und gegebenenfalls mit Zuschlag.

Die Alternative zu einer Selbstanzeige kenne ich aus meiner Arbeit in der Finanzverwaltung sehr gut. Bei Steuerhinterziehung liegt die Beweislast bei den Behörden. Aufgrund einer bloßen Vermutung kann die Steuerfahndung nicht anrücken. Zunächst braucht es erste Hinweise, zum Beispiel aufgrund einer Anzeige oder aufgrund von Daten auf einer Steuer-CD. Erst wenn ein konkreter Anfangsverdacht besteht, wird der Richter das Okay für eine Hausdurchsuchung geben. Bis es so weit ist, muss eine Menge Vorarbeit geleistet werden: Daten müssen recherchiert, aufgearbeitet und mit den Daten in der Steuererklärung abgeglichen werden. Wir reden hier aber nicht von einer Nullachtfünfzehn-Steuererklärung mit zwölf Seiten. In so einem Fall geht es um Aktenordner mit Belegen und Unterlagen, und zwar kistenweise. Die Fahnder müssen die Einkünfte selbst zusammenstellen, aus Unterlagen, die teilweise in verschiedenen Sprachen verfasst sind, die mehrere Jahre übergreifen, und das alles ohne die Mithilfe des Steuerpflichtigen. Steuerhinterzieher und Steuerbehörde verfolgen entgegengesetzte Ziele. Während der eine versucht, möglichst wenig preiszugeben, arbeiten die anderen an einer umfassenden Aufklärung. Mit der Änderung der Steuerbescheide ist es da noch lange nicht getan. Einspruchs- oder gar Klageverfahren sind zu erwarten, und es vergehen oft Jahre, in denen nicht nur die zuständigen Finanzbehörden, sondern auch die Justiz weiter an dem Fall arbeiten. Dann bleibt oft fraglich, ob und wann die geschuldeten Steuern fließen. Die Erhebung hierzu bindet weitere enorme Kapazitäten. Parallel dazu läuft das Strafverfahren. Fakt ist: Das braucht viel Zeit und Personal, und es kostet den Steuerzahler viel Geld.

Bei der strafbefreienden Selbstanzeige hingegen arbeiten Steuerpflichtiger und Finanzbehörde zusammen, sodass aufwendige Recherche und Beweisführung entfallen. Der Steuerpflichtige legt seine Steuererklärungen und alle notwendigen Belege in geordneter Art und Weise bei der Finanzbehörde vor. Die Unterlagen müssen lediglich noch geprüft werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht bei der strafbefreienden Selbstanzeige nicht darum, eine bestimmte Gruppe von Straftätern zu bevorzugen. Es geht nicht darum, sie ihrer gesellschaftlichen Pflicht zu entheben. Es geht vielmehr darum, dem Staat bisher verheimlichte Geldmittel und Steuerquellen zu erschließen – Geld, an das wir ohne die strafbefreiende Selbstanzeige nicht gekommen wären.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Ich frage Sie: Können wir auf dieses Geld verzichten? Nein. Denn wir brauchen es für unsere Schulen, unsere Krankenhäuser und unsere Kommunen. Auch das ist eine Frage der Gerechtigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kollegin Horb, das war Ihre erste Rede im Hohen Hause. Ich gratuliere Ihnen dazu und wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit.

(Beifall – Margaret Horb [CDU/CSU]: Danke!)

Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3123253
Wahlperiode 18
Sitzung 13
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Steuerhinterziehung
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