12.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 13 / Zusatzpunkt 1

Carsten SielingSPD - Aktuelle Stunde zur Steuerhinterziehung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zu Beginn will ich noch einmal ausdrücklich sagen, dass wir in dieser Koalition die Vereinbarung haben, dass wir in der Steuerpolitik einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerumgehung setzen. Dafür haben wir vereinbart, dass wir die Regelungen zur Selbstanzeige weiterentwickeln. Dazu konnten wir nur kommen – ich muss das an dieser Stelle sagen –, weil für mich Vergangenheit Vergangenheit ist. Kollege Michelbach, Sie haben das deutsch-schweizerische Steuerabkommen angesprochen. Die Wahrheit ist doch: Wenn dieses Abkommen damals abgeschlossen und nicht von Rot-Grün verhindert worden wäre,

(Zuruf von der CDU/CSU: Ein paar Milliarden!)

bräuchten und würden wir heute über dieses Thema nicht sprechen. Wir haben gerade deshalb so viele CDs bekommen. Es gibt einen prominenten Steuerhinterzieher aus Bayern, der etwas mit Fußball und Wurst zu tun hat. Er hat deutlich gemacht, dass er in die Falle gegangen ist, weil er geglaubt hat, es komme zu dem deutsch- schweizerischen Steuerabkommen.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Den habt ihr reingelegt!)

Lassen Sie uns bei der Wahrheit bleiben, meine Damen und Herren. Es war gut, dass dieses Abkommen nicht beschlossen wurde, und das war die Grundlage für das, was wir heute haben.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte betonen, dass wir die Debatte über die Frage der Selbstanzeige sehr sensibel führen, weil es natürlich eine Belastung – verschiedene Rednerinnen und Redner haben es angesprochen – für das Gerechtigkeitsgefühl vieler Menschen ist. Ich darf hier sagen: Das betrifft alle Parteien hier im Raum. In einer gestrigen Pressemitteilung heißt es:

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Genau so ist es!)

Das hat der Vizevorsitzende der CDA, der Christlich- Demokratischen Arbeitnehmerschaft – einer Organisation der CDU – erklärt.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Recht hat er!)

Ich sage das hier nicht, Kollege Ernst, um mit Fingern zu zeigen,

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Recht hat er!)

sondern um darauf hinzuweisen, dass wir sehr sensibel argumentieren und arbeiten müssen. Es muss das Prinzip sein, dass wir auch bei den Fällen der Selbstanzeige eine große Härte an den Tag legen, um mit diesem Instrument eine Glaubwürdigkeit zu erreichen, sonst schlägt es fehl in der politischen Öffentlichkeit und in der Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir bei diesem Thema sind, will ich auch sagen, dass wir auf der Grundlage der Ergebnisse einer Kommission aus Bund und Ländern arbeiten werden. Die Kolleginnen und Kollegen der Grünen haben deutlich gemacht, dass das auch unter der Mitwirkung von grünen Landesregierungen – in Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein, in Baden-Württemberg, in Bremen und in vielen anderen Bundesländern – geschieht. Aber dies geschieht auch unter Beteiligung des Bundeslandes Brandenburg, in dem die Linke mitregiert. Deswegen verstehe ich Ihr Herangehen heute nicht. Machen Sie dort Klarschiff, und machen Sie deutlich, worum es geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bezüglich der Glaubwürdigkeit möchte ich zwei Themen ansprechen, die wir sehr sorgsam diskutieren müssen. Uns geht es nicht darum, die Gefängnisse zu füllen, wie der Finanzminister aus Rheinland-Pfalz gesagt hat, sondern wir wollen unser Geld haben.

Wir erwarten Kooperation, aber wir sind nicht doof. Wir wollen unser Geld zurückhaben. Ein Debattenpunkt betrifft dabei die Verjährungsfristen. Es ist richtig – das ist verschiedentlich gesagt worden –, dass wir den Weg in Richtung einer Verjährungsfrist von zehn Jahren gehen. Ich möchte aber dazu aufrufen, offen darüber zu diskutieren. Der bayerische Finanzminister, Herr Söder, empfiehlt eine Verjährungsfrist von 15 Jahren. Norbert Walter-Borjans, nordrhein-westfälischer Finanzminister, spricht davon, den Zeitpunkt, an dem die Verjährungsfrist beginnt, zu verschieben, weg vom Zeitpunkt der Tat selber, hin zum Zeitpunkt der Entdeckung der Tat. Das wäre eine weitgehende Veränderung des Sachverhalts. Da geht es darum, dass wir das Geld wiederbekommen; es geht nicht um den strafrechtlichen Sachverhalt. Ich möchte gerne, dass wir darüber offen diskutieren und es weiterentwickeln.

Zweiter Punkt: die Bagatellgrenze. Bei einer Steuerschuld von bis zu 50 000 Euro spricht man jetzt von einer Bagatelle. Das will ich hier auch vor dem Hintergrund der jüngsten Fälle ansprechen. Bei einer Steuerschuld von 50 000 Euro kann man bei einem angenommenen durchschnittlichen Steuersatz von 30 bis 35 Prozent – davon geht man bei Frau Schwarzer aus – auf ein Einkommen von 150 000 Euro schließen, das die entsprechende Person hatte, ohne es zur Versteuerung zu bringen. Wie erzielt man ein solches Einkommen von 150 000 Euro? Wenn die Einnahmen aus Zinseinkünften aus Vermögen stammen und man einen Zinssatz von 4 Prozent zugrunde legt, reden wir über ein Vermögen von 6 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, ich finde, da wird der Begriff Bagatelle überdehnt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb bitte ich sehr darum, die Frage der Stufung und diese Dinge in unsere weiteren Beratungen aufzunehmen.

Die Finanzminister werden einen Vorschlag machen. Vorschläge kommen ins Parlament, und häufig kommen sie verändert wieder heraus. Vielleicht sollten wir in diese Richtung arbeiten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Philipp Graf Lerchenfeld das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3123255
Wahlperiode 18
Sitzung 13
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Steuerhinterziehung
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