19.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 16 / Zusatzpunkt 1

Stephan MayerCDU/CSU - Aktuelle Stunde

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Die Angelegenheit, deretwegen heute die Aktuelle Stunde stattfindet, ist mit Sicherheit nicht schön und auch nicht angenehm. Ich glaube, man kann auch behaupten: Es gab in dieser Angelegenheit bisher nur Verlierer. Verlierer waren alle betroffenen Personen, aus meiner Sicht aber auch die Parteien. Die Integrität und die Rechtschaffenheit des Parlamentes, des Bundestages insgesamt, ist in Zweifel gezogen worden. Aber auch die Justiz ist in der Kritik.

Ich möchte zu Beginn dem bisherigen Bundesminister Dr. Hans-Peter Friedrich hohen Respekt und Hochachtung aussprechen, der am vergangenen Freitag die Entscheidung getroffen hat, sein Amt als Bundeslandwirtschaftsminister niederzulegen. Ich möchte hier betonen: Hans-Peter Friedrich ist ein in höchstem Maße integrer, rechtschaffener und angesehener Kollege.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich möchte auch behaupten, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass sich Hans-Peter Friedrich moralisch vollkommen anständig verhalten hat, als er im Herbst letzten Jahres die Information, dass der damalige Kollege Sebastian Edathy Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens ist – es wird zwar nicht gegen ihn ermittelt –, an den SPD-Vorsitzenden Gabriel weitergegeben hat. Er wollte damit nicht kungeln, sondern er wollte unseren jetzigen und sich damals anbahnenden Koalitionspartner – ich sage ganz offen: auch die Bundesregierung insgesamt und die Bundesrepublik Deutschland – vor Schaden bewahren. Dies hat aus meiner Sicht Respekt und Hochachtung verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ob sich der Kollege Hans-Peter Friedrich ein strafrechtlich vorwerfbares Verhalten vorhalten lassen muss, wird an anderer Stelle zu klären sein. Hier gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen. Aber das ist mit Sicherheit jetzt nicht Gegenstand der Debatte.

Es gibt, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen – das kann man gut nachvollziehen –, eine große Entrüstung und Enttäuschung insbesondere in der CSU, auch an der CSU-Basis, dass ein höchst angesehener und veritabler CSU-Bundesminister sein Amt aufgrund des möglicherweise strafrechtlich vorwerfbaren Verhaltens eines ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten niederlegen musste. Ich glaube, auch für diese Entrüstung und dieses Unverständnis muss man Verständnis haben.

Infolge dieser Angelegenheit gibt es auch einen Vertrauensverlust für die Bundesregierung. Das Vertrauen ist erschüttert. Ich sage aber auch ganz offen, meine Kolleginnen und Kollegen: Es kann hier nicht nach dem archaischen Grundsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ gehen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass Sie das sagen! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht „archaisch“, das ist alttestamentarisch!)

Es geht uns, der CDU/CSU, insbesondere darum, eine vollständige und lückenlose Aufklärung zu ermöglichen. Wir sinnen nicht auf Rache, sondern wir wollen wirklich Transparenz und Offenheit in diese Angelegenheit bringen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ein sehr wichtiger erster Beitrag dazu ist aus meiner Sicht schon heute Vormittag in der Innenausschusssitzung geleistet worden. Wir sind im Innenausschuss nicht Ankläger; wir sind kein Untersuchungsausschuss, und wir veranstalten auch kein Tribunal. Wir haben heute den BKA- Präsidenten Ziercke und den Staatssekretär Fritsche auf freiwilliger Basis befragt. Sie haben uns sehr profund Auskunft gegeben. BKA-Präsident Ziercke hat den Ablauf des Telefongesprächs vom 17. Oktober letzten Jahres zwischen ihm und dem Kollegen Oppermann aus seiner Sicht dargestellt. Ich sage ganz offen: Der Ball liegt jetzt bei der SPD; sie ist in der Bringschuld und muss für Transparenz und Klarheit sorgen. Ich sehe hier natürlich vor allem den SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann in der Verantwortung, insbesondere in der anschließenden Innenausschusssitzung den Ablauf des Telefongesprächs vom 17. Oktober aus seiner Sicht darzustellen und darüber Auskunft zu geben, welchen Zweck dieses Telefongespräch überhaupt hatte.

Ich sage aber auch ganz offen: Bei aller Aufgeregtheit und Entrüstung angesichts mancher Abläufe in dieser Angelegenheit sollten wir das Wesentliche nicht aus dem Blick verlieren. Es geht hier nicht um eine Affäre Friedrich, und es geht hier nicht – auch das sage ich hier ganz offen – um eine Affäre Oppermann; es geht um eine Affäre um den ehemaligen Kollegen Sebastian Edathy.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Der ehemalige Bundestagskollege Sebastian Edathy hat sich offenbar seit 2005 über Jahre hinweg fortgesetzt wirklich sehr unappetitliche und geschmacklose Bilder und Videos bestellt und schicken lassen, in insgesamt 31 Fällen. Ich muss ganz offen gestehen: Ich wusste gar nicht, dass es da verschiedene Kategorisierungen gibt. Es handelt sich hier offenbar um Material der sogenannten Kategorie 2, das strafrechtlich nicht relevant ist. Ich sage aber auch ganz offen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen: Insbesondere vor dem Hintergrund des Artikels im Spiegel in der Ausgabe dieser Woche, der uns vor Augen führt, unter welchen Umständen diese Videos und Fotos etwa in Rumänien zustande kommen – man weiß, dass die Jungen, die auf diesen Bildern zu sehen sind, dies beileibe nicht freiwillig gemacht haben –, müssen wir uns hier im Haus die Frage stellen, ob es nicht erforderlich ist, den entsprechenden Straftatbestand der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinderpornografischer Schriften entsprechend zu verschärfen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es gibt die klare Erwartung unserer Bürger, dass wir seriös und verantwortungsvoll zusammenarbeiten. Die Grundlage dieser Zusammenarbeit kann nur Vertrauen sein. Vertrauen entsteht in erster Linie nicht durch Worte, sondern durch Taten. Es ist hier – das möchte ich zum Abschluss sagen – wie so häufig im Leben, wenn man sich zusammenfindet, egal, in welcher Konstellation, sei es im beruflichen, im privaten oder auch im politischen Bereich: So ein Schuss vor den Bug tut hin und wieder mal ganz gut. Die Folge kann durchaus sein, dass wir aufgrund der Erfahrungen der letzten Tage und Wochen noch besser zusammenwachsen und damit auch zusammenarbeiten. In diesem Sinne sollten wir unsere Zukunft gestalten.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Der Kollege Dietmar Bartsch ist der nächste Redner für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3143767
Wahlperiode 18
Sitzung 16
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde
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