19.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 16 / Zusatzpunkt 1

Silke LaunertCDU/CSU - Aktuelle Stunde

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verkehrte Welt: Das habe ich Freitagabend gedacht, als ich erfahren habe, dass der ehemalige Bundesinnenminister, inzwischen Landwirtschaftsminister, Dr. Hans-Peter Friedrich zurücktreten musste.

(Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Auch ehemals!)

– Jetzt auch ehemals. Das stimmt. – Der Grund: Er wollte durch das Informieren von Herrn Gabriel verhindern, dass jemand, der Bilder von nackten Jungs käuflich erworben hat, zum Beispiel Staatssekretär oder vielleicht sogar Justizminister wird.

Ich bin baff angesichts der juristischen Kenntnisse einiger Kolleginnen und Kollegen. Ich war zehn Jahre lang in der Justiz, aber ich konnte Fragen im Zusammenhang mit einem solchen Fall nicht so schnell eindeutig beantworten, die Staatsanwaltschaft auch nicht. Sie prüft erst einmal, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleitet. Aber Sie wissen, wie das alles zu beurteilen ist. Donnerwetter!

Unabhängig davon, wie man das letztlich juristisch beurteilt, muss ich sagen: Ich finde es menschlich sehr nachvollziehbar, dass er nicht wollte, dass so jemand Staatssekretär oder Minister wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auf der anderen Seite gibt es großes Geschrei. Herr Edathy fühlt sich als Opfer. Denn der Kauf von Bildern nackter Jungs ist kein strafbares Verhalten. Jetzt wird auch noch im Ernst die Frage aufgeworfen, ob dieser straffreie Besitz überhaupt eine Durchsuchung rechtfertigen kann. Wissen Sie, was ich mich sofort gefragt habe? – Wer denkt denn an die Opfer? Wer denkt an die Kinder, und warum sind Besitz und Erwerb von Bildern mit nackten Kindern nicht strafbar? Diese Fragen habe ich mir schon gestellt, als ich noch als Staatsanwältin mit der Verfolgung von Kinderpornografie befasst war.

Wie sieht die Praxis aus? Sie haben endlich genügend Anhaltspunkte gegen einen Pädophilen, ordnen eine Durchsuchung an und finden dabei Hunderte Bilder mit nackten Kindern. Dann muss das gesamte Material gesichtet werden: Ist das eine sexuelle Handlung von, an oder vor einem Kind? Ist das eine geschlechtsbetonte Pose, ja oder nein? Ist es eine Handlung in diesem Rechtssinne, wenn das Kind nackt schläft und breitbeinig daliegt? Häufig lautet die Antwort in der Praxis: Nein, das ist keine solche Handlung. Das ist also nicht strafbar. – Wenn aber jemand eine Kopie von einer DVD oder CD macht, dann kann strafbares Verhalten vorliegen. Auf der einen Seite geht es um Vermögensinteressen, auf der anderen Seite um das Wohl der Kinder.

Auch wenn es bedauerlich ist, dass es erst einen Fall Edathy brauchte, freue ich mich sehr, dass nun endlich eine Diskussion über die Verschärfung der Strafvorschriften im Bereich der Kinderpornografie in Gang gekommen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meiner Ansicht nach sollten diese Straftaten strenger bewertet und härter bestraft werden. Der Erwerb von Bildern mit nackten Kindern sollte strafbar sein; denn diese Bilder müssen irgendwo gemacht werden. Es ist nicht so, dass ein Nachbar über den Gartenzaun schaut und fotografiert, wie nackte Kinder durch den Garten rennen. Vielmehr werden die Kinder ganz gezielt angesprochen, beeinflusst und für die Herstellung solcher Bilder benutzt. Glauben Sie, dass die Herstellung und die Tatsache, dass solche Nacktbilder vielleicht ein Leben lang im Internet stehen, spurlos an den Kindern vorbeigehen?

Sowohl diejenigen, die solche Bilder herstellen, als auch diejenigen, die solche Bilder erwerben und damit überhaupt erst einen entsprechenden Markt ermöglichen, spielen mit den Seelen von Kindern, die vielleicht ein Leben lang darunter leiden. Deshalb ist der Staat verpflichtet, sich vor diese Kinder zu stellen. Es ist toll, dass schon viele andere das gesagt haben. Es ist toll, dass von hier aus das Signal ausgeht: Wir wollen die Opfer schützen. – Denn es darf nicht immer nur – das weiß ich aufgrund meiner eigenen praktischen Erfahrungen – um Täterschutz gehen. Wir brauchen auch Opferschutz.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ganz ehrlich, das ist mir viel wichtiger als die Frage, ob ein Herr Oppermann geht oder nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Frau Kollegin Launert, das war Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag. Es gibt einfachere Debatten als diese. Ich gratuliere Ihnen herzlich zu Ihrem ersten Beitrag und wünsche Ihnen alles Gute für die weitere parlamentarische Arbeit.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Sönke Rix erhält nun das Wort für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3143826
Wahlperiode 18
Sitzung 16
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde
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