19.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 16 / Zusatzpunkt 1

Hans-Peter UhlCDU/CSU - Aktuelle Stunde

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Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Präsident des Bundeskriminalamts hat heute früh eindrucksvoll berichtet, dass uns allein im Rahmen der Aktion der Kanadier 800 Menschen aus Deutschland gemeldet worden sind, nicht nur einer, nicht nur Edathy; es gibt 800 Edathys unter uns. Wir sollten nicht pharisäerhaft in eine Richtung zeigen. Sie sind überall unter uns. Es ist gut so, dass wir heute diese sehr ernsthafte und offene Debatte über die Umstände und über die Fragen führen, wie wir mit solchen Fällen umgehen und wie wir rechtspolitisch darauf antworten wollen.

Zunächst zu der Frage, wie der Rechtsstaat damit umgeht. Die Bürger achten sehr genau darauf, ob sie Vertrauen in diesen Staat haben können. Das gilt gerade für den Fall, wenn ein Prominenter in ein so schreckliches Verbrechen verstrickt ist, in welcher Form auch immer; ich will nichts unterstellen. Sie wollen sehen, ob die Politiker und die Justiz, die Exekutive und die Legislative korrekt mit dem Fall umgehen. Auf diese Frage der Korrektheit möchte ich eingehen.

Ich möchte mit dem auslösenden Element, also mit dem Handeln des ehemaligen Bundesinnenministers Friedrich, anfangen. Dazu sind einige richtige Dinge und einige nicht ganz richtige gesagt worden.

Stichwort „Geheimnisverrat“. Der Tatbestand heißt – das ist nachzulesen in § 353 b Strafgesetzbuch –: Wenn ein Amtsträger „unbefugt“ – ganz wichtig: unbefugt – Geheimnisse „offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet …“. Wenden Sie diesen Tatbestand auf das Verhalten von Friedrich an. Ein Minister ist im Umgang mit Abgeordneten oder wem auch immer befugt, zu entscheiden, was er sagen darf und was nicht. Ein Polizist, Herr Kollege von den Linken, ist dazu nicht befugt, sondern er ist im Weisungsstrang; er darf Geheimnisse nicht verraten. Beim Minister sieht das anders aus.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ach so! Er darf das? – Zuruf von der LINKEN: Wo steht das?)

– Ja, so ist das. – Er kann ja niemanden fragen. Der Minister ist der Chef der Behörde.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Wo ist das niedergelegt?)

Die Frage, ob wichtige öffentliche Interessen gefährdet sind, wurde hinreichend diskutiert; sie will ich jetzt nicht weiter erörtern. Da kann man verschiedene Meinungen vertreten.

Ich sage Ihnen eines – zur Frage: geht der Rechtsstaat korrekt mit den Dingen um? –: Ich an seiner Stelle hätte die Dinge nicht weiterberichtet, auch nicht andeutungsweise. Ich hätte mich anders verhalten. Wenn er in ein paar Monaten noch einmal darüber nachdenkt und in sich geht, wird er vielleicht zum gleichen Ergebnis kommen, vielleicht auch nicht. Nur, rechtswidrig war sein Verhalten zu keinem Zeitpunkt. Das wird auch die Staatsanwaltschaft in Berlin noch zu lernen haben.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Die Staatsanwaltschaft hat von Abgeordneten zu lernen?)

Auf die Staatsanwaltschaft will ich ganz gern eingehen, weil ich mich immer wieder wundere über die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaften in Deutschland. Meine Damen und Herren, es kann so nicht weitergehen,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

dass schon die Vorermittlungen per Presseerklärung mitgeteilt werden, mit allen Details von betroffenen Menschen, völlig unschuldigen Menschen. Das geht so nicht weiter! Die Justizminister unserer Länder müssen auf die Generalstaatsanwälte und diese auf die Staatsanwaltschaften einwirken, dass sie dieses Treiben unterlassen und die Medien dabei leider enttäuschen. Es ist ihre Pflicht, zu schweigen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nun zu Ihnen, Herr Oppermann. Ich will Sie hier nicht ohne Not angreifen. Die Dinge sind ja zum großen Teil aufgeklärt. Sie werden nachher noch die Gelegenheit haben, im Innenausschuss zu sprechen. Herr Ziercke hat es ja eindrucksvoll getan. Er schilderte seinen Eindruck von dem Telefonat mit Ihnen. Er hat geschwiegen, weil er durch das Telefonat in Verlegenheit gebracht wurde. Denn bei ihm wäre es natürlich Geheimnisverrat gewesen, wenn er gesprochen hätte, vielleicht sogar ein weiter gehendes Delikt, nämlich Strafvereitelung im Amte. Also, er hat geschwiegen. Das glaube ich ihm auch.

Aber auch Sie sollten sich überlegen: Wie geht der Rechtsstaat mit solchen Fällen um, wenn ein Abgeordneter betroffen ist? War es politisch klug – ich rede nicht von Rechtswidrigkeit –, den Anschein zu erwecken, in einem Telefongespräch könnte das eine oder andere nicht ganz sauber ausgehandelt werden? Das darf in einer unabhängigen Judikative nicht sein. – Das hätten Sie vielleicht doch besser vermeiden sollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich komme zum Schluss. Ich finde, wir sollten aus allen diesen Dingen lernen. Es ist schon angesprochen worden: Wenn Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland mit dem Umstand, dass widerwärtige Menschen nackte Buben fotografieren – sie müssen gegen ihren Willen posieren – und damit Geld machen und dass andere – kranke Menschen, pädophile Menschen – Geld für diese Bilder geben, umzugehen haben und unsere Staatsanwaltschaften sagen: „Das ist eine Grauzone“, dann stimmt etwas nicht in unserem Rechtsstaat. Die muss weg, diese Grauzone. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Ich möchte Sie alle gemeinsam bitten, möglichst rasch die Vorschriften zu verbessern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Letzter Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kollege Helmut Brandt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3143830
Wahlperiode 18
Sitzung 16
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde
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