Florian PronoldSPD - Mietenentwicklung und Wohnungsmarkt
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Wohnen“ kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet „zufrieden sein“. Wenn ich mir die Entwicklung gerade in Ballungsräumen und in vielen Universitätsstädten anschaue, dann muss ich feststellen: Viele Menschen sind mit ihrem Wohnumfeld nicht mehr zufrieden. Sie sind nicht mehr zufrieden damit, dass die Mieten bei Wiedervermietung in Städten zwischen 20 und 50 Prozent ansteigen, ohne dass tatsächlich irgendetwas an der Wohnung gemacht wurde. Die Menschen sind unzufrieden damit, dass sie, wenn sie eine Wohnung – auch auf angespannten Wohnungsmärkten – gefunden haben, 2,3 Monatsmieten als Maklergebühren zahlen sollen. Sie verstehen nicht, warum das so sein muss.
Wir als Große Koalition haben darauf reagiert. Unser Koalitionsvertrag gibt – das ignoriert die Linke in ihren Anträgen komplett – abgestimmte, zielgenaue Antworten auf die Probleme. Erstens erzielen wir Verbesserungen beim Mietrecht, indem wir die Mieterinnen und Mieter deutlich besser schützen. Zweitens regen wir Investitionen an. Wir wissen, dass es auf angespannten Wohnungsmärkten mehr Wohnungsbaus bedarf. Wer sich die aktuellen Entwicklungen anschaut, sieht, dass die Investitionen in den Wohnungsneubau anziehen und dass dies zu einer Entspannung führt.
Das sind Themen, die wir angehen wollen. Die Bundesregierung und insbesondere das neue Umwelt- und Bauministerium, wenn ich die Kurzformulierung benutzen darf, haben sich vorgenommen, in einem Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen alle Aspekte, die hier auch von den Vorrednern angesprochen worden sind, zusammenzubringen.
Wir brauchen energetisch sanierte Wohnungen, wir brauchen altersgerecht gestaltete Wohnungen, wir brauchen aber auch bezahlbaren Wohnraum für viele Menschen, die heute Sorge haben, ob sie sich als Rentnerinnen und Rentner ihre Wohnung noch leisten können. Auch der Polizeibeamte oder die Krankenschwester machen sich Sorgen, dass sie die nächste Mietsteigerung nicht mehr tragen können und deswegen ausziehen und an den Stadtrand ziehen müssen. Für all diejenigen wollen wir etwas machen. Ich finde, wir haben in dem Koalitionsvertrag wirklich ganz tolle Dinge aufgeschrieben, die wir Stück für Stück umsetzen werden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ströbele?
Gerne.
Danke, Herr Staatssekretär. – Ich habe eine Frage: Trifft es zu, dass die Bundesregierung beabsichtigt, eine Mietpreisbremse einzurichten, diese aber zeitlich zu befristen, auf beispielsweise fünf Jahre?
(Katja Kipping [DIE LINKE]: Das hat die Kollegin Lay schon gesagt!)
Wenn das zutrifft, glauben Sie dann nicht mit mir, dass für die Mieter die Aussicht, dass in fünf Jahren die Miete völlig freigegeben wird und ohne jede Einschränkung erhöht werden kann, keine Perspektive, sondern ein Horror ist?
Lieber Kollege Ströbele, wir haben bei jeder Mietrechtsänderung, die wir in diesem Hause machen, eine zeitliche Befristung von vier Jahren; denn jede neue politische Konstellation kann das bestehende Mietrecht verändern. Wir haben uns in der Großen Koalition darauf verständigt, diese Mietpreisbremse unter bestimmten Bedingungen einzuführen.
Erstens. Wir wollen sie regional ausgestalten, weil wir wissen, dass es das Problem, dass es bei Wiedervermietung zu solchen Sprüngen kommt, nur bei 10 bis 15 Prozent der Wohnungsmärkte überhaupt gibt. Zweitens. Wir wollen die Mietpreisbremse zeitlich befristen, um zu sehen, ob das ein Instrument ist, das auch tatsächlich wirkt und funktioniert. Deswegen haben wir im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir eine Periode von fünf Jahren vorsehen, um dieses Instrument zu testen. Sollte es sich als wirkungsvoll herausstellen, ist es der nächsten Koalition doch völlig unbenommen, diese zeitliche Befristung aus dem Gesetz herauszunehmen und ein bewährtes Instrument – ich bin überzeugt davon, dass es das ist – weiter fortzuführen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich möchte gerne noch auf den Redebeitrag von der Kollegin Lay eingehen. Warum kommen wir auf den Gedanken, bei der Wiedervermietung nicht die ortsübliche Miete zugrunde zu legen, sondern einen Betrag, der 10 Prozent darüber liegt? Dem liegt doch eine ganz praktische Überlegung zugrunde, die jeder, der sich einmal mit der Vielfältigkeit von Vermietungen beschäftigt hat, sofort erkennen muss.
Es gibt eine ganze Menge von Vermieterinnen und Vermietern – die sind angesprochen worden –, die die Miete nicht erhöhen. Es gibt eine ganze Menge, die kleinere Maßnahmen beim Mieterwechsel durchführen, die nicht unter die Modernisierungsumlage fallen. Weil wir verhindern wollen, dass permanent ein Druck zu Mieterhöhungen besteht, und weil wir nicht wollen, dass kleinere Maßnahmen unterbleiben, wollen wir bei der Wiedervermietung einen gewissen Spielraum bieten, damit so etwas auch gemacht wird. Wir wollen dafür sorgen, dass es zu einem ausgewogenen Verhältnis kommt. Unser Ziel ist es, Exzesse zu verhindern. Wir wollen verhindern, dass es, ohne dass etwas an der Wohnung gemacht worden ist, auf einmal zu Steigerungen von 20 bis 50 Prozent kommt. Das werden wir mit dieser Mietpreisbremse erreichen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir werden gleichzeitig eine weitere Sorge aufgreifen: Viele Mieterinnen und Mieter haben selbst bei an sich sinnvollen Dingen wie zum Beispiel der energetischen Sanierung Sorge, dass die Wohnung luxusmodernisiert wird und dass sie sich die Wohnung nicht mehr leisten können. Das Problem wollen wir angehen, indem wir eine Härtefallklausel für Mieterinnen und Mieter schaffen, wie es im Koalitionsvertrag steht, und indem wir darüber reden, wie wir eine vernünftige zeitliche Befristung hinbekommen und welcher Anteil umgelegt werden kann.
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das scheint ja noch strittig zu sein! Wo ist denn der Entwurf?)
– Zunächst einmal gilt der Koalitionsvertrag, und wir werden ihn umsetzen. Dieses Projekt wird unter der Federführung des Justizministeriums zügigst auf den Weg gebracht.
(Beifall bei der SPD)
Sie werden das hier sehr schnell auf den Tisch bekommen, und dann können wir uns darüber unterhalten.
Letzter Satz, Frau Präsidentin; Sie ermahnen mich schon. Wir werden dafür Sorge tragen, dass wir einen vernünftigen Mix aus sozialer Wohnraumförderung, aus mietrechtlichem Schutz und aus Investitionstätigkeit hinbekommen, damit für alle Menschen in der Bundesrepublik Deutschland das Wort „wohnen“ mit dem Wort „genießen“ wieder in Übereinstimmung gebracht wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Als nächste Rednerin hat die Kollegin Heidrun Bluhm das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3146670 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Mietenentwicklung und Wohnungsmarkt |