Sylvia JörrißenCDU/CSU - Mietenentwicklung und Wohnungsmarkt
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir das Antragspaket der Linken heute nutzen, um über die Wohnungssituation zu sprechen. Klar ist aber, dass die Situation deutlich komplexer ist, als von den Kollegen ausgemalt.
Erlauben Sie mir, in dieser Debatte darauf hinzuweisen, dass die Wohnungspolitik kein Politikfeld ist, das für parteipolitische Punktsiege missbraucht werden sollte.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir reden beim Thema Wohnung über das unmittelbare Zuhause, das Heim der Menschen. Entscheidungen, die wir treffen, haben unmittelbaren Einfluss auf dieses engste und persönliche Umfeld; da stimme ich dem Kollegen Kühn von den Grünen absolut zu. Aber gerade deshalb muss alles gut überlegt sein. Die Maßnahmen, die wir treffen, dürfen nicht Ausfluss populistischer Forderungen sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn ich mir den Wohnungsmarkt in unserem Land anschaue, dann sehe ich ein Erfolgsmodell. In anderen Ländern war der Immobilienmarkt der Auslöser der Wirtschafts- und Finanzkrise, bei uns wirkt er bis heute stabilisierend. Seine Mischung aus Eigentum, Miete und genossenschaftlichem Wohnen macht den entscheidenden Unterschied. Eine sichere Wohnsituation bedeutet Lebensqualität für die Menschen in unserem Land. Das haben sich CDU/CSU und SPD auf die Fahnen und in den Koalitionsvertrag geschrieben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auf der einen Seite gibt es in Deutschland eine ganze Reihe von wirtschaftlich starken und aufstrebenden Regionen. Sie sind attraktiv für Zuzüge. Hier passen regionales Wohnungsangebot und Nachfrage aktuell nicht immer zusammen. Auf der anderen Seite – das lassen Sie in Ihrem Antrag bewusst aus – gibt es vor allem in strukturschwachen Regionen einen massiven Wohnungsleerstand. Diese regional völlig gegensätzlichen Probleme lösen Sie mit Ihrer Pauschalforderung nach 150 000 neuen Sozialwohnungen nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Einzige Lösung ist – da bin ich mir sicher –, dass sich die regionalen Wohnungsteilmärkte den veränderten Bedingungen anpassen. Dazu brauchen wir Wohnungsneubau – kommunalen, genossenschaftlichen und privaten – und gerade keine Privatisierungsbremse, wie Sie sie fordern, Frau Bluhm.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Groß [SPD])
Dafür muss die Politik in allen drei Bereichen passgenaue Anreize schaffen.
Seit der Föderalismusreform 2006 sind die Länder für die soziale Wohnraumförderung verantwortlich. Wir verschanzen uns nicht hinter dieser gesetzlichen Regelung; vielmehr wird der Bund die Länder dabei bis Ende 2019 mit jährlich 518 Millionen Euro unterstützen. Ich sage ausdrücklich: unterstützen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es wird kritisch zu beobachten sein, ob und wie die einzelnen Länder ihrer Verantwortung gerecht werden. Die Selbstverpflichtung zur Zweckbindung ist für mich dabei selbstverständlich. Das Geld muss in den sozialen Wohnungsbau fließen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Es geht nicht an, dass es zum Stopfen selbst verursachter Haushaltslöcher verwendet wird. Ich erwarte aber auch, dass sich die Bundesländer mit eigenen Mitteln beteiligen. Ursprünglich war die soziale Wohnraumförderung hälftig angelegt. Der Bund hat klare und gesetzliche Zusagen gemacht. Auf die Antwort der Länder bin ich sehr gespannt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Licht ins Dunkel wird der Immobilienwirtschaftliche Dialog bringen, den wir ausbauen und an dem wir nun auch die Länder beteiligen. Für mich zeigt die Debatte auf Bundesebene, dass wir unseren Blick viel stärker darauf richten müssen, was die Länder vor Ort zur Problemlösung beitragen. Ich bedaure sehr, dass das im Gesetz zu den Kompensationsmitteln nicht zu regeln war. Jetzt müssen wir dringend einen anderen Weg finden, um Transparenz herzustellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wünschenswert und wichtig sind ausreichende Anreize für den Wohnungsneubau. Private Investoren wollen mit Verkauf oder Vermietung Geld verdienen. Das ist aber, anders als teilweise dargestellt, nichts Verwerfliches. Der gesellschaftliche Nutzen liegt in einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Bärbel Bas [SPD])
Auch hier wollen wir entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Entbürokratisierung und Verschlankung von Genehmigungsverfahren sind das eine. Steuerliche Anreize wären das andere.
(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Diese sind im Koalitionsvertrag nicht erwähnt,
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Leider!)
aus unserer Sicht ausdrücklich aber auch nicht ausgeschlossen. Auch hier kommt es wieder darauf an, wie sich die Länder verhalten. Wir sollten uns diese Option je nach Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt offenhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Anforderungen an den Wohnungsbau unterscheiden sich nicht nur regional, sondern vor allem auch hinsichtlich der Zielgruppen. Es werden spezialisierte Wohnraumlösungen gebraucht. Wohnen im Alter, Familienwohnen oder auch studentisches Wohnen sind nur einige Beispiele, die aber die Vielschichtigkeit der Herausforderungen verdeutlichen.
Der viel beschworene demografische Wandel stellt auch an den Wohnungsmarkt neue Anforderungen. In vielen Wohnungsteilmärkten heißt das neben dem Neubau vor allem auch Umbau von Bestandswohnungen für bezahlbares und vor allem altersgerechtes Wohnen. Wir wollen selbstbestimmtes Wohnen und damit ein Höchstmaß an Lebensqualität in allen Lebensaltern. Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Linken, schlagen eine planwirtschaftliche Verordnung von 150 000 neuen, mietpreisgebundenen Wohnungen sozusagen als Allheilmittel vor. Wir dagegen wollen individuelle und regional angepasste Anreize schaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ziel ist für mich ein gesunder Wohnungsmarkt, der die Nachfrage bedient und auf Veränderungen selber reagiert. Die Maßnahmen zur Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus und die Mietpreisbremse, auf die meine Vorredner zur Genüge eingegangen sind, sind erste konkrete Projekte, die wir auf den Weg bringen wollen. Weitere regional angepasste und zielgruppenorientierte Maßnahmen und Programme zur Förderung des Wohnungsneubaus und -umbaus werden folgen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seien Sie versichert: Dieses Thema ist bei CDU/CSU und SPD in guten Händen – auch ohne den Schaufensterantrag der Linken. Wir setzen auf ein vielschichtiges Programm, zielgruppengerechte und regionale Förderung und gezielte Anreize. So sieht gute Politik für Deutschland aus.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das war die erste Rede unserer Kollegin Sylvia Jörrißen im Deutschen Bundestag. Wir gratulieren ihr dazu herzlich
(Beifall)
und wünschen ihr und uns weiterhin spannende parlamentarische Debatten.
Als Nächster erteile ich das Wort der Kollegin Lisa Paus, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3146689 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Mietenentwicklung und Wohnungsmarkt |