Dennis RohdeSPD - Mietenentwicklung und Wohnungsmarkt
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wohnungsangebot in Deutschland ist derzeit sehr unterschiedlich und wenig einheitlich. In Großstädten, Ballungsräumen und Universitätsstädten ist Wohnraum rar und oft unerschwinglich teuer. In ländlichen Gebieten hingegen stehen Wohnungen leer, und die Immobilienpreise befinden sich im Sinkflug. Der Anteil der Mieterinnen und Mieter in Deutschland liegt bei circa 50 Prozent. Wohnungen sind Lebens- und Rückzugsraum. Bezahlbares Wohnen sicherzustellen, ist ein soziales Kernthema und damit etwas, was uns Sozialdemokraten ganz besonders antreibt.
(Beifall bei der SPD)
Soziale Schieflagen zu beseitigen, ist bei weitem nicht nur ein Thema der Sozial- und Steuerpolitik. Wir sind nicht ohne Grund vor der Bundestagswahl nie müde geworden, auch auf die alarmierende Situation auf dem Wohnungsmarkt aufmerksam zu machen. Für mich steht fest: Qualitativ gutes und bezahlbares Wohnen darf kein Luxus sein, weder in München noch in Berlin noch in Leipzig oder Stuttgart, weder auf dem Land noch in der Stadt.
(Beifall bei der SPD)
Es ist Aufgabe der Politik, es ist unsere Aufgabe, die Rahmenbedingungen für einen lebendigen Wohnungsmarkt so zu gestalten, dass dort, wo die Menschen zu Hause sind, dort, wo ihre Heimat ist, ausreichend guter und bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Wir Sozialdemokraten setzen dabei auf eine Stärkung der Investitionstätigkeit sowie auf die Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus. Dies flankieren wir mit ausgewogenen mietrechtlichen und sozialpolitischen Maßnahmen: Wir werden erstens die Mietsteigerungen begrenzen. Wir werden zweitens die Investitionen in den sozialen Wohnungsbau stärken. Wir werden drittens die energetische Sanierung weiter vorantreiben und viertens den familien- und altersgerechten Umbau von Wohnungen unterstützen. All das muss man zusammendenken und darf es nicht isoliert betrachten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist Gefahr in Verzug, und zwar nicht erst seit gestern. Lassen Sie mich ein konkretes Beispiel dafür bringen, was auf dem Wohnungsmarkt los ist: Meine Heimatstadt Oldenburg hat 160 000 Einwohner. In den letzten fünf Jahren haben wir bei Wiedervermietungen einen Anstieg der Mietpreise von gut 25 Prozent erlebt. Kostete die kleine 40-Quadratmeter-Wohnung im Jahr 2008 noch gut 285 Euro kalt, so muss man heute durchschnittlich 360 Euro auf den Tisch legen. Das macht monatlich 75 Euro weniger im Portemonnaie. Das sind stolze 900 Euro im Jahr. Für viele ist das ein ganzer Nettomonatslohn weniger, der nun für Miete draufgeht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bei solchen Fehlentwicklungen dürfen wir nicht wegsehen. Hier müssen wir schnell handeln.
(Beifall bei der SPD)
Die Folgen sind schon jetzt offensichtlich. In vielen städtischen Räumen werden sozial Schwächere durch die Preisexplosionen in Vororte und Randgebiete gedrängt, oftmals weit weg von ihrem Arbeitsplatz und von der Schule der Kinder. Sie sind damit raus aus dem Viertel, in dem sie aufgewachsen sind. Das ist nicht mein Verständnis einer sozialen Demokratie. Das ist auch nicht mein Verständnis eines ausgewogenen Sozialgefüges. Das ist nicht sozial gerecht. Das ist nicht in Ordnung. Ich sage: Das gehört verändert.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])
Wir alle wissen doch: Meistens trifft es die Schwächsten. Ich habe vor meiner Wahl in den Deutschen Bundestag unter anderem anderthalb Jahre in einer Schuldnerberatungsstelle gearbeitet. Ich weiß sehr genau: Altersarmut ist kein Thema, das uns erst in 10 oder 20 Jahren droht. Ich habe viele Fälle erlebt, in denen insbesondere ältere Menschen ihr vertrautes Zuhause verlassen mussten, entweder aufgrund mangelnder Barrierefreiheit oder weil ihr Zuhause für sie allein einfach zu groß geworden ist. Es sind genau diese Menschen, die dann auf einen Mietmarkt treffen, der aus den Fugen geraten ist. Sie leben oftmals von einer kleinen Rente und finden dort keine Wohnung mehr, wo sie ihr Leben lang daheim waren. Gerade für diese Generation brauchen wir zeitnahe Lösungen. Wir werden deshalb zur Förderung des generationengerechten Umbaus mit dem Programm „Altersgerecht Umbauen“ einen neuen Weg gehen.
Im CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm möchten wir bei zusätzlichen Maßnahmen zum altersgerechten und barrierefreien Umbau einen Förderbonus verankern. Gemeinschaftliche Wohnformen für Ältere wollen wir unterstützen und fördern. – An diesen und vielen anderen Beispielen wird klar: Es hat zu lange zu vieles brachgelegen. Ich freue mich deshalb, dass die Große Koalition nun handelt und Lösungen umsetzt. So stelle ich mir praktische Politik vor.
Wie ich mir praktische Politik nicht vorstelle, kann man im Übrigen ausgezeichnet an den Anträgen der Linksfraktion sehen, um die es in dieser Debatte geht. Sie haben immer ganz viele, ganz konkrete Ideen, wo man noch ein paar Milliarden ausgeben könnte. Wenn es aber darum geht, diese vermeintlich tollen Ideen auch solide zu finanzieren, dann bleibt es immer reichlich leer in Ihren Anträgen, wie auch in den heute vorliegenden. Ich sage Ihnen: So geht das nicht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Im Gegensatz zu Ihren Anträgen, werte Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, wird das Maßnahmenpaket, welches Bundesminister Maas noch vor der Sommerpause in den parlamentarischen Prozess einbringen wird, dem verfassungsrechtlichen Konflikt gerecht, nämlich der Eigentumsfreiheit auf der einen und dem Sozialstaatsprinzip auf der anderen Seite. Wir werden die Preiserhöhungen auf maximal 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete bei Neuvermietung beschränken und damit nachhaltig auf die Bremse für Mietpreise treten, ohne dabei potenzielle Investoren abzuschrecken; denn uns ist auch klar: Das vorhandene Angebot an Wohnraum in Ballungsräumen ist längst nicht ausreichend. Es braucht Investitionen, die wir nicht blockieren, sehr wohl aber ordnen werden. Die Initiative zur Schaffung zusätzlichen studentischen Wohnraums setzen wir übrigens ebenfalls fort.
Lassen Sie mich auch das noch sagen: Zur guten Ordnung gehört auch, dass derjenige, der eine Leistung bestellt, diese auch bezahlt. Von uns würde niemand auf die Idee kommen, in einer Gaststätte das teuerste Gericht zu bestellen und die Rechnung dann wie selbstverständlich an den Nebentisch zu reichen. Von daher wird auch in Zukunft für den Wohnungsmarkt gelten: Wenn der Vermieter einen Makler beauftragt, dann wird er die Bezahlung nicht mehr auf die Mieterinnen und Mieter abwälzen dürfen. Was ganz normal ist, gilt dann auch im Maklerrecht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Bei Maklerleistungen werden wir zudem für klare bundeseinheitliche Rahmenbedingungen sorgen und Möglichkeiten der Qualitätssicherung abwägen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Wohnen ist ein Grundrecht. Dieses Recht anzuerkennen und zu stärken, muss selbstverständliche Aufgabe hier im Parlament sein. Wenn fehlende Regelungen, undurchsichtige Berechnungsvorgänge und ungleiche Entwicklungen dazu führen, dass viele Mieter an die Seite gedrängt werden, dann ist es ordnungspolitisch geboten, dies abzustellen. Die Mietpreisbremse ist dabei der erste Schritt, den die Große Koalition geht. Der zweite und der dritte werden folgen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das war die erste Rede des Kollegen Dennis Rohde, SPD-Fraktion, im Deutschen Bundestag. Herr Rohde, wir gratulieren Ihnen zu Ihrer Rede und wünschen für die weitere parlamentarische Arbeit alles Gute.
(Beifall)
Als nächster Rednerin erteile ich der Kollegin Bärbel Höhn, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3146722 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Mietenentwicklung und Wohnungsmarkt |