Dirk WieseSPD - Mietenentwicklung und Wohnungsmarkt
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Durchsicht der Anträge vonseiten der Opposition zu meiner Linken zur heutigen Debatte fiel mir spontan ein bekanntes Zitat eines ehemaligen Nationalspielers ein:
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Wer war das?)
So einst Rudi Völler nach kräftezehrendem Spiel. Die Sinnhaftigkeit dieser treffenden Analyse unseres ehemaligen Nationalspielers erschließt sich auch dem leidenschaftlichen Fußballfan nicht auf Anhieb. So ist das heute auch mit Ihren Anträgen. Ist es doch die jetzige Bundesregierung aus SPD, CDU und CSU, die im Koalitionsvertrag – auf die Seite 80 ff. des ausgehandelten Koalitionsvertrags darf man durchaus selbstbewusst hinweisen – in einem sehr sozialdemokratischen Passus zum guten und bezahlbaren Wohnen viele richtige und wichtige Weichenstellungen zur Besserstellung von Mieterinnen und Mietern vereinbart hat, und das ist gut so;
(Beifall bei der SPD)
denn wir können auf alles Mögliche verzichten, auf das iPad, auf das Handy, auf den Fernseher, aber nicht auf ein Dach über dem Kopf für uns und unsere Familie. Eine Familie mit Kindern braucht eine ordentliche Wohnung und eine funktionierende Heizung. Das ist eine Existenzfrage und eine Frage der Würde. Deshalb hat die Politik die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Wohnraum bezahlbar ist, auch wenn man weniger Geld zur Verfügung hat.
(Beifall bei der SPD)
Die alte Bundesregierung – gestatten Sie mir die kleine Anmerkung – hat eher wenig dafür getan. Darum ist es gut, dass die SPD jetzt mit in der Regierungsverantwortung ist und wir die Situation und die rechtliche Stellung von Millionen Menschen verbessern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Allerdings muss man dazu bereit sein, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Ich glaube, daran fehlt es bei den Antragstellern.
(Beifall bei der SPD)
Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes, brachte es in einem Kommentar wie folgt auf den Punkt:
Was haben wir im Detail vor? Wir geben den Ländern die Möglichkeit, eine Mietpreisbremse einzuführen. Das ist dringend notwendig. Die Vermieter wollen und sollen ordentlich Geld verdienen – keine Frage –, aber man muss auch Maß halten und darf die Not anderer Menschen nicht schamlos ausnutzen, wie es vor allem in einigen Großstädten geschieht. Geld verdienen ist völlig in Ordnung, aber nicht mit Wuchermieten. Gegen Wuchermieten kann man etwas tun, indem man die Mietpreisbremse zieht, und das machen wir jetzt in der Großen Koalition.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Jan- Marco Luczak [CDU/CSU])
Künftig sollen nur noch höchstens 10 Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umgelegt werden dürfen. Wir passen die Härtefallklausel an, um Mieter vor finanzieller Überforderung bei einer Sanierung zu schützen. Für alle Mietverhältnisse wird klargestellt werden, dass nur die tatsächliche Wohn- und Nutzfläche Grundlage für die Festlegung der Miethöhe sein kann. Oder um es einmal umgangssprachlich auf den Punkt zu bringen: Wenn die Bude 100 Quadratmeter zum Wohnen hat, dann sollen die Leute auch nur für 100 Quadratmeter Miete zahlen. Alles andere ist aus meiner Sicht Betrug.
(Beifall bei der SPD)
Uns geht es darum, dass sich Städte an den Bedürfnissen, Ansprüchen und Möglichkeiten ihrer Bewohner orientieren müssen. Für diese Form der Bürgernähe fehlte in der letzten Legislaturperiode an der einen oder anderen Stelle leider die nötige Sensibilität. Darum lassen wir das Programm „Soziale Stadt“ wieder aufleben. Das ist genau der richtige Weg.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vor welchen Herausforderungen stehen wir jetzt? Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes sinkt die Bevölkerungszahl – so wird es prognostiziert – in den kommenden Jahren rapide. Gibt es daher weniger Nachfrage für ein gleichbleibendes Angebot mit der Folge, dass die Mietpreise sinken? Weit gefehlt. Boomenden Regionen auf der einen Seite stehen auf der anderen Seite Regionen gegenüber, die von einem massiven Bevölkerungsrückgang betroffen sind. Trotzdem steigt in beiden Regionen die Wohnungsnachfrage tendenziell an, da der Trend zur Individualisierung immer mehr zu einer kleineren Personenzahl pro Wohneinheit führt.
Darum ist es wichtig, den Wohnungsbau in den Ballungszentren, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, zu stärken und die Initiative zur Schaffung von zusätzlichem studentischem Wohnraum fortzusetzen. Eine Zeit meines Studiums habe ich in Münster verbracht. Ich kann Ihnen eines sagen: Machen sie niemals den Fehler, eine Anzeige für ein freies WG-Zimmer aufzugeben. Als ich das einmal gemacht habe, dachte ich, vor dem Haus fände eine Demonstration statt, so groß war der Andrang.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Aber – auch das muss man an dieser Stelle sagen – es gibt Regionen, in denen die Bevölkerungszahl schrumpft. Die Leute sterben weg oder ziehen weg. Zurück bleiben Häuser und Wohnungen, die niemand braucht, niemand will und niemand nutzt. Sie stehen leer, obwohl sie in einem guten Zustand sind. Wenn wir nichts tun, werden sie verrotten. Es wäre aus meiner Sicht ein Trauerspiel, wenn unsere schönen und lebenswerten Dörfer, Kleinstädte und ländlichen Regionen eine solche Zukunft hätten. Deswegen müssen wir etwas unternehmen, damit unsere Dörfer und gerade die kleinen Städte im ländlichen Raum so lebenswert bleiben, wie sie es heute sind. Auf die entsprechenden Programme hat mein Kollege Dennis Rohde vorhin schon hingewiesen.
In meinem Heimatwahlkreis, dem Sauerland, in Südwestfalen – übrigens ist dies mittlerweile die größte Industrieregion von Nordrhein-Westfalen; hier schlägt heute das industrielle Herz von NRW –, ist das eine der größten Herausforderungen für die kommenden Jahre.
(Zuruf von der CDU/CSU: Warum wohl?)
Noch einmal zurück zu Ihren Anträgen. Herr Luczak, Sie sind vorhin auf die Überschriften eingegangen. Sie müssen aber auch einmal den Inhalt der Anträge betrachten. Ausführungen über „die monopolartige Dominanz des Privateigentums“ oder die Konservierung der herrschenden Verhältnisse mögen in Ihren Reihen, den Reihen der Linken, vielleicht bei dem einen oder anderen einen romantisierenden Seufzer des heraufzubeschwörenden Klassenkampfes hervorrufen, ändern aber nichts am Ergebnis.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Denn Phrasen bringen, ehrlich gesagt, keine Veränderungen.
In den kommenden Wochen werden wir als Große Koalition die entscheidenden Verbesserungen im Miet- und Maklerrecht umsetzen. Damit lösen wir eines unserer zentralen Wahlversprechen ein und zeigen, warum es die richtige Entscheidung der SPD war, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Endlich können wir das tun, was wir am besten können: die Lebenswirklichkeit der Menschen in diesem Land verbessern und Perspektiven schaffen.
(Beifall bei der SPD)
Zum Abschluss sage ich: Das ist insgesamt wesentlich mehr als die halbe Miete. Das sind Verbesserungen für Millionen von Menschen. Ich glaube, an dieser Stelle wäre auch Rudi Völler begeistert.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das war die erste Rede unseres Kollegen Dirk Wiese im Deutschen Bundestag. Wir wünschen ihm für seine parlamentarische Arbeit alles Gute.
(Beifall)
Die Frage, Herr Kollege Wiese, wo genau das industrielle Herz Nordrhein-Westfalens schlägt, wird wahrscheinlich noch weiter behandelt werden,
(Heiterkeit)
aber das kann ja in späteren Debatten erfolgen.
Ich erteile das Wort der Kollegin Yvonne Magwas, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3146731 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Mietenentwicklung und Wohnungsmarkt |