20.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 17 / Zusatzpunkt 5

Oliver KrischerDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde zur Zulassung von Genmais

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, es ist wichtig, hier in der Debatte einmal zu sagen, dass es ein Riesenerfolg ist, dass Deutschland frei von Agrogentechnik ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das haben wir aber nicht den Grünen zu verdanken!)

Diesen Erfolg, meine Damen und Herren, gäbe es nicht ohne das Gentechnikgesetz, ohne das von Renate Künast geschaffene Standortregister. Das ist die Grundlage dafür, dass wir in diesem Land keine Agrogentechnik haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Eben nicht! Künast hat sich auf der EU-Ebene genauso enthalten!)

Ich freue mich, dass das, was Grüne vor zehn Jahren vertreten haben, in der Politik inzwischen weitgehender Konsens ist.

Wenn man einmal in die Wahlprogramme, in die Regierungsprogramme schaut, dann muss man zur Kenntnis nehmen: Viereinhalb von fünf Parteien in diesem Haus wollen keine Gentechnik, wollen keine Agrogentechnik. Im Koalitionsvertrag findet sich eine eindeutige Aussage dazu. Man kann sie nur so verstehen, dass Sie selbstverständlich nichts zulassen wollen.

Jetzt passiert aber das Verrückte: Deutschland enthält sich in Brüssel bei der Abstimmung über den Genmais 1507 und ermöglicht so seine Zulassung.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht gar nicht! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unmöglich!)

Meine Damen und Herren, ich hätte erwartet, dass Sie für Mehrheiten kämpfen, dass Sie das, was in Deutschland Realität ist, europaweit möglich machen. Aber davon habe ich überhaupt nichts gemerkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Drobinski-Weiß, es ist ja schön, dass Sie hier die Kämpferin gegen Gentechnik mimen. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie hier so ehrlich gewesen wären wie im ARD-Morgenmagazin. Dort haben Sie gesagt, wie es wirklich ist – ich zitiere –: „Die Kanzlerin will den Genmais.“

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist falsch!)

Damit haben Sie zugegeben, dass es völlig egal ist, was in Wahlprogrammen, in Parteitagsbeschlüssen oder im Koalitionsvertrag steht. Am Ende zeigt Mutti, wo der Hammer hängt, und am Ende entscheidet sie: Wir wollen Gentechnik in Europa.

(René Röspel [SPD]: Da gibt es eine Richtlinienkompetenz der Kanzlerin! Das darf man auch nicht vergessen!)

Ich kann Ihnen von CDU/CSU und SPD nur sagen: Bei diesem Thema liegen Sie flach auf dem Boden. Das ist keine Koalition, das ist Kapitulation!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Anstatt jetzt aber zuzugeben: „Ja, allen schönen Worten zum Trotz haben wir das Thema versemmelt, jetzt kommt die Zwangsbeglückung mit Gentechnik“, kommen nur Ausflüchte. Jetzt sind Opt-out-Regelungen im Gespräch, die es den Ländern ermöglichen sollen, sich herauszuwinden. Das ist aber keine Lösung, schon allein deshalb nicht, weil Pollen über große Strecken durch die Luft fliegen können und bekanntlich vor Ländergrenzen keinen Halt machen. Sie sehen: Opt-out-Regelungen helfen uns nicht weiter. Wir brauchen ein flächendeckendes Verbot von Gentechnik. Darum müssen Sie sich kümmern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Opt-out-Regelung und all die anderen Vorhaben, die jetzt diskutiert werden, sind nicht nur von der Sache her, sondern auch juristisch absurd. Wir wollen keinen Flickenteppich in Europa und erst recht keinen Flickenteppich in Deutschland, der entsteht, wenn jedes Bundesland seine eigenen Regelungen trifft. Das macht überhaupt keinen Sinn.

Dahinter steckt Prinzip. Das haben wir beim Thema CCS schon einmal erlebt. Auch damals standen Sie unter dem Druck, Entscheidungen treffen zu müssen. Vor Ort haben Sie dann so getan, als seien Sie die größten Kritiker. Es wurde vereinbart, dass sich die Länder von den Regelungen verabschieden können. Juristisch ist das alles wackelig. Bei der Gentechnik wird es am Ende auch so sein: Es braucht nur einer zu klagen, dann kippen die Regelungen. Dann haben Sie mit Zitronen gehandelt und dem Schutz der Verbraucher vor Gentechnik einen absoluten Bärendienst erwiesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Thema setzt sich fort. Es geht nicht nur um Genmais 1507. Demnächst müssen wir darüber abstimmen, wie Honig gekennzeichnet werden soll. Es stellt sich die Frage: Gibt es die Möglichkeit, klar zu kennzeichnen, dass eine Honigsorte aus Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wird? Auch hier muss ich davon ausgehen, dass Sie wieder umfallen werden.

Ich mache mir die allergrößten Sorgen, wenn ich an das Freihandelsabkommen denke. Wenn Sie mit dieser Position und unter dem Druck, den die Kanzlerin ausübt, verhandeln, dann wird am Ende durch das Freihandelsabkommen der Gentechnik die Tür nach Europa geöffnet. Aber dagegen werden wir mit allem Nachdruck kämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Wir auch!)

Ich sage Ihnen zum Schluss: Weder die Menschen in unserem Land noch die Menschen in Europa wollen Agrogentechnik auf ihren Tellern. Wir werden dagegen ankämpfen, dass die Menschen durch den Pro-Gentechnik-Kurs von Angela Merkel, der nun auch öffentlich so benannt worden ist, zwangsbeglückt werden. Vielmehr sollen sie vor Gentechnik geschützt werden. Wir wollen in Deutschland weiterhin eine gentechnikfreie Landwirtschaft und eine gentechnikfreie Ernährung.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Kees de Vries das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3146951
Wahlperiode 18
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Zulassung von Genmais
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta