20.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 17 / Zusatzpunkt 5

Rita StockhofeCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Zulassung von Genmais

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Warum beschäftigen wir uns so intensiv und so gegensätzlich mit diesem Thema? Sicherlich tragen Umfragen wie die von Greenpeace ihren Teil dazu bei. Das Resultat: 88 Prozent der deutschen Bevölkerung sind gegen genmanipulierte Pflanzen in unserem Land;

(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Da gibt es auch andere, nicht nur von Greenpeace!)

das haben die Kollegin von der Linken und auch andere vorhin schon erwähnt.

Wie kam es zu diesem Ergebnis? Bei den Antwortmöglichkeiten gab es „Ja“, „Nein“, „Weiß nicht“. Viele von Ihnen haben sicherlich häufiger E-Mails in Ihrem Postfach, in denen zur Teilnahme an solchen Umfragen aufgefordert wird. Ich weiß nicht, wie Sie sich da verhalten – ich antworte nur dann, wenn ich meine Antwort begründen kann, weil ich finde: Alles andere ist unseriös.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nichtsdestotrotz ist es so, dass viele Menschen diesem Thema gegenüber kritisch sind. Woran liegt das? Viele Menschen sind unsicher. Woher kommt diese Unsicherheit? Wenn bei der Berlinale der Film Tante Hilda! gezeigt wird, der eine manipulierte Pflanze zeigt, die eigentlich der Bekämpfung des Welthungers dienen soll, dann aber zu einer Umweltkatastrophe beiträgt, schürt das Ängste.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie doch gleich den Herrn Kosslick verhaften!)

Ist es demgegenüber nicht besser, wenn wir sachlich fundierte Argumente bringen, um diese Unsicherheiten und Ängste zu nehmen?

Wenn dann noch der Vergleich mit der Atomenergie kommt, macht das die ganze Geschichte natürlich nicht besser. Es gibt über 1 000 wissenschaftlich fundierte Studien, die belegen, dass weder für Mensch und Tier noch für die Umwelt Risiken bestehen, wenn genveränderte Pflanzen angebaut oder konsumiert werden. Selbst das Verdauungssystem der Bienen ist analysiert worden, und sogar darüber gab es keine negativen Erkenntnisse.

Bereits seit 18 Jahren wird Gentechnik von Landwirten genutzt. Weder ein Mensch noch ein Tier oder die Natur sind in dieser Zeit dadurch zu Schaden gekommen. Auch Herr Ebner kennt sicherlich niemanden, der dadurch zu Schaden gekommen ist. Die wenigsten Menschen wissen, dass sie regelmäßig Produkte konsumieren, die gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten, und das, obwohl wir eine Kennzeichnungspflicht haben.

Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert werden, müssen nicht gekennzeichnet werden, und zwar deswegen, weil keine gentechnischen Veränderungen festgestellt werden können. Forscher aus München haben zwei Jahre lang Kühe mit gentechnisch verändertem Mais gefüttert, in der Milch aber keine gentechnischen Veränderungen festgestellt. Somit findet auch hier keine Kennzeichnung statt.

Über 80 Prozent des Sojas, das weltweit hergestellt wird, ist gentechnisch verändert. Da Soja ein wichtiger Proteinlieferant ist, ist es Bestandteil nahezu jeder Futterration von Schweinen. Auch in der Rinderhaltung wird es regelmäßig eingesetzt. Zur Geflügelhaltung, in der das nicht gemacht werden soll, ist vorgestern eine Pressemitteilung herausgegeben worden, dass gar nicht genug GVO-freies Soja zur Verfügung steht, um das Geflügel gentechnikfrei zu ernähren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir alle essen also bereits seit Jahren genveränderte Lebensmittel, egal ob aus konventioneller Erzeugung oder aus der Biobranche. Bioanbieter nutzen häufig die CMS-Technik. Dabei werden nützliche Gene zwischen Arten transferiert. Biochicorée enthält beispielsweise die Erbsubstanz der Sonnenblume und Brokkoli Gene des japanischen Rettichs. Das hat nichts mit einer Wertung zu tun; das ist einfach Realität.

Enzyme, Hefen und Geschmacksstoffe werden ebenfalls gentechnisch hergestellt. Wenn wir nun die Forschung anderen Ländern überlassen, stehlen wir uns aus der Verantwortung und vertun Chancen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es kann doch nicht sein, dass die Angst, die aus Unsicherheit und mangelnder Aufklärung entsteht, über der Vernunft steht, die auf einem fundierten Forschungsergebnis beruht. Ein Artikel aus der Zeit Online trifft den Nagel auf den Kopf mit der Aussage – Zitat –:

In der Medizin sind genveränderte Produkte mittlerweile anerkannt.

(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das ist die Rote Gentechnik!)

Das war nicht immer so. Aber durch den großen Nutzen bei der Behandlung von Krankheiten ist die Akzeptanz in den Köpfen der Bevölkerung angekommen. Als bekanntes Beispiel möchte ich Insulin nennen. Aus diesem Grund haben wir die Möglichkeit, diese Medikamente nun in Deutschland selber herzustellen und auch weiterzuentwickeln. Diese Chance haben wir in der Grünen Gentechnik nicht.

Mittlerweile gibt es gentechnisch veränderte Lebensmittel wie den Goldenen Reis, die Krankheiten vorbeugen können. Durch die Aufnahme von Vitamin A in diesen speziellen Reis können Sehstörungen und Blindheit, die in Asien häufig durch Vitamin-A-Mangel ausgelöst werden, vermieden werden.

Hier sind wir jetzt bei einem neuen Thema, dem Welthunger. Es gibt keine einheitliche Meinung, die besagt, dass der Welthunger durch genveränderte Pflanzen bekämpft werden kann. Aber die Chance dazu sollten wir uns offenhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir in Deutschland haben Lebensmittel im Überfluss. Das ist nicht selbstverständlich, und das ist auch nicht überall so, im Gegenteil.

Abschließend möchte ich festhalten: Ich bin davon überzeugt, dass wir es uns nicht leisten können, die Gentechnik zu ignorieren, auch im Hinblick auf die rapide wachsende Weltbevölkerung. Es muss selbstverständlich sein, dass wir verantwortungsvoll damit umgehen. Dazu könnte eine neue transparente Kennzeichnungspflicht beitragen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kollegin Stockhofe, das war Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag. Wir gratulieren Ihnen dazu herzlich und wünschen Ihnen Erfolg in Ihrer Arbeit.

(Beifall)

Das Wort hat der Kollege Hermann Färber für die CDU/CSU-Fraktion.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3146997
Wahlperiode 18
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Zulassung von Genmais
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