Andreas LenzCDU/CSU - Einsetzung des Beirats für nachhaltige Entwicklung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es schon gehört: Zum vierten Mal setzen wir heute den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung ein. Gibt man in der Suchmaschine Google den Begriff „Nachhaltigkeit“ ein, erscheinen ungefähr 6 590 000 Treffer. Gibt man den englischen Begriff „Sustainability“ ein, erscheinen gar 38 Millionen Treffer.
Das sind Zahlen, die man sonst nur von Haushaltsberatungen gewohnt ist, die aber auch zeigen, dass der Begriff Relevanz hat, auch wenn er mittlerweile, wie wir schon gehört haben, inflationär verwendet wird.
Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich – wir wissen es alle – aus der Forstwirtschaft und beschreibt hier den Umstand, dass der Natur auf Dauer nicht mehr Ressourcen entnommen werden können, als sie imstande ist, selbst zu reproduzieren. Im sogenannten Brundtland-Bericht von 1987 wird Nachhaltigkeit als dann gegeben betrachtet, wenn die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die zukünftigen Generationen zu gefährden. Die Konferenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro 1992 definierte Nachhaltigkeit als ein Gleichgewicht unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Faktoren. Diese Definition ist mittlerweile sehr weit verbreitet. Sie ist jedoch auch in ihren Zielkonflikten zu verstehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Beirat für nachhaltige Entwicklung übernimmt seit 2001 die langfristig angelegte Aufgabe, die nationale Nachhaltigkeitsstrategie dauerhaft parlamentarisch zu begleiten. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist die Nachhaltigkeitsprüfung bei Gesetzesfolgenabschätzungen. Der Beirat prüft sämtliche Gesetzentwürfe und Verordnungen der Bundesregierung unmittelbar nach Zuleitung an den Bundesrat auf ihre Nachhaltigkeit.
Schauen wir uns einige politische Handlungsfelder im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung an. Zunächst einmal ist die finanzielle Nachhaltigkeit zu erwähnen. Gerade die Haushaltskonsolidierung kann als Teil einer nachhaltigen Politik für die folgende Generation verstanden werden. Hier leisten wir mit der Vorlage eines ausgeglichenen Haushalts ab 2015 einen wichtigen Beitrag.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Im Übrigen ist hier ein gesellschaftlicher Prozess zu spüren, der eine nachhaltige Haushaltspolitik ausdrücklich unterstützt.
Nachhaltigkeit heißt aber auch Ressourcenschonung. Ein wichtiges Thema diesbezüglich ist der Flächenverbrauch, der immer noch zu hoch ist. So werden in Deutschland täglich rund 80 Hektar – das sind circa 120 Fußballfelder – neu versiegelt.
Ein weiteres Handlungsfeld ist die Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Unser Land ist hier bereits sehr gut aufgestellt und genießt weltweit hohes Ansehen. Müll ist in Deutschland eine wichtige Ressource.
Lassen Sie mich das Potenzial, das wir hier haben, am Beispiel der Handyaltgeräte aufzeigen. In Deutschland liegen rund 106 Millionen Handyaltgeräte in den Schubladen der Bundesbürger. Diese Geräte enthalten viele wertvolle Rohstoffe wie Gold, Silber, Palladium oder Kupfer. Bei diesen besagten 106 Millionen Handys sind dies 3 Tonnen Gold, 30 Tonnen Silber, 1 900 Tonnen Kupfer, 151 Tonnen Aluminium und 105 Tonnen Zinn. Hinzu kommen Seltene Erden, die sonst in hohem Maße auf anderen Wegen beschafft werden müssen. Das bedeutet: Wir müssen das Potenzial der Kreislaufwirtschaft noch stärker nutzen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber auch der Verbraucher hat mit seiner Kaufentscheidung enormen Einfluss darauf, welche Produkte sich auf dem Markt behaupten. Es wird deswegen künftig noch stärker darauf ankommen, das Bewusstsein für nachhaltige Produkte zu schärfen. Dies kann auch durch mehr Transparenz – Stichwort „Kennzeichnung“ – geschehen.
Da es um die Zukunft der nächsten Generation geht, beinhaltet eine nachhaltig angelegte Politik immer auch eine moralische Komponente. Jede Nachhaltigkeit braucht ein Stück weit Gemeinsinn und – vor allem deshalb, weil sie in die Zukunft gerichtet ist – Verantwortung. Nachhaltigkeit bedeutet auch Rücksicht auf die kommenden Generationen und ein Hintanstellen egoistischer und kurzfristiger Bedürfnisse. Vielleicht heißt nachhaltiges Wirtschaften auch ein Stück weit Verzicht.
Für die Arbeit des Parlamentarischen Beirats für Nachhaltigkeit wird weiterhin entscheidend sein, dass wir uns über die Fraktionsgrenzen hinweg auf langfristige Ziele verständigen. Dass dies zeitintensiv ist, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Aber, ich glaube, es lohnt sich, dass wir miteinander um diesen Konsens ringen.
Ich habe heute im Laufe des Tages mitgezählt, wie oft das Wort „Nachhaltigkeit“ vor dieser Debatte verwendet wurde und bin auf 25 Mal gekommen. Daran sieht man – das wurde ja schon gesagt –, wie inflationär das Wort verwendet wird, aber auch, wie wichtig das Wort ist. „ Nachhaltigkeit“ ist ohne Zweifel ein Modewort geworden, auch ein Schlagwort, und manchmal ist es, wie wir gehört haben, eine Worthülse.
Lassen Sie uns versuchen, den Begriff mit neuem Leben zu füllen. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit im Beirat mit nachhaltigen Ergebnissen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Einsetzung des Beirats für nachhaltige Entwicklung |