Uwe FeilerCDU/CSU - Strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn man durch die öffentliche Berichterstattung der vergangenen Wochen einen anderen Eindruck gewinnen könnte, schicke ich eines vorweg: Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sind kein Volk von potenziellen Steuerhinterziehern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bis auf wenige Ausnahmen zahlen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Rentnerinnen und Rentner, die Unternehmerinnen und Unternehmer und, Herr Ernst, auch Vermögende in Deutschland brav ihre Steuern. Das kann ich Ihnen aus meiner 28-jährigen Tätigkeit in der Finanzverwaltung versichern. Das sagen aber auch alle Statistiken. Damit versetzen die Bürgerinnen und Bürger nicht zuletzt uns als Abgeordnete in die Lage, mit ihrem Geld die Aufgaben des Staates zu finanzieren. Gerade deshalb ist es ja wichtig, dass alle ihren Beitrag dafür leisten.
Jeder Steuerpflichtige muss bei der Steuererklärung versichern, dass seine Angaben richtig und vollständig sind. Die Finanzbehörden haben diesen Angaben, soweit sie schlüssig und glaubhaft sind, zu folgen. Diejenigen, die sich nicht an die steuerlichen Vorschriften halten, unrichtige oder unvollständige Angaben machen und dadurch Steuern verkürzen, begehen eine Straftat. Diese Straftat muss – das ist in diesem Hause unstreitig – verfolgt und geahndet werden, so man sie denn erkennt.
Aber genau hier liegt das Problem. Wie in kaum einem anderen Rechtsgebiet ist der Staat bei der Steuerfestsetzung auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen angewiesen. Straftaten müssen folglich erkannt und die strafbare Handlung des Täters nebst der Besteuerungsgrundlagen ausermittelt werden. Das erfordert Zeit, enormen Aufwand und vor allem qualifiziertes Personal in unseren Finanzämtern. Dabei stellt das Delikt der Steuerhinterziehung durch das Verschweigen etwaiger Zinseinkünfte nur einen kleinen Ausschnitt aus der Bandbreite möglicher Fallgestaltungen dar.
Das Institut der strafbefreienden Selbstanzeige wurde vor knapp 100 Jahren eingeführt, um dem Steuerhinterzieher unter tätiger Reue den Weg zurück in die Gemeinschaft der ehrlichen Steuerzahler zu ermöglichen. Sie ist aber auch – das muss man ehrlicherweise dazusagen – eine deutliche Arbeitserleichterung für die Finanzbehörden. Meinem Heimatland Brandenburg bescherten diese Selbstanzeigen immerhin zusätzliche Einnahmen von knapp 4,2 Millionen Euro seit dem Jahr 2010. Da mutet es schon seltsam an, dass das von einem linken Minister geführte Finanzministerium in Brandenburg öffentlich eine neue Rekordzahl von Selbstanzeigen feiert, das Geld gerne nimmt und gleichzeitig die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige fordert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unsere Abgabenordnung eröffnet dem Steuerpflichtigen nach § 371 die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige unter gewissen Bedingungen. So muss für den nicht verjährten Zeitraum die Steuer verzinst, nachentrichtet und ein etwaiger Strafaufschlag nach § 398 a der Abgabenordnung bezahlt werden. Der Ankauf von Steuer-CDs hat zweifelsohne den Druck auf die Täter erhöht und ist in Fällen, in denen kein automatischer Informationsaustausch von Steuerdaten möglich ist, auch vertretbar. Dennoch bleibt hier ein hoher Ermittlungsaufwand bestehen.
Was würde eigentlich passieren, wenn wir die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige gänzlich abschaffen würden? Das kann man sich gut am Beispiel des gescheiterten Steuerabkommens mit der Schweiz vor Augen führen. Ich bitte bereits jetzt um Nachsicht für das von mir verwendete Bild des Staates als Fischer.
Mit diesem Abkommen wäre es möglich gewesen, mit einem großen Schleppnetz alle Fische zu fangen, zugegeben zum Preis der Straffreiheit und zum Preis, die Fische nicht einzeln beim Namen zu kennen. Dieses Netz wurde gekappt. Nicht zuletzt mit dem Kescher der Selbstanzeige wurden immerhin noch einzelne, mitunter auch große Fische gefangen. Diesen Kescher wollen Sie von der Linken nun auch noch über Bord werfen. Stattdessen wollen Sie es mit der Angelrute versuchen und darauf hoffen, dass ein Fisch anbeißt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da kann ich Ihnen nur viel Glück wünschen; die Ausbeute wird wesentlich schlechter sein.
Wir sollten uns vielmehr darüber unterhalten, wie wir das Mittel der Selbstanzeige modifizieren können. Ich könnte mir vorstellen, den Zeitraum, für den sich der Steuersünder zu erklären hat, auszuweiten. Wichtig wäre auch, den Aufschlag nach § 398 a AO zu erhöhen, um zu vermeiden, dass der von vornherein ehrliche Steuerzahler schlechter gestellt wird als derjenige, der sich selbst anzeigt und darauf vertraut, durch die Verjährung trotz des Aufschlages einen finanziellen Vorteil zu erlangen.
Der Vorschlag der Linksfraktion ist in meinen Augen vollkommen ungeeignet, die Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit zu erhöhen, die Einnahmen zu sichern und die Finanzbehörden in ihrer Arbeit zu unterstützen. Verlassen Sie daher Ihren Irrweg, denn – frei nach Erich Kästner – nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3147230 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 17 |
Tagesordnungspunkt | Strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung |