20.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 17 / Tagesordnungspunkt 11

Herlind GundelachCDU/CSU - Energiewende im Gebäudebereich

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, der sich wie ein Wunschkatalog kurz vor Weihnachten liest. Das ist das gute Recht der Opposition; denn sie muss sich in der Regel über die Finanzierung keine Gedanken machen. Ob das allerdings zu einer höheren Akzeptanz bei den Wählern führt, wage ich in diesem Punkt zu bezweifeln.

Wir als Koalition von CDU/CSU und SPD tragen die Gesamtverantwortung, und das heißt für uns – für uns in der CDU/CSU ganz besonders –, dass wir nicht mehr Geld ausgeben wollen, als wir einnehmen. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, würden vermutlich sagen – das haben Sie vor der Wahl auch ausreichend getan –: Lassen Sie uns doch einfach mehr einnehmen, dann können wir auch mehr ausgeben.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie geben einfach nur mehr aus!)

Das aber ist nicht unsere Politik. Wir wollen weder unseren Bürgern noch unserer Wirtschaft höhere steuerliche Belastungen zumuten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun aber zu Ihrem Antrag. Unter Ihren Forderungen findet sich der Wunsch nach einer steuerlichen Förderung der energetischen Modernisierung als zusätzlicher Anreiz. Meine Damen und Herren von den Grünen, es zeugt schon von einer ganz besonderen Chuzpe, dass gerade Sie die steuerliche Förderung als einen der Königswege fordern, nachdem Sie in der vergangenen Legislaturperiode alles dazu beigetragen haben, diese im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss durch immer neue Forderungen an die Wand fahren zu lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht! Wir haben den Antrag eingebracht, und Sie haben dagegen gestimmt!)

Wir waren schon immer der Auffassung, dass die steuerliche Förderung einer der erfolgversprechendsten Wege ist. Aber wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt – das hat in den Verhandlungen auch eine ganz erhebliche Rolle gespielt –, dass wir keine Steuererhöhungen wollen. Die Kehrseite davon ist allerdings, dass wir uns auch keine Steuermindereinnahmen leisten können, wenn wir unsere politischen Vorhaben nicht gefährden wollen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir den Pfad der steuerlichen Förderung wieder betreten wollen, sobald finanzielle Spielräume dies zulassen. Ich jedenfalls werde mich dafür einsetzen.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir alle in diesem Hause sind uns darin einig, dass die Energieeffizienz neben dem Ausbau der Erneuerbaren eine tragende Säule der Energiewende ist. Deshalb werden wir noch in diesem Sommer, wie die Vertreterin der Bundesregierung gestern im Ausschuss vorgetragen hat, unsere Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Effizienzrichtlinie vorlegen.

Wir sind uns in der Koalition auch darüber einig, dass wir in unserer Politik und unseren Maßnahmen der Steigerung der Energieeffizienz noch mehr Gewicht beimessen wollen; denn wie wir alle wissen, sind die Einsparpotenziale vor allem im Gebäudebereich riesig. Daher wollen wir neben der sachgerechten Umsetzung der EU- Energieeffizienz-Richtlinie Märkte für Energieeffizienz entwickeln, 2014 einen Nationalen Aktionsplan für Energieeffizienz erarbeiten, die KfW-Programme verstetigen und vor allem auch vereinfachen, eine fundierte und unabhängige Energieberatung ermöglichen und selbstverständlich auch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz im Einklang mit der Energieeinsparverordnung fortentwickeln.

Dabei ist für uns wichtig, dass wir ohne ordnungsrechtlichen Zwang und ohne Eingriff in Eigentum fördern; denn das geht nach hinten los, wie wir alle wissen. Eine Steigerung der Sanierungsrate ist damit jedenfalls nicht verbunden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lassen Sie mich auf einen Punkt zu sprechen kommen, den Sie gerade angesprochen haben und der für mich als ehemalige Wissenschaftspolitikerin von ganz besonderer Bedeutung ist. Wir müssen auch in der Forschungspolitik einen Schwerpunkt auf die Förderung von Effizienztechnologien und Innovationen legen. Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Forschungsprogramme aus den letzten Legislaturperioden zielgerichtet fortführen. Präferenzen für eine bestimmte Technik oder Zwang hemmen Investitionen, statt sie zu fördern.

Genau so haben wir in den letzten Jahren mit unseren Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz bereits viel erreicht. Betrachten wir beispielsweise den Zeitraum von 2008 bis 2011: In diesen Jahren haben wir die Energieeffizienz um durchschnittlich 2 Prozent pro Jahr verbessert und liegen damit nur knapp unter der Zielmarke von 2,1 Prozent. Wir haben dafür das energetische Gebäudesanierungsprogramm ausgebaut und jährlich 1,8 Milliarden Euro an Fördermitteln zur Verfügung gestellt. Das war so viel wie bei keiner Regierung zuvor. Dieses Programm werden wir aufstocken, verstetigen und vor allem deutlich vereinfachen. Auch darauf haben wir uns im Koalitionsvertrag verständigt.

Im Rahmen dieser Förderung wurden zum Beispiel auch Einzelmaßnahmen wie Heizungserneuerungen gefördert. In Anbetracht der Kosten für eine umfassende Sanierung eines durchschnittlichen Einfamilienhauses von circa 60 000 bis 75 000 Euro ist dies ein ganz wichtiger Punkt. Denn setzen wir bei der Gebäudesanierung den bisherigen Hebel von 1 : 12 an, haben wir damit Energieeffizienzinvestitionen in Höhe von 21 Milliarden Euro angeschoben.

Wir haben außerdem das Mietrecht angepasst, um dem sogenannten Vermieter-Mieter-Dilemma zu begegnen. So konnten wir sowohl erreichen, dass den Eigentümern das energieintensive Sanieren erleichtert wird, als auch, dass die Mieter über sinkende Nebenkosten von energetischen Sanierungsmaßnahmen profitieren und nicht überfordert werden.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Trotzdem steigen die Heizkosten!)

Bei einer Mieterquote von 57 Prozent in Deutschland war diese Mietrechtsanpassung von enormer Bedeutung.

Lassen Sie mich aber noch einen weiteren Punkt Ihres Antrags ansprechen. Sie fordern auch ein weiteres KfWProgramm. Wissen Sie, wie viele Programme zur Förderung der Erneuerbaren und der Energieeffizienz es bereits gibt? Allein in der Datenbank des Bundeswirtschaftsministers finden Sie 180 Programme von EU, Bund und Ländern.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotzdem passiert nichts!)

Laut einer kürzlich erfolgten Umfrage vom Dachverband Deutscher Immobilienverwalter und der KfW führt dies dazu, dass eine hohe Prozentzahl der Eigentümer genau wegen dieser Fülle von Programmen und der komplizierten Antragstellung keine Förderung in Anspruch nimmt. Deswegen wollen wir hier für mehr Vereinfachung und mehr Übersichtlichkeit sorgen.

Außerdem fordern Sie eine Absenkung der möglichen maximalen Erhöhung des Mietzinses von 11 auf 9 Prozent nach einer Sanierung. Vor der Mietrechtsnovelle in der letzten Legislaturperiode hatten wir immensen Sanierungsstau. Es war für Eigentümer schlichtweg unmöglich, eine energetische Sanierung wirtschaftlich durchzuführen; denn es gab geradezu absurde Regelungen, welche zum Beispiel eine Mietminderung durch den Mieter von bis zu 50 Prozent zuließen, wenn im Sommer während der energetischen Modernisierung die Heizung nicht richtig funktionierte. Daher war unsere Mietrechtsnovelle dringend geboten. Wir haben diese auch sozialverträglich ausgestaltet, beispielsweise durch Härtefallregelungen, um sicherzustellen, dass sich die Mieter auch nach der Sanierung ihre Wohnung noch leisten können.

Eine maßvolle und gerechtfertigte Mietzinsanpassung nach einer Sanierung steht dazu nicht im Widerspruch. Zahlreiche Studien belegen, dass sanierungsbedürftige Mehrfamilienhäuser durchaus warmmietenneutral saniert werden können; denn eine Mieterhöhung wird durch Einsparungen bei den Nebenkosten weitestgehend ausgeglichen. Das gilt im Übrigen nicht nur für Einzelobjekte, sondern auch für ganze Quartiere, wie wir in Hamburg-Wilhelmsburg – Wilhelmsburg ist ein Stadtteil mit einem sehr geringen Durchschnittseinkommen – durch ein Projekt im Rahmen der Internationalen Bauausstellung im vergangenen Jahr unter Beweis gestellt haben.

Eine erneute Absenkung der zulässigen maximalen Mieterhöhung würde sich erneut als Hemmschuh erweisen, da viele Eigentümer schlichtweg befürchten müssten, wieder alleine für die Kosten einer energetischen Sanierung aufkommen zu müssen. Darüber hinaus zeichnen Sie ein Bild von deutschen Vermietern, das schlichtweg falsch ist. Entgegen der häufigen Darstellung sind diese eben keine Spekulanten. In der Praxis werden Mieten nach einer Sanierung durchschnittlich um circa 80 Cent pro Quadratmeter angehoben. Durch eine energetische Sanierung kann ein durchschnittlicher Haushalt bis zu 1 000 Euro Nebenkosten im Jahr einsparen.

Eine erneute Anpassung des Mietrechts ist also nicht erforderlich und wäre aus unserer Sicht auch kontraproduktiv.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das machen Sie doch!)

Es gibt bei der energetischen Sanierung und bei der Energieeffizienz keinen Königsweg. Wir müssen neben standardisierten Methoden individuelle und angepasste Lösungen finden und zulassen. Wir müssen dabei vor allem offenbleiben für Fortschritt und Innovation. Damit unterstützen wir zugleich unsere mittelständische Wirtschaft; denn sie ist der Innovationstreiber in unserer Gesellschaft.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Frau Kollegin Dr. Gundelach, das war Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag. Ich beglückwünsche Sie dazu, insbesondere zum Zeitmanagement, und wünsche Ihnen weitere erfolgreiche Reden hier im Hohen Hause.

(Beifall)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Heidrun Bluhm, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3147297
Wahlperiode 18
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Energiewende im Gebäudebereich
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