20.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 17 / Tagesordnungspunkt 14

Jeannine PflugradtSPD - Schulobstgesetz

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Verabschiedung des deutschen Schulobstgesetzes Ende September 2009 fand Deutschland eine Antwort auf das von der Europäischen Union eingeführte Schulobstprogramm. Das Schulobstgesetz ist die Voraussetzung dafür, dass sich deutsche Schulen an dem von der EU mitfinanzierten Programm beteiligen können. In Deutschland sind, wie schon erwähnt, die Bundesländer für die Umsetzung des Programms zuständig. Momentan beteiligen sich sieben Bundesländer – Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen- Anhalt und Thüringen – am EU-Schulobstprogramm. Ab dem Schuljahr 2014/2015 wird voraussichtlich Niedersachsen in das Programm mit einsteigen.

Heute sprechen wir über das Schulobstgesetz, weil die EU ab 2014 die Mittel für das Schulobstprogramm für alle Mitgliedstaaten auf 150 Millionen Euro erhöht. Das sind 60 Millionen Euro mehr als im vorigen Jahr; das ist eine ganze Menge. Für Deutschland werden für das nächste Schuljahr voraussichtlich 19,7 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Die EU übernimmt 75 Prozent der Kofinanzierung statt bisher 50 Prozent. Der Eigenanteil der Länder sinkt somit auf – in Anführungszeichen – „nur noch“ 25 Prozent.

Damit die Mitgliedstaaten von den Änderungen auf EU-Ebene profitieren können, wurde die Frist für die Einreichung der Strategien von Ende Januar 2014 auf Ende April 2014 verschoben. Der vorliegende Gesetzentwurf des Bundesrates nimmt diese Neuerungen auf und passt sie an das deutsche Recht an. Bis zum 3. April dieses Jahres haben die Bundesländer nun noch Zeit, ihr Interesse beim Bundesministerium zu bekunden. Bis Ende April muss der Bund schließlich seine regionale Strategie bei der EU-Kommission eingereicht haben. Ohne die vorgeschlagenen Veränderungen könnten die teilnehmenden Bundesländer die erwartete Erhöhung des Kofinanzierungsanteils nicht in Anspruch nehmen.

Zusätzlich enthält der vorliegende Entwurf eine Verordnungsermächtigung für das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das in Zukunft durch Rechtsverordnung auf solche Mittel- und Friständerungen der EU zeitnah reagieren soll. Die zur Verfügung gestellten Mittel sollen für den Ankauf von Obst und Gemüse und dessen Verteilung an Schulen, Kindergärten und anderen Vorschuleinrichtungen sowie – ganz wichtig – für begleitende Informationsmaßnahmen verwendet werden.

Ziel ist eine dauerhafte Erhöhung des Konsums von Obst und Gemüse bei Kindern, um einen Beitrag zur gesunden Ernährung zu leisten. Momentan haben 1,9 Millionen Kinder in Deutschland Übergewicht. Meine Damen und Herren, das ist eine besorgniserregende und, wie ich finde, eine erschreckende Zahl.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Neben dem Angebot einer gesunden Ernährung müssen deshalb auch die Ernährungsbildung verbessert und vor allem das Bewegungsangebot optimiert werden; denn das Wissen um eine ausgewogene Ernährung allein reicht nicht aus, um das tatsächliche Ernährungsverhalten zu verändern. Beispielsweise sollten die Kinder lernen, woher die Nahrung kommt, die gerade verzehrt wird, wie gesunde und ausgeglichene Ernährung funktioniert oder wie mit Lebensmitteln umgegangen werden soll.

90 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer, der Schulleiterinnen und Schulleiter der in Deutschland beteiligten Schulen sagen übereinstimmend, dass ein Schulobstprogramm ohne große Probleme in den Schulalltag integriert werden kann. Wichtig ist jedoch ein kostenfreies Angebot für die Kinder, damit niemand aus sozialen Gründen ausgeschlossen wird.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein gemeinschaftlicher Verzehr beeinflusst maßgeblich sowohl das Zusammengehörigkeitsgefühl als auch die Denkweise über die Ernährung. Ich persönlich halte gesunde Essgewohnheiten von klein auf für enorm wichtig und auch für eine Grundlage für einen gesunden Lebensstil. Obst und Gemüse sind dabei unentbehrlich für eine vollwertige und ausgeglichene Ernährung. Diese Lebensmittel enthalten neben Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen sowie Kohlenhydraten auch einen hohen Wasseranteil. Ein hoher Verzehr von Obst und Gemüse hat eine positive Wirkung bei der Vorbeugung von zahlreichen Erkrankungen.

Schulobstprogramme können und sollen einen direkten Einfluss auf die Ernährungsgewohnheiten der Schüler nehmen. Sie sollen helfen, Kindern Obst und Gemüse schmackhaft zu machen. Gerade in der heutigen Zeit ist die Schule auch ein Lernort für gesellschaftliche Aufgaben geworden. Schulen müssen mehr Verantwortung übernehmen, da viele Eltern sich leider aus dieser Verantwortung aus den verschiedensten Gründen zurückziehen. Wertevorstellungen werden nicht nur von den Eltern weitergegeben, sondern auch von Lehrern und Mitschülern. Wenn in einer Familie nicht regelmäßig Obst und Gemüse auf dem Tisch stehen, kann der Verzehr als geplante Routine während der Schulzeit neue Essgewohnheiten schaffen.

Durch die Einführung von Schulobstprogrammen übernimmt der Staat eine wichtige Mitverantwortung für eine gesunde Ernährung von Schulkindern. Deshalb sehe ich auch den Vorschlag der EU-Kommission zur Zusammenlegung der beiden EU-Programme „Schulobst“ und „Schulmilch“ sehr positiv. Wie Sie bereits wissen, haben die ersten Beratungen im Europäischen Rat stattgefunden. Es wird vorgeschlagen, einen gemeinsamen rechtlichen und finanziellen Rahmen für die Verteilung von Obst und Gemüse sowie Milch an Schulkinder zu generieren und durch verstärkte pädagogische Maßnahmen zu unterstützen. Die bereitgestellten Mittel sind sicherlich nicht ausreichend, um das Gesamtproblem von Übergewicht und Fettleibigkeit in den Griff zu bekommen. Programme wie die Verteilung von Obst, Gemüse und Milch an Schulen sind da sicherlich nur ein Anstoß. Aber dieser ist meiner Meinung nach sehr wichtig.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich appelliere hier an dieser Stelle an alle Bundesländer, sich an diesem für unsere Kinder und Jugendlichen sehr wichtigen Programm zu beteiligen. Und an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, appelliere ich, sich in Ihrem jeweiligen Bundesland und Wahlkreis über dieses – gute – Programm weiter intensiv zu informieren.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir müssen heute dieses Geld in unsere Kinder investieren; denn dadurch minimieren wir unkalkulierbare hohe Kosten aufgrund gesundheitlicher Probleme unserer Mitmenschen, die unsere Gesellschaft auf Dauer belasten können. Nur gesunde Kinder sind leistungsfähig, und die Wahrscheinlichkeit, ein dauerhafter Leistungsempfänger zu werden, sinkt durch eine gesunde Ernährung.

Einen persönlichen Wunsch habe ich anschließend: Lassen Sie uns gemeinsam nach Wegen suchen, dieses Programm zu erweitern, und beziehen wir die vielen Sportvereine ein. In diesen Sportvereinen betätigen sich die Kinder in ihrer Freizeit oder im Rahmen von Ganztagsschulen. Auch das fördert ihre Gesundheit.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Frau Kollegin Pflugradt, das war Ihre erste Rede hier im Deutschen Bundestag. Meinen Glückwunsch dazu! Ich wünsche Ihnen, dass Sie hier zahlreiche weitere Reden halten können.

(Beifall)

Nächster Redner ist der Kollege Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/Die Grünen.

(Abg. Jeannine Pflugradt [SPD] nimmt Glückwünsche entgegen – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Solange die Redezeit noch nicht läuft!)

– Die Glückwünsche werden noch abgewickelt und minimieren nicht die Redezeit. –

(Heiterkeit)

Ich würde vorschlagen, dass wir jetzt doch starten, Herr Kollege Ostendorff.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3147355
Wahlperiode 18
Sitzung 17
Tagesordnungspunkt Schulobstgesetz
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta