21.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 18 / Tagesordnungspunkt 16

Sonja SteffenSPD - Abgeordnetengesetz, Abgeordnetenbestechung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es gibt eine Frage, die in Deutschland selten gestellt und noch seltener ehrlich beantwortet wird. Das ist die Frage: Und was verdienst du? Nach einer Umfrage, dem Gehaltsreport des manager magazins, weiß nicht einmal jeder Fünfte, was seine Kollegen verdienen. Je höher die Hierarchiestufe, desto wortkarger werden die Menschen. Das ist kein Wunder: Wer über dem Schnitt verdient, fürchtet den Neid der anderen, und wer weniger verdient, der schämt sich vielleicht. Hinzu kommt, dass die Gehaltsstrukturen oftmals als sehr ungerecht empfunden werden. Häufig heißt es: Wer laut genug schreit, der bekommt auch was. So können sogar Gehälter für die gleiche Tätigkeit stark variieren.

In Bezug auf die Gehälter der Abgeordneten gilt jedoch etwas völlig anderes: Das Grundgesetz verpflichtet uns selbst, in eigener Sache zu entscheiden. Das demokratische Prinzip verlangt, dass der gesamte Willensbildungsprozess für den Bürger durchschaubar ist und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen wird. Dies ist nämlich die einzig wirksame Kontrolle in diesem Zusammenhang.

Frau Sitte, ich bin der Meinung, wir gewähren diese Transparenz. Sie haben selber darauf hingewiesen: Wir haben 2011 eine unabhängige Kommission eingerichtet, in die übrigens auch von der Linken und den Grünen benannte Experten entsandt wurden. Alle Fraktionen haben Experten für die Kommission benannt. Diese Kommission hat dieses Thema ausführlich, mehrere Jahre lang, erörtert und eine Empfehlung für die Abgeordnetenentschädigung erarbeitet. Von einer „heißen Kartoffel“ kann man in dem Zusammenhang nicht reden.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

In der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf wurde intensiv diskutiert. Wir beraten ihn heute in zweiter und dritter Lesung zu prominenter Stunde.

Selbstverständlich und völlig zu Recht schauen die Bürger kritisch auf unsere Pläne. Schnell, aber auch verständlicherweise wird der Ruf laut, dass das Parlament ein Selbstbedienungsladen sei. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht in seinem sogenannten Diätenurteil betont, dass diese häufig kritisierte Entscheidung in eigener Sache zwingend ist, genauso wie die Transparenz. Das kann uns niemand abnehmen. Das führt aber dazu, dass die Bevölkerung – ebenfalls zu Recht – über die angemessene Höhe der Abgeordnetenentschädigung diskutiert. Schließlich geht es bei dieser Frage auch um die Verteilung von Steuergeldern.

Ich will den Blick auf die einzige Vorschrift im Grundgesetz lenken, die sich damit beschäftigt. Das ist der Art. 48. Hier heißt es:

Die wichtige Frage, die wir uns beantworten müssen, lautet also: Was ist angemessen, und was ist die Unabhängigkeit sichernd?

Im 19. Jahrhundert herrschte übrigens die Auffassung, dass das Abgeordnetenmandat selbstverständlich ein unbezahltes Ehrenamt sei. Wenn dies heute noch so wäre, dann hätten wir diese Debatte nicht. Aber dann könnten sich nur richtig Wohlhabende ein Mandat leisten, und das will in unserer modernen Demokratie wohl niemand.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])

Im Laufe der Zeit ist also eine Vollalimentation der Abgeordneten aus der Staatskasse entstanden. Auf die mit dem Mandat verbundenen zeitlichen und auch inhaltlichen Belastungen möchte ich an dieser Stelle nicht mehr eingehen; das haben meine Kollegen Herr Uhl und auch Herr Kaster bereits gemacht. Auch in der ersten Lesung ist dies schon angesprochen worden.

Eine Orientierung an den Einkommen in der Privatwirtschaft, vielleicht mit Blick auf Geschäftsführergehälter, kann allein aufgrund der dort vorhandenen Einkommensunterschiede nicht erfolgen. Das Abgeordnetengesetz orientiert sich daher bereits seit 1995, also schon seit beinahe 20 Jahren, an den Bezügen eines Bundesrichters oder eines höheren kommunalen Wahlbeamten auf Zeit. Ich meine, dies ist ein schlüssiges Maß der Ausrichtung. Wir setzen uns damit in der Tat mit einem Bürgermeister einer mittelgroßen Stadt und einem Landrat gleich, wobei der Landrat ein Gebiet mit einer Größenordnung von 80 000 bis 100 000 Einwohnern betreut. Kollege Schäfer hat darauf schon hingewiesen.

Ob dies nun in zwei oder in zehn Stufen geschieht, macht letztendlich keinen Unterschied.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Doch!)

Meiner Meinung nach wäre eine mehrstufige, beispielsweise eine zehnstufige, Anpassung sogar Augenwischerei. In Anbetracht der Transparenz, die wir den Bürgern schuldig sind, ist eine zweistufige Anpassung offener.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Redezeit ist fast zu Ende. Ich möchte nur noch kurz darauf hinweisen, dass das Bausteinmodell, Frau Haßelmann, von allen Experten in der Anhörung zwar als für durchaus möglich befunden wurde, aber auch teurer. Sie werden sich daran erinnern. Insofern, denke ich, sollten wir auch aus Kostengründen dem Steuerzahler dieses von uns bevorzugte Modell vorstellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Letztendlich haben wir heute über noch einen Gesetzentwurf zu entscheiden. Dabei geht es um ein sehr wichtiges Thema. Die SPD-Fraktion hat sich schon seit langem dafür eingesetzt. Es handelt sich um die Bestrafung der Abgeordnetenbestechung. Mein Kollege Lischka wird gleich ausführlicher darauf eingehen. Ich will Ihnen nur noch sagen: Ich freue mich ganz besonders, dass wir nach so vielen Anläufen nun auch unseren Koalitionspartner, die CDU/CSU-Fraktion, endlich von der Notwendigkeit dieses Straftatbestandes überzeugen konnten.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Als nächster Redner, liebe Kolleginnen und Kollegen, spricht der Kollege Hans-Christian Ströbele.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3147919
Wahlperiode 18
Sitzung 18
Tagesordnungspunkt Abgeordnetengesetz, Abgeordnetenbestechung
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