21.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 18 / Tagesordnungspunkt 18

Marian WendtCDU/CSU - Vorratsdatenspeicherung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir führen die Debatte zur Vorratsdatenspeicherung schon seit einigen Jahren und sehr intensiv. Wir dürfen wohl erst einmal alle feststellen – das hat auch das Bundesverfassungsgericht getan –, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht per se verfassungswidrig ist.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Das schreiben auch die Grünen und die Linken in ihrem Antrag. Deswegen werden wir alsbald einen Gesetzentwurf vorlegen, der mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in diesem Land vereinbar ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich darf als Mitglied des Innenausschusses auf zwei Punkte eingehen: zum einen die Bedeutung der Vorratsdatenspeicherung für die strafrechtlichen Ermittlungen und zum anderen die Rolle der Linksfraktion in der heutigen Debatte.

Zum ersten Punkt. Es steht fest: Ohne die Vorratsdatenspeicherung können weniger Straftaten aufgeklärt werden. Das belegen zahlreiche Daten des Bundeskriminalamtes oder des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Auch das Beispiel Internetkriminalität zeigt dies auf traurige Weise.

Wie schon am Mittwoch sprechen wir heute Nachmittag im Innenausschuss ausführlich über den Fall Edathy, aber vor allen Dingen auch über den Kinderpornoring, der in Kanada aufgeflogen ist. Durch die kanadischen Behörden wurden uns 450 Gigabyte an Daten übersandt, darunter das widerliche Beweismaterial von Bildern und Videos nackter Kinder, aber auch die IP-Adressen der deutschen Kunden des kanadischen Unternehmens.

Dabei gab es auch Personen, die ausschließlich anonym über das Internet bestellt haben, ohne Lieferadresse, Rechnungsadresse oder Bestelladresse. Über die Komplexität der verschiedenen Adressen wurden wir am Mittwoch ausführlich und auf interessante Weise informiert. Diese Personen können von den deutschen Strafverfolgungsbehörden nicht zurückverfolgt werden. Denn deren IP-Adressen können in Deutschland nicht mehr einem Anschluss und damit einer Person zugeordnet werden,

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Ganz genau!)

da die Internetprovider nicht zum Speichern der Daten verpflichtet sind. Die Daten werden in der Regel sofort oder nach 10, 15, 30 oder 100 Tagen gelöscht. Die Ermittlungen gegen die Personen, die über das Internet dieses widerliche Material bezogen haben, laufen ohne Vorratsdatenspeicherung ins Leere.

Eine Zahl hierzu. Nach internen Erhebungen des BKA wurden zwischen März 2010 – das war der Monat, in dem das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung zunächst gestoppt hatte – und April 2011 5 100 Fälle von Internetkriminalität registriert. 4 300 Fälle davon konnten aufgrund nicht vorhandener Daten nicht zurückverfolgt werden. Es konnte also über 80 Prozent der Fälle nicht nachgegangen werden. Viele Straftaten konnten nicht aufgeklärt werden.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Täterschutz! – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Schlimm!)

Das liegt nicht in unserem Interesse. Wir sollten jeden einzelnen Straftäter verfolgen können. Darin sollten wir uns alle einig sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum zweiten Punkt, zur Rolle der Linksfraktion in der heutigen Debatte. Im Antrag der Linken werden mehrfach die Wichtigkeit der Bürgerrechte und die Freiheit der Bürgerinnern und Bürger betont.

(Beifall der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Ich darf zitieren:

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Meine Damen und Herren, diese gerade zitierten Aussagen sind nicht nur inhaltlich falsch – das haben meine Vorredner bereits belegt –, aus Ihrem Mund sind sie auch absolut unglaubwürdig. Das möchte ich ausdrücklich hervorheben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie kennen die Geschichte von Saulus und Paulus?)

Ein Beispiel. Den Antrag der Linken haben unter anderem Dr. Petra Sitte, Dr. André Hahn und Frau Steinke unterzeichnet. Frau Sitte war Mitglied der SED seit 1981; Herr Hahn trat 1985 der SED bei; Frau Steinke war seit 1981 in der SED. Alle drei Herrschaften waren also in der SED aktiv.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Fragen Sie einmal Ihre Blockflötenkumpels! Ihre Kanzlerin!)

Wir alle wissen doch, wer staatstragend in der DDR war, nämlich die Partei SED und nicht die Regierung.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Ich war in einem katholischen Kindergarten, nicht in der FDJ!)

Gerade die SED in der DDR war ein Garant für den totalitären Überwachungsstaat und den gläsernen Bürger. Das sollten Sie hier berücksichtigen.

Sie als SED-Nachfolgepartei hofieren die ehemaligen Stasimitarbeiter, so wie das im letzten Sommer durch Frau Steinke geschehen ist.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Haben Sie auch noch Argumente?)

Sie selbst waren aktiver Teil des Überwachungsstaates.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Ich? – Jan Korte [DIE LINKE]: Ich?)

– „Sie“ kleingeschrieben.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Danke!)

Sie müssen Ihre Geschichte aufklären. Solange Sie das nicht gemacht haben, sollten Sie – –

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir können aus unserer Geschichte lernen! Sie offensichtlich nicht!)

– Dann lernen Sie doch daraus!

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Haben wir doch!)

Wenn Sie aus Ihrer Geschichte gelernt haben, dann frage ich mich, wo das deutliche Bekenntnis zur Verurteilung der Geschichte bleibt. Wieso werden Sie noch immer vom Verfassungsschutz kontrolliert? Wieso setzen Sie nicht aktiv den undemokratischen Kräften in Ihrer Partei entschlossen etwas entgegen?

Kollege Wendt, möchten Sie die Gelegenheit nutzen und Ihre Redezeit verlängern, indem Sie auf eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Wawzyniak reagieren? Ansonsten ist Ihre Redezeit abgelaufen.

Ja, bitte.

Herr Wendt, können und wollen Sie zur Kenntnis nehmen, dass es auf dem Sonderparteitag, auf dem es um die Umbenennung der SED in SED-PDS ging, eine Entschuldigung gegeben hat?

(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das reicht ja dann! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Frank Tempel [DIE LINKE]: Von der CDU nicht!)

Können und wollen Sie zur Kenntnis nehmen, dass es eine umfassende und lang andauernde Debatte zur Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit gegeben hat bis hin zu Beschlüssen zur Offenlegung der eigenen Biografie?

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wow!)

Können und wollen Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir uns mit unserer Vergangenheit um unserer selbst willen auseinandergesetzt haben, während Sie Mitglieder der SED, Mitglieder der Blockparteien in Ihren Reihen haben und deren unrechtmäßig erworbenes Geld?

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin, ich nehme das alles, was Sie gesagt haben, zur Kenntnis.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Das Thema ist Vorratsdatenspeicherung! – Weiterer Zuruf von der SPD: Worüber reden wir eigentlich?)

Ich frage nach den Folgen. Es sind lediglich Krokodilstränen vergossen worden;

(Beifall bei der CDU/CSU)

denn die ehemaligen SED-Aktiven und -Vorderen, die den Staat getragen haben, sind heute noch aktiv und engagiert in Ihrer Partei. Auf Parteitagsbeschlüsse müssten strikte personelle Konsequenzen folgen. Auch stellt sich die Frage nach der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Deswegen ist das – ich darf zusammenfassen – ziemlich unglaubwürdig.

Ich bin Christ und glaube an das Gute im Menschen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das merkt man!)

Deswegen hoffe ich, dass Sie in den nächsten Jahren doch noch zu der Einsicht kommen, dass Konsequenzen gezogen werden müssen.

Um die Debatte vielleicht zu beenden,

(Jan Korte [DIE LINKE]: Sie haben angefangen!)

sollten wir schnellstens den Entwurf eines Gesetzes erarbeiten, das den unbefriedigenden Zustand beendet, dass Kinderpornografie im Internet nicht verfolgt werden kann. Die Koalition wird dazu einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Wir wollen die Opfer schützen, die Täter überführen und die Verfassung schützen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3148174
Wahlperiode 18
Sitzung 18
Tagesordnungspunkt Vorratsdatenspeicherung
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