Iris GleickeSPD - Tourismuspolitischer Bericht (17. Wahlperiode)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, heute erstmalig als Tourismusbeauftragte das Wort in diesem Hohen Hause ergreifen zu dürfen. Genauso wie die ostdeutschen Bundesländer, über die wir heute Morgen geredet haben, braucht der Tourismus eine engagierte Stimme in der Bundespolitik. Diese Rolle möchte ich gerne übernehmen.
Der Tourismuspolitische Bericht der Bundesregierung aus der 17. Legislaturperiode, über den wir heute noch einmal diskutieren, zeigt eindrucksvoll, welche Wirtschaftskraft der Tourismus entfaltet. Das Wort „Tourismus“ kommt immer ein bisschen leicht daher. Man denkt an Sommer, Sonne, Strand und Cocktails. Wer vermutet schon, dass im Jahr rund 280 Milliarden Euro Konsumausgaben in Deutschland dahinterstehen? 2,9 Millionen Menschen sind in diesem Dienstleistungssektor beschäftigt.
Ich möchte neben den vielfältigen tourismuspolitischen Themen, die es zu bearbeiten gilt, drei Schwerpunkte setzen. Mein erster Schwerpunkt sind die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen. Die Sorgen der Branche über einen zunehmenden Mangel an Fachkräften sind sicherlich berechtigt. Aber hier müssen sich Hotellerie und Gastronomie fragen lassen, was sie selbst zur Schaffung attraktiverer Arbeitsbedingungen beitragen können. Frau Ludwig, ich habe heute Morgen Ihre Pressemitteilung gelesen. Hier sind wir in vielem deckungsgleich: Die Branche muss ihr – so sage ich mal – Schmuddelimage ablegen, damit junge Leute die Chancen ergreifen, die der Tourismusbereich bietet, und dort eine Lehre anfangen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Etwas anderes gehört aber auch dazu: In einem Dienstleistungsgewerbe wie dem Tourismus ist die Qualität des Service das A und O. Wer ansprechende Leistungen haben will, muss auch entsprechend zahlen. Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns setzt die Bundesregierung eine unterste Haltelinie fest. Aber die Tarifparteien, Arbeitgeber und Gewerkschaften, müssen zu angemessenen Abschlüssen in dieser Branche kommen, auch um die Attraktivität der Arbeit für Fachkräfte in der Tourismuswirtschaft zu steigern. Dabei geht es nicht nur um die Entlohnung, sondern auch um Arbeitsbedingungen, Urlaubsansprüche und Überstunden; das ist gerade in der Tourismuswirtschaft ganz besonders wichtig.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Der zweite Schwerpunkt ist die Digitalisierung. Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft verändert auch das Reisen. Der Gast von heute surft vorab im Internet, bucht Tickets, Hotels und Mietwagen online und orientiert sich während des Urlaubs mit verschiedenen Reise-Apps. Zum Schluss gibt er noch eine Bewertung über das Erlebte ab, die für alle potenziellen Kunden nachlesbar und sichtbar ist. Die Großen der Branchen machen da längst mit, aber viele kleine Betriebe der Tourismuswirtschaft können mit dieser rasanten technischen, aber auch sozialen Entwicklung noch nicht Schritt halten. Ihnen müssen wir helfen, damit sie sich in der digitalen Welt besser zurechtfinden, weil sie sonst auf der Strecke bleiben. Es ist mir auch als Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung sehr wichtig, dass wir hierauf ein großes Augenmerk richten.
Den dritten Schwerpunkt werde ich auf die Entwicklung des Tourismus im ländlichen Raum legen. Von dem Tourismusboom in Deutschland mit immer neuen Rekordmarken in den letzten Jahren profitieren die ländlichen Räume noch nicht wirklich. Wir haben das im Tourismusausschuss besprochen. Dabei kann gerade der Tourismus Arbeitsplätze und Einkommen in die nicht zwingend, aber meistens strukturschwachen Regionen bringen. Hier sehe ich ein großes Potenzial, das es zu nutzen gilt, auch wenn der Bund – das muss man zugeben – beim Thema Tourismus zunächst nur in der zweiten Reihe sitzt.
Deshalb ist mir ein konstruktiver Dialog mit den Ländern ein besonders großes Anliegen. Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam viel Sinnvolles bewegen können. Ich weiß um starke Partnerinnen und Partner. Sie alle, die Kolleginnen und Kollegen vornehmlich des Tourismusausschusses des Deutschen Bundestages – ich fand unsere Debatte diese Woche sehr interessant –, aber auch die Kolleginnen und Kollegen des Wirtschaftsausschusses zeigen ein großes Interesse. Auf die Diskussionen freue ich mich.
Die große Bandbreite an tourismuspolitischen Themen spiegeln auch Ihre Anträge, die Anträge der Fraktionen und die Beschlussempfehlungen wider. Ich fasse das als vielfältigen Impuls und Input auf, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanke. Ich werde mich bemühen, der Interessenvielfalt gerecht zu werden. Gleichzeitig ist es aus meiner Sicht wichtig, Schwerpunkte zu setzen. Ich glaube, es herrscht auch darüber Konsens; denn auch das spiegelt sich in Ihren Anträgen wider.
In diesem Sinne freue ich mich auf eine vertrauensvolle, eine offene und eine gute Zusammenarbeit und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat die Kollegin Kerstin Kassner für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3148177 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Tourismuspolitischer Bericht (17. Wahlperiode) |