Klaus BrähmigCDU/CSU - Tourismuspolitischer Bericht (17. Wahlperiode)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, einleitend ein Dankeschön für den vorliegenden Tourismusbericht an unseren ehemaligen Kollegen Ernst Burgbacher zu richten. Er hat diesen Bericht als Beauftragter der Bundesregierung für Mittelstand und Tourismus vorbereitet und größtenteils zu verantworten. Persönlich freue ich mich jetzt auf die Zusammenarbeit mit seiner Nachfolgerin, unserer Kollegin Iris Gleicke, die sich bereits sehr engagiert im Tourismusausschuss vorgestellt hat. Heike Brehmer wünsche ich ebenfalls viel Erfolg bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit als Vorsitzende des Tourismusausschusses.
Der Wirtschaftszweig Tourismus ist es wert, dass wir uns für ihn einsetzen. Er erwirtschaftet mit 97 Milliarden Euro einen direkten Anteil von 4,4 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung unserer Volkswirtschaft. 2,9 Millionen Erwerbstätige sind direkt in der Tourismusbranche beschäftigt. Das sind 7 Prozent aller Erwerbstätigen unseres Landes. So konnte Deutschland bereits zum vierten Mal in Folge einen Übernachtungsrekord aufstellen. Nahezu 411 Millionen Übernachtungen wurden gezählt. Entscheidend für dieses Wachstum war die zunehmende Zahl von Übernachtungen ausländischer Gäste. Wir verzeichnen 71,6 Millionen Nächtigungen.
Man muss einmal ganz deutlich auf die Ursache für diese positive Entwicklung hinweisen. Die Fußballweltmeisterschaft 2006 war der Durchbruch beim Auslandstourismus für das Reiseland Deutschland. Seit 2006 sind die Übernachtungszahlen von ausländischen Gästen um insgesamt knapp 18 Millionen gestiegen. Deutschland hat Weltoffenheit, Gastfreundschaft und Toleranz gezeigt und somit seine Chance genutzt. Deutschland kann stolz sein auf die Wiederaufbauleistungen sowie auf die Wiedervereinigung vor 25 Jahren. Das ist gut so.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Trotz der Bedeutung dieses Wirtschaftsfaktors ist es mir völlig unverständlich, dass wir als Tourismuspolitiker jedes Jahr als Bittsteller bei den Haushaltspolitikern auftreten müssen. Wenn die Autoindustrie in der Krise hustet, wird die Summe von 5 Milliarden Euro für Abwrackprämien im Handstreich aufgetrieben. Hier, wo wir Tausenden von kleinen und mittelständischen Unternehmen aus Hotellerie und Gastronomie helfen können, darf die Unterstützung nicht infrage gestellt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Diese Mittelständler können einen weltweiten Markt allein nicht durchdringen. Sie benötigen die bündelnde Kraft der Deutschen Zentrale für Tourismus.
Warum schreiten wir als öffentliche Hand hier nicht mit zusätzlichen Beiträgen, zum Beispiel 5 Millionen Euro, voran und holen dabei die Länder und die Wirtschaft mit ins Boot? Tatsache ist doch: Die DZT hat nach der Fußballweltmeisterschaft den Schwung genutzt und ihre Marketingaktivitäten immer mehr ausgeweitet. Sie würde gerne noch intensiver für das Reiseland Deutschland werben. Dafür müssten wir aber die Mittelerhöhung umsetzen. Gerade in den Zukunftsmärkten Brasilien, China, Indien und Russland mit ihrem enormen Wachstumspotenzial und dem Interesse für unsere Kultur müsste Deutschland als Reiseland viel stärker beworben werden.
In diesem Zusammenhang muss ein weiteres heikles Thema erörtert werden. Meines Erachtens war es eine Fehlleistung, dass die Bundesländer der DZT die Kompetenz und die Gelder für das Inlandsmarketing entzogen haben. Damit wurde eine Chance vertan, vorhandene Mittel zu bündeln, um schlagkräftig die Werbetrommel rühren zu können. Ich setze auch auf eine starke Koordinierung von Bund, Ländern und Regionen. Persönlich wünsche ich mir, dass wir die Neugestaltung eines übersichtlichen Destinationsmanagements gemeinsam angehen. Wir müssen wegkommen von 130 Tourismusregionen, um die nationale und die internationale Vermarktung effizienter zu gestalten. Wir müssen weg von der geradezu unhaltbaren Kirchturmpolitik, die hier immer noch betrieben wird.
Die Bündelung der Kräfte ist auch bei Investitionen der Kommunen in die touristische Infrastruktur eine Hauptaufgabe. Damit die Region attraktiv bleibt, müssen sich Städte und Gemeinden gemeinsam eine Entwicklungsstrategie überlegen; denn eine hohe touristische Attraktivität und Investitionen in die Tourismusbranche kommen in nicht unerheblichem Maße der einheimischen Bevölkerung und anderen Wirtschaftszweigen zugute. Investitionen in diesem Sektor tragen vielfach zu spürbaren Verbesserungen der Standort- und Lebensqualität bei. Sie führen zu einer Erhöhung des Wohnwertes sowie des Imagefaktors einer Region und erleichtern damit auch Unternehmensansiedlungen. Kurzum: Jeder Euro, der in die touristische Infrastruktur investiert wird, hat einen doppelten Nutzen.
Meine Damen und Herren, vor der entsprechenden Investition sollten die Kommunen aber Grundsatzentscheidungen treffen. Eine Tourismusregion kann nur schwerlich gleichzeitig eine Energieregion sein. Noch wissen wir nicht, wie sich die Energiewende auf die Natur, die Kulturlandschaft und den Tourismus auswirkt. Hier muss abgewogen werden zwischen den verschiedenen Formen der Gewinnung und Speicherung regenerativer Energien und der Landschaftsästhetik, einem der wichtigsten Faktoren für den Tourismus.
Angesichts der guten Zahlen im vorliegenden Bericht können wir von einem dynamischen Wirtschaftsmarkt sprechen. Aber ein dynamischer Wirtschaftsmarkt mit Steigerungsraten von knapp 4 Prozent braucht eine dynamische Marktbeobachtung. Deswegen sollte die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode mindestens zwei Tourismusberichte vorlegen. Nur so können wir diesem schnelllebigen und gewinnträchtigen Wirtschaftsfaktor gerecht werden.
Sie sehen: Trotz der Erfolge bleibt noch viel zu tun. Packen wir es an! Ich freue mich auf eine gemeinsame, kollegiale Zusammenarbeit in unserem Ausschuss.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Frank Junge.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3148207 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Tourismuspolitischer Bericht (17. Wahlperiode) |