14.03.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 21 / Tagesordnungspunkt 13

Albert StegemannCDU/CSU - Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Birkwald, in Ihrem Antrag beteuern Sie, dass Sie das Rentenniveau anheben, Leistungen verbessern und die wesentlichen Ursachen für sinkende Renten und die Altersarmut bekämpfen wollen. Durch eine nur ganz leichte Abänderung des Titels Ihres Antrags hätten Sie sicherlich mehr Zustimmung in der Regierungskoalition bekommen. Hätten Sie den Titel Ihres Antrags doch nur wie folgt formuliert: Rentenniveau künftiger Generationen anheben, Leistungen verbessern und die wesentlichen Ursachen für zukünftig sinkende Renten bekämpfen – dann wären wir deutlich näher beieinander gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch einmal eine Aussage! – Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Entwurf wird dann entsprechend geändert!)

Und dennoch: Ihr Antrag geht in die vollkommen falsche Richtung. Eine sofortige Anhebung des Rentenniveaus hätte unweigerlich zur Folge, dass wir schon kurzfristig die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung massiv anheben müssten. Die daraus resultierenden Lohnkostensteigerungen wären gewiss kein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit nicht genug: Sie gefährden mit Ihrem Antrag die Grundlage unserer momentan guten Situation und greifen zugleich in die Taschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Womit begründen Sie den vorliegenden Antrag? Sie verweisen auf das Argument der vorherrschenden Altersarmut. Schauen wir uns hier einmal die Faktenlage an: Im Jahr 2013 waren in der Bundesrepublik Deutschland 2,5 Prozent der Menschen über 65 Jahre auf Grundsicherung angewiesen.

(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Jeder Einzelne ist einer zu viel.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Zum Vergleich: Im Jahr 2003 lag dieser Wert noch bei 1,7 Prozent. Leider ist davon auszugehen, dass sich die hier aufgezeigte Entwicklung fortsetzen wird. Dennoch kann in diesem Zusammenhang heute keineswegs von einem Massenphänomen die Rede sein. Das ist Teil der demografischen Herausforderung.

Die Wahrscheinlichkeitsszenarien der Deutschen Rentenversicherung zeigen deutlich, wohin die Reise geht. Bis 2030 bleiben die Beitragssätze und das Rentenniveau zwar im langfristig angepeilten Korridor; dennoch können wir die Entwicklung für unsere Alterssicherung nicht ausblenden. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, mit Augenmaß zu handeln. Denn wenn etwas verteilt werden soll, muss es zuerst auch erwirtschaftet werden. Nach diesem Prinzip handelt die Regierungskoalition.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir sorgen mit unserem Gesetzentwurf für eine deutliche Besserstellung vieler Rentnerinnen und Rentner in unserem Land. Weil circa 42 Millionen Menschen in Arbeit sind – das ist Beschäftigungsrekord –, haben sich die Kassen der Rentenversicherung in den letzten Jahren sehr gut gefüllt. Mit der Mütterrente, mit den Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente, mit dem zusätzlichen Rehabudget und mit der Rente für besonders langjährig Versicherte sollen jene von der guten Lage profitieren, die diesen Zustand maßgeblich mit herbeigeführt haben, egal ob sie nun in der Erwerbstätigkeit ihre Frau oder ihren Mann gestanden haben oder ob sie die Familie zusammengehalten und hier ihre Arbeit verrichtet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mit dem Gesetzentwurf der Regierungskoalition gehen wir einen großen Schritt nach vorn, um die bestehenden Gerechtigkeitslücken für jene zu schließen, die bereits ihren Teil dazu beigetragen haben, dass die Finanzierung überhaupt erst möglich ist.

Die Tatsache, dass wir im kommenden Jahr erstmals seit 1969 wieder einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen können, womit wir einen aktiven Beitrag zur Generationengerechtigkeit leisten, ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Finanzierung des Rentenpaketes auch die Mittel mit einbezieht, die sich bereits in der Rentenversicherung befinden. Welche schwäbische Hausfrau würde sich denn zulasten künftiger Generationen verschulden, obwohl sie noch Bares unter dem Kopfkissen hat?

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das sind aber auch keine Ausgaben!)

Was aber fordern Sie? Sie fordern die Anhebung des Sicherungsniveaus von 48 auf 53 Prozent, ein Zurück zur Rente mit 65, die abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente mit einem zusätzlichen Jahr, die Anerkennung von ALG-II-Zeiten bei der Rente mit 63, eine vollständige Angleichung der Mütterrente. Den Wunsch nach einer Rente mit 60 möchte ich gar nicht erst zu Ende denken. Insgesamt macht dies über 45 Milliarden Euro aus. Ihre Forderungen erinnern mich an die Raupe Nimmersatt, die sich durch unser aller rentenpolitische Zukunft frisst.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie tun ja gerade so, als ob es überhaupt kein Morgen gäbe. Angesichts der Altersstruktur Ihrer Partei

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

fange ich zwar an, Verständnis für Ihre Forderungen zu entwickeln; aber wenn Sie etwa ein Siebtel des Bundeshaushaltes für zusätzliche Rentenversprechen ausgeben wollen, dann müssten Sie gleichzeitig eine neue Definition für den Begriff der Verhältnismäßigkeit mitliefern. Mit anderen Worten: Wer, bitte schön, soll das bezahlen?

Zum Schluss möchte ich auf Ihre Forderung nach einer sofortigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten eingehen. Im Grunde genommen ist es ja in Ordnung, wenn die Linke der Union darin zustimmt, dass es eine bessere Würdigung der Erziehungszeiten in der Rente für Mütter geben muss, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben. Aber denken Sie doch bitte nicht nur an die Mütter, sondern auch an die Kinder! Werte Kollegen von der Fraktion Die Linke, machen Sie doch bitte lieber Vorschläge, die auch für die Arbeitnehmer von heute und Rentner von morgen hilfreich sind.

Deshalb muss ich Ihre Anträge nicht nur als kontraproduktiv bezeichnen; nein, als Vertreter auch der jungen Generation muss ich leider sagen: Ihre Anträge sind absolut unverantwortlich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kurzsichtige Wohltaten sind wir von Ihrer Partei gewohnt. Dafür jedoch die Zukunft der Rentenversicherung aufs Spiel zu setzen, werden wir nicht hinnehmen. Deswegen werden wir Ihre Anträge ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Herzlichen Glückwunsch, Kollege Stegemann, zu Ihrer ersten Rede!

(Beifall)

Jetzt hat der Kollege Markus Kurth das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3211409
Wahlperiode 18
Sitzung 21
Tagesordnungspunkt Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung
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