14.03.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 21 / Tagesordnungspunkt 13

Martin RosemannSPD - Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sozialdemokratische Rentenpolitik verfolgt zwei Ziele: erstens die Verhinderung von Altersarmut und zweitens die Sicherung des Lebensstandards und die Anerkennung der Lebensleistungen jedes und jeder Einzelnen.

Genau da, Herr Kollege Kurth, bei diesem zweiten Punkt, liegt der Unterschied zu Ihnen. Die rentenpolitischen Beiträge der Grünen in den vergangenen Wochen und Monaten beschränkten sich allein auf das Thema Rente als Sozialleistung und Verhinderung von Altersarmut. Das Thema Anerkennung von Lebensleistung spielt bei Ihren Beiträgen keine Rolle.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Wir als SPD haben zu diesen beiden Zielen in der vergangenen Legislaturperiode ein umfassendes Rentenkonzept vorgelegt. Dieses Rentenkonzept war auch die Grundlage für unsere Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner. Dementsprechend finden sich zentrale Eckpunkte auch im Koalitionsvertrag und in dem jetzt vorgelegten ersten Rentenpaket wieder.

Mit dem Ziel der Verhinderung der Altersarmut verbessern wir die Situation von Erwerbsminderungsrentnerinnen und Erwerbsminderungsrentnern. Wir werden die solidarische Lebensleistungsrente einführen,

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abwarten!)

und wir gestalten das Rehabudget demografiegerecht aus, damit Menschen – immer nach dem Motto „Reha statt Rente“ – länger im Arbeitsleben bleiben können.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Mit dem Ziel der besseren Anerkennung von Lebensleistungen verbessern wir die Anrechnung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder. Mit dem gleichen Ziel ziehen wir auch den vorzeitigen abschlagsfreien Rentenzugang für langjährig Versicherte vor.

Meine Damen und Herren, genau damit werden Leistungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anerkannt, die sehr früh – mit 15, 16 oder 17 Jahren – ins Berufsleben eingestiegen sind und die dann in der Folge besonders lange und meist auch körperlich hart gearbeitet haben. Herr Kollege Birkwald, davon profitieren nicht 50 000, wie Sie es dargestellt haben, sondern 200 000 Menschen in jedem Rentenjahrgang,

(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: 50 000 zusätzlich, habe ich gesagt!)

weil bereits heute rund 150 000 der Anspruchsberechtigten – allerdings mit Abschlägen – vorzeitig in Rente gehen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Eben! Sage ich doch: 50 000 zusätzlich!)

– Ja, aber auch diese 150 000 profitieren von der Neuregelung.

Zudem findet sich im Koalitionsvertrag auch die Berücksichtigung von Zeiten kurzfristiger Arbeitslosigkeit, um diesen Rentenzugang für langjährig Versicherte zu ermöglichen. Warum machen wir das? Wir wollen nicht, dass Menschen, die krisenbedingt kurzfristig arbeitslos waren und trotzdem ihr Leben lang ihre Leistungen gebracht und sich finanziell an dem System beteiligt haben, am Ende nicht in den Genuss der abschlagsfreien Rente kommen. Das gilt für die Vergangenheit, vor allem für Menschen, die Opfer regionaler Strukturkrisen, beispielsweise in Ostdeutschland, oder branchenabhängiger Strukturkrisen wie im Bergbau oder Maschinenbau waren.

Das Gleiche gilt aber auch heute und in Zukunft, weil nach wie vor Krisen in unserem Land nicht ausgeschlossen sind und weil wir es heute mit einem Arbeitsmarkt zu tun haben, in dem es nicht mehr üblich ist, 45 Jahre lang im gleichen Betrieb zu arbeiten, sondern in dem berufliche Wechsel an der Tagesordnung sind. Deshalb ist dies auch ein Beitrag zu mehr Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, mir ist bewusst, dass durch die aufgezählten Schritte nicht alle Herausforderungen der Altersvorsorge in Deutschland bewältigt werden. Das gilt zunächst für die Herausforderung der Angleichung der Renten in Ost- und Westdeutschland. Dazu sage ich gerade mit Blick auf Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken: Es geht dabei nicht nur um punktuelle Angleichungen bei einzelnen Maßnahmen, sondern darum, die Rentensysteme in Ost- und Westdeutschland Schritt für Schritt zu harmonisieren und zusammenzuführen, wie wir das im Koalitionsvertrag gemeinsam verabredet haben.

(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber das dauert viel zu lange! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das passiert doch nicht!)

Die noch viel größere Herausforderung ist aber ohne Zweifel die Verschärfung des demografischen Problems und der damit verbundene Druck auf das Rentenniveau in den Jahren nach 2030. Da, meine Damen und Herren von der Linken, fangen die Differenzen so richtig an. Sie wollen zurück zur alten Frühverrentungslogik – wir nicht. Sie wollen die Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters dauerhaft zurücknehmen – wir nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gut, dass Sie es sagen! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie denn mit der Rente mit 63?)

Die Gründe für diese Unterschiede sind offensichtlich. Sie verschließen die Augen vor den demografischen Entwicklungen und den damit verbundenen Herausforderungen für unser Rentensystem. Ich nenne nur eine Zahl: 2010 lag der Altenquotient noch bei 33,7 Prozent. 2030 werden es über 50 Prozent sein.

Sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass wir auch wegen des Fachkräftebedarfs eine höhere Erwerbsbeteiligung Älterer brauchen, damit wir unseren Wohlstand auch in Zukunft sichern können.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Warum werden dann immer mehr Ältere arbeitslos?)

Sie nehmen auch nicht zur Kenntnis, dass die Erwerbsbeteiligung Älterer bereits zunimmt. Die Erwerbstätigenquote der 60- bis 65-Jährigen ist in den Jahren 2002 bis 2012 von 23,7 auf über 46 Prozent gestiegen. Sie hat sich also mehr als verdoppelt.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird sich jetzt ja wieder ändern!)

Dieser Anstieg ist dreimal so hoch wie der Anstieg der Erwerbstätigenquote insgesamt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren von der Linken, die Ausblendung der Realität setzt sich auch bei Ihren Vorschlägen fort. Was diese kosten, will ich – ganz grob überschlagen – allein für das Jahr 2030 darstellen: für die Gleichstellung der Kindererziehungszeiten 6 Milliarden Euro mehr, für die Verbesserung bei den Erwerbsminderungsrenten 4 Milliarden Euro, für die Erhöhung des Rentenniveaus sage und schreibe 40 Milliarden Euro, für die Rücknahme der Rente mit 67 mindestens 5 Milliarden Euro. Hinzu kommen Ausfälle bei Steuern und Sozialabgaben. Unter dem Strich kostet das allein für das Jahr 2030 rund 60 Milliarden Euro.

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Zeit.

Ich komme gleich zum Ende. – Dabei ist Ihre Forderung, nach 40 Beitragsjahren ab Vollendung des 60. Lebensjahres abschlagsfrei in Ruhestand zu gehen, noch gar nicht berücksichtigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, angesichts dieser Zahlen frage ich Sie: Wollen Sie wirklich jemals Regierungsverantwortung in diesem Land übernehmen?

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das erkläre ich Ihnen bei Gelegenheit!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Jana Schimke, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3211443
Wahlperiode 18
Sitzung 21
Tagesordnungspunkt Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung
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