Klaus-Peter FlosbachCDU/CSU - Europäische Bankenunion
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen haben uns hier heute einen Antrag vorgelegt, Überschrift: Für eine echte Bankenunion.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die meisten erinnern sich an den Antrag vom 25. September 2012 zu diesem Thema, den wir hier am 27. September 2012 verabschiedet haben. Wir haben damals ein deutliches Bekenntnis zu Europa abgelegt. Wir haben ein Bekenntnis zu einer gemeinsamen Bankenunion abgelegt. Nur, wir haben dabei etwas Besonderes gemacht: Wir haben Bedingungen für diese Bankenunion gestellt.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist das!)
Das wird von den Grünen einfach negiert. Ich nenne von den sieben Bedingungen nur einmal drei.
Erstens. Wir wollen, dass die großen systemrelevanten, vernetzten Banken nicht national, sondern international von einer gemeinsamen Aufsicht kontrolliert werden.
Zweitens. Wir haben deutlich gemacht, dass Banken, die in eine Schieflage geraten, abgewickelt werden müssen, und zwar über einen gemeinsamen Fonds, der von den Banken finanziert wird.
Drittens. Wir haben gesagt – das wurde heute von den Grünen ganz unterschlagen –: Bevor diese Bankenunion errichtet wird, gibt es einen Stresstest für die großen systemrelevanten Banken in Europa. Das sind derzeit 128. Nur wenn sie diesen Stresstest bestehen, können sie unter eine europäische Aufsicht gebracht werden.
Denn was ist das Problem, das wir oftmals in Europa haben? Es wird versucht, auf Kosten von Europa nationale Probleme zu lösen. Es gibt viele nationale Bankenprobleme, die auf eine nationale Politik und auf eine nationale Aufsicht zurückzuführen sind. Das wollten wir nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir wollen nicht, dass Entscheidungen getroffen werden, die unser nationales Recht berühren. Das wichtigste Recht des Bundestages ist das Haushaltsrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat in vielen Urteilen dieses Thema angesprochen und uns ganz deutlich gesagt, dass wir als Bundestag das nationale Budgetrecht aufrechtzuerhalten haben. Deswegen ist es für uns ein besonders wichtiger Auftrag, hier genau aufzupassen.
Wir stehen für eine gemeinsame europäische Politik. Nur, wir unterstützen nicht Ihren Antrag, in dem es darum geht, in einem ersten Schritt auf dem Weg zu einer Bankenunion die Nation aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Das ist genau der falsche Schritt auf dem Weg zu einer Bankenunion. Dafür können wir nicht stimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es gibt einen weiteren Konflikt hinsichtlich Ihres Antrags. In der Überschrift Ihres Antrags steht: „… Schutz der Allgemeinheit vor Einzelinteressen …“. Das heißt: Das Interesse des deutschen Steuerzahlers ist ein Einzelinteresse. Das heißt ferner: Wir müssen die Europäer vor den deutschen Einzelinteressen schützen. Bei jeder Maßnahme im Euro-Raum sind wir mit 27 Prozent dabei; bei jeder Maßnahme im europäischen Raum sind wir mit 20 Prozent dabei. Wenn es um Hilfsmaßnahmen ging, waren wir immer die Ersten, die andere unterstützt haben. Daher ist diese Unterstellung eine Frechheit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege Flosbach, gestatten Sie eine Frage der Kollegin Paus?
Ich mache der Kollegin, weil wir jetzt am Schluss der Debatte sind, den Vorschlag: Sie macht gleich eine Kurzintervention, dann kann ich abschließend darauf antworten.
Ich will Sie jetzt als Grüne ansprechen. Was Sie in dem Antrag verlangen, passt genau in Ihre Politik, Euro- Bonds und einen europäischen Staatsschuldentilgungsfonds zu fordern. Sie werfen alles in einen Topf und wollen die Verantwortung der Nationen reduzieren. Ich sage es hier noch einmal: Wir hätten viele dieser Probleme nicht, wenn Sie als Teil der damaligen Bundesregierung 2003 den Maastricht-Vertrag nicht gebrochen hätten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Manfred Zöllmer [SPD]: Na, na, na! – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist jetzt ein bisschen link, Herr Flosbach!)
– Die neuen Freunde beziehe ich jetzt mal nicht ein.
Sie beklagen in Ihrer Begründung zu diesem Antrag, dass es nach den Rettungsmaßnahmen des Jahres 2008 vier Jahre gedauert habe, bis in Europa die Diskussion über einen Restrukturierungsfonds, über einen Abwicklungsfonds endlich in Gang gekommen ist. Sie unterschlagen, dass wir anderthalb Jahre nach diesem Beschluss von 2008 hier, in diesem Deutschen Bundestag, das deutsche Restrukturierungsgesetz verabschiedet haben. Wir haben diesen Weg vor allen anderen beschritten. Wir haben das als Erste vorgelegt. Wir haben eine Blaupause für Europa vorgelegt. Das ist es, was Europa jetzt umsetzt. Wir waren die Ersten. Wir haben dies auf den Weg gebracht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das hat leider nur nicht funktioniert!)
Wir bekommen in den nächsten Tagen Klarheit. Die Verhandlungen dauern noch an. Es gibt einige Punkte, in denen wir uns sicherlich einig sind: Ich denke, wir alle wollen eine gemeinsame Aufsicht, und wir alle wollen eindeutig, dass der Steuerzahler nicht in Anspruch genommen wird. Bei diesem Abwicklungsfonds haben wir etwas Neues, nämlich eine Haftungsreihenfolge – die hatten wir bei den bisherigen Maßnahmen nicht –: Zuerst wird bei einer Schieflage immer der Aktionär, der Eigentümer, herangezogen, anschließend kommt der Gläubiger, und erst im dritten Schritt stellt sich die Frage des Abwicklungsfonds, wobei es natürlich immer eine nationale Verantwortung gibt. Uns ist wichtig, dass in diesen Topf, der von den Banken gefüllt werden muss, die großen systemrelevanten Banken das meiste Geld hineintun und nicht die kleinen Banken, die Volksbanken oder die Sparkassen. Dagegen sind wir absolut. Wir sind für das Proportionalitätsprinzip. Das heißt, Kleine müssen geschützt werden, und wo große Risiken bestehen, müssen auch große Summen gezahlt werden. Dieses Prinzip haben wir eingehalten und werden es auch in Zukunft immer einhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das schauen wir uns dann an, wenn der Topf leer bleibt!)
Der Kollege Troost hat die Probleme angesprochen. Ein Problem ist natürlich die Höhe des Fonds und der Zeitrahmen, in dem eingezahlt werden kann. Der Kollege Michelbach hat das Problem der Finanzierung der Wirtschaft angesprochen. Ich denke an die Ausführungen der BaFin, die uns immer wieder ermahnt: Achten Sie darauf, dass die Maßnahmen aufeinander abgestimmt sind. – Wir können natürlich sagen: Füllt den Fonds in einem Jahr, erhöht das Eigenkapital oder macht andere Dinge. – Aber das würde dazu führen, dass sich unsere Wirtschaft nicht mehr finanzieren könnte.
Die Bankenunion ist natürlich eine große Einzelmaßnahme. In dem Antrag wird unterschlagen, was wir in den letzten Jahren gemacht haben. Wir haben massive Aufstockungen des Eigenkapitals bei den Banken gefordert. Die Liquidität der Banken muss anders dargestellt werden. Wir haben ein Trennbankengesetz gemacht. Alle Banken müssen heute ein Testament vorhalten, in dem sie darlegen, wie sie abgewickelt werden können. Wer sich mit dem Abwicklungsmechanismus beschäftigt hat, weiß, dass dort ausdrücklich vorgesehen ist, dass auch die europäische Aufsicht für jedes Bankunternehmen einen Abwicklungsplan vorhalten muss. Ich denke, das ist ganz wichtig, wenn wir den Zeitfaktor bei der Abwicklung einer Bank ansprechen.
Ich spreche hier jetzt nicht über die außerbörslichen Derivate, die wir geregelt haben. Andere Stichworte sind: Vergütungssysteme, Verbriefung, Vermittlung, Verbot der Leerverkäufe. Wir haben hier im Deutschen Bundestag in den letzten vier Jahren 30 große Maßnahmen, Gesetze verabschiedet, mit denen wir den Finanzmarkt insgesamt stabiler gemacht haben. Die Bankenunion ist nur eine dieser Maßnahmen.
Der Abwicklungsmechanismus soll zum 1. Januar 2015 stehen. Wir wissen nach den bisherigen Erkenntnissen, dass einige Länder nicht so weit sein werden, dass der Fonds wohl erst zum 1. Januar 2016 bereit sein wird. Wir unterstützen nicht die Forderung der Grünen – sie kommt wohl aus dem Bauch heraus –, eine dreijährige Einführungsphase vorzusehen. Denn dadurch würde das Problem nicht behoben werden. Die Haftung würde nach kurzer Zeit wieder auf die anderen europäischen Länder fallen.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, auf die Banken!)
Die Kommission soll die letzte Entscheidung haben, Herr Schick. Die letzten Verhandlungen zeigen, dass das Board, das für die Abwicklung zuständig ist, darauf warten muss, ob es innerhalb von 24 Stunden einen Widerspruch seitens des EZB-Rates gibt. Meines Erachtens sind wir da auf genau dem richtigen Weg. Unsere Bundesregierung und die sie beratenden Juristen haben deutlich gemacht, dass die Rechtsgrundlage des Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht ausreicht, sondern dass wir einen zwischenstaatlichen Vertrag als Zwischenlösung benötigen.
Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit? Sie hatten ja schon eine zweite Rede angekündigt.
Ja, ich komme zum Schluss. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wir werden sicherlich in den nächsten Jahren noch mehrere Änderungen erleben, insbesondere im primären Europarecht. Meines Erachtens ist die demokratische Kontrolle hier nicht ausreichend gewährleistet. Aber Sie haben hier Forderungen aufgestellt und die deutschen Interessen als „Einzelinteressen“ in Europa dargestellt, und das können wir nicht akzeptieren. Wir sind diejenigen, die zu Europa stehen. Das Wichtigste ist, dass Deutschland insgesamt, dass das gesamte Parlament zu 100 Prozent zu Europa steht. Das bietet die beste Zukunft für ein gemeinsames Europa.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt die Kollegin Paus, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3211507 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 21 |
Tagesordnungspunkt | Europäische Bankenunion |