20.03.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 23 / Tagesordnungspunkt 6

Edelgard BulmahnSPD - Adoption durch Lebenspartner

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a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Monika Lazar, Ulle Schauws, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des Adoptionsrechts

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Katja Keul, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Europäischen Übereinkommen über die Adoption von Kindern (revidiert)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Damit ist so beschlossen.

Für die Bundesregierung spricht jetzt Bundesminister Heiko Maas.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für Familien, und heute ist ein guter Tag für Kinder. Mit diesem Gesetzentwurf, den wir Ihnen heute vorlegen, sorgen wir dafür,

dass Kinder das bekommen, was jedes Kind braucht und verdient, nämlich Eltern. Ob Kinder Fürsorge, Zuwendung, Schutz und Erziehung erfahren, hängt nicht vom Geschlecht ihrer Eltern ab. Auch in Regenbogenfamilien können Kinder glücklich und geborgen aufwachsen.

Trotzdem hat das Gesetz bislang selbst die Sukzessivadoption bei Lebenspartnern nicht zugelassen. Kinder, die ihre Eltern verloren hatten, konnten zwar durch eine ledige oder verpartnerte Person adoptiert werden. Deren Lebenspartner aber durfte dieses Kind nicht adoptieren und ihm rechtlich kein Elternteil sein. Gerade Kindern, die schon einmal elternlos waren, wurde damit ein zweiter Elternteil vorenthalten. Die Reform, die wir heute vorlegen, macht Schluss mit dieser Situation, die auch für viele Kinder nicht unproblematisch gewesen ist. Sie stärkt die Regenbogenfamilien, indem die soziale Familie endlich auch rechtlich zur Familie wird.

Schon heute wachsen adoptierte Kinder mit gleichgeschlechtlichen Eltern auf, auch wenn rein formal nur ein Partner die Elternrechte hat. Indem wir das Verhältnis zwischen dem Kind und dem sozialen Elternteil rechtlich anerkennen, stärken wir, wie ich finde, nicht nur das Verhältnis zwischen beiden, sondern die ganze Familie und vor allem auch deren gesellschaftliche Akzeptanz. Für Kinder ist es wichtig, zu erleben, dass ihre Familie genauso viel wert ist und genauso viel Anerkennung erfährt wie jede andere Familie auch. Die soziale Achtung ist wichtig für die Entwicklung und das Wohlbefinden dieser Kinder. Wer Regenbogenfamilien diese Anerkennung versagt, schadet deshalb auch dem Wohl der Kinder.

Tatsache ist aber: Für Kinder mit zwei Vätern oder zwei Müttern ist es oft noch immer schwierig, sich zu ihren Eltern zu bekennen. Noch immer gibt es Vorbehalte und Widerstände in unserer Gesellschaft. Das spüren Kinder ganz intensiv.

Ich finde, wir müssen diese Vorbehalte überwinden. Dabei kann auch das Recht helfen.

Mit der Reform, die wir heute vorlegen, macht der Gesetzgeber sehr deutlich, dass auch zwei Väter oder zwei Mütter gute Eltern sein können und vor allen Dingen gute Eltern sein dürfen. Das ist für die betroffenen Kinder, für ihre Eltern und für unsere gesamte Gesellschaft ein ganz wichtiges Signal.

Mit diesem Gesetz setzen wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr eins zu eins um.

Wir korrigieren damit einen Verfassungsverstoß, nämlich das Verbot der Sukzessivadoption. Dieser Gesetzentwurf sattelt nicht drauf, sondern setzt genau das um, wozu wir laut Grundgesetz verpflichtet sind.

Nicht mehr, aber auch nicht weniger, Herr Beck, darf es heute werden; Spielraum nach unten gibt es nicht.

Auch wenn sich der Entwurf genau an die Vorgaben aus Karlsruhe hält, erreichen wir damit, wie ich finde, eine ganze Menge: Dann wird nämlich auch im geschriebenen Recht stehen, dass auch schwule oder lesbische Paare ein Kind adoptieren dürfen.

Sie können dies nacheinander tun: im ersten Schritt mit der Einzeladoption durch den einen Partner und im zweiten Schritt mit der Sukzessivadoption durch den anderen Partner.

Wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist dabei das Ergebnis, und das lautet: Erstens. Ein adoptiertes Kind kann in Zukunft auch rechtlich zwei Eltern des gleichen Geschlechtes haben.

Zweitens. Schwule oder lesbische Paare können ein Kind adoptieren und ihm eine Familie geben.

Meine Damen und Herren, diese Reform ist, wie ich finde, ein weiterer und wichtiger Schritt, um den Familienbegriff der Vielfalt der sozialen Realität anzupassen. Das klassische Schema „Vater-Mutter-Kind“ ist immer noch das Familienmodell, das am weitesten verbreitet ist; aber es ist längst nicht mehr das einzige. Die Menschen haben die Freiheit, in sehr vielen verschiedenen Lebensentwürfen und Konstellationen zusammenzuleben, und sie nutzen diese Freiheit auch.

In vielen Teilen dieser Welt werden Schwule und Lesben noch heute verfolgt und unterdrückt – von Uganda bis Russland. Ich bin froh darüber, dass dies in Deutschland anders ist. Bei uns kann jeder seinen Lebensentwurf so leben, wie er oder sie das möchte – ohne Unterdrückung und ohne staatliche Bevormundung.

Die Reform, die wir heute vorlegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht nur ein wichtiger Schritt und ein guter Tag für Kinder und Familien, sie ist auch ein Signal für Freiheit und für Selbstbestimmung; auch das macht sie so besonders wichtig.

Herzlichen Dank.

Vielen Dank. – Für die Linke spricht Harald Petzold.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3231349
Wahlperiode 18
Sitzung 23
Tagesordnungspunkt Adoption durch Lebenspartner
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