Volker UllrichCDU/CSU - Adoption durch Lebenspartner
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss der Debatte sei noch einmal daran erinnert, dass es bei der Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts eben doch um die Verbesserung von Kinderrechten und um die Verbesserung des Kindeswohls geht. Es ist natürlich durchaus möglich, diese Debatte unter dem Vorzeichen der Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften zu führen. Wir alle sind uns in diesem Hohen Hause einig: Wir erkennen gemeinsam an, dass in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften Werte gelebt werden, die insgesamt in dieser Gesellschaft wichtig sind und die eine Bindung verschaffen. Aber es ist auch wichtig, anzuerkennen, dass es einen Wert hat, die Rechte von Kindern zu verbessern.
Die Koalitionsvorlage stärkt die rechtliche Stellung von bereits bestehenden emotionalen Beziehungen. Denken Sie daran, dass in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft der eine Partner beispielsweise das Sorgerecht hat; der andere hat es nicht. Der eine Partner ist unterhaltsverpflichtet; der andere ist es nicht. Der eine hat einen Auskunftsanspruch im Krankheitsfall; der andere hat ihn nicht. Durch die Sukzessivadoption bekommt ein Kind ein Mehr an Rechten. Es bekommt die Möglichkeit, zusätzlich abgesichert zu werden. Deswegen ist dieser Gesetzentwurf richtig und zielführend.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mutlos!)
Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang bedauerlich, dass wir durch das Bundesverfassungsgericht dazu gezwungen worden sind, diesen Schritt zu gehen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Aber es sei auch daran erinnert, dass das Bundesverfassungsgericht kein Ersatzgesetzgeber ist und es dem Gesetzgeber freistehen muss, Wertentscheidungen selbst zu treffen, nach eigener Einschätzung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stefan Liebich [DIE LINKE]: Hätten Sie auch vorher schon!)
Dementsprechend können wir auch die Frage der Volladoption in einem anderen Licht betrachten. Es ist etwas dann gleich zu behandeln, wenn es von seiner Eigenart her gleich ist und wenn sich eine Ungleichbehandlung verbietet. Dort aber, wo Ansatzpunkte einer Differenzierung vorhanden sind, kann es eine gesetzgeberische Wertentscheidung sein, eine Ungleichbehandlung vorzunehmen.
(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Aha!)
Ich denke, dass es zwischen einer Sukzessivadoption und einer Volladoption durchaus einen zu betrachtenden Unterschied gibt. Bei der Sukzessivadoption ist die Bindung des Kindes an einen Lebenspartner bereits vorhanden, während bei der Volladoption zwei völlig neue Bindungen geknüpft werden. Angesichts dieses Unterschiedes sollten wir gut überlegen, ob das, was wir bislang wissen, was wir bislang an Studien haben, ausreicht, eine Gleichbehandlung herbeizuführen, oder ob es besser ist, zu sagen: Das Kindeswohl gebietet es, dass der Regelfall eben doch der sein soll, dass eine Adoption durch Mann und Frau erfolgt, sodass quasi Emotionen und andere Aspekte der Erziehung von beiderlei Geschlecht zum Tragen kommen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Beck? – Bitte schön.
Nur, damit auch ich als Nichtjurist es verstehe: Das Bundesverfassungsgericht hat sich ja für dieses Urteil, das Sie heute umzusetzen meinen, genau diese Fragen gestellt, Sachverständige vom Deutschen Familiengerichtstag, von Psychologenverbänden, von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter angehört – alle Fachverbände waren einbezogen – und kommt dann zu dem Schluss:
– nicht der Sukzessivadoption, sondern der Adoptionsmöglichkeiten –
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Weiter führt es aus, was ich vorhin schon gesagt habe – ich lese es einfach noch einmal vor; ich habe es schon ein paar Mal gemacht, weil es ja offensichtlich niemand zur Kenntnis nehmen will, zumindest auf der rechten Seite des Hauses –:
– also Sukzessivadoption, gemeinschaftliche Adoption, Stiefkindadoption –
Wo lesen Sie in diesem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes eine Legitimation für den Gesetzgeber, bei Adoptionsmöglichkeiten zwischen Lebenspartnerschaften und Ehepaaren weiterhin zu differenzieren? Ich habe Ihnen gerade zwei Sätze aus dem Urteil vorgelesen, die allgemein für das Adoptionsrecht sagen: Das dürfen wir nicht mehr. Wir können uns zwar überlegen, wie wir es machen, aber nicht, ob wir es machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Herr Kollege Beck, das Verlesen einzelner Zitate aus einem Verfassungsgerichtsurteil ersetzt nicht die gesetzgeberische Wertentscheidung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir treffen die gesetzgeberische Wertentscheidung so, dass wir die Sukzessivadoption aus den Gründen, die meine Kollegen und ich gerade dargestellt haben, in unserem Gesetzentwurf zulassen, dass wir als Gesetzgeber aber an der grundsätzlichen Wertentscheidung, dass vor dem Hintergrund des Kindeswohls eine Volladoption vornehmlich durch Mann und Frau erfolgen soll, im Augenblick nichts ändern. Das ist keine Wertentscheidung gegen gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften,
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich ist es das!)
sondern das ist im Grunde genommen eine Entscheidung für das Kindeswohl.
(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch wenn Sie sagen, sachwidrige Diskriminierung ist keine Diskriminierung, bleibt das trotzdem Diskriminierung!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3231422 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 23 |
Tagesordnungspunkt | Adoption durch Lebenspartner |