Omid NouripourDIE GRÜNEN - Bundeswehreinsatz EUTM Somalia
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute in erster Lesung die Entsendung von 20 deutschen Soldatinnen und Soldaten im Rahmen einer EU- Mission mit etwa 75 Soldaten nach Mogadischu. Diese Mission gibt es seit 2010; sie wurde bis letztes Jahr in Uganda durchgeführt und ist schrittweise nach Mogadischu gezogen. Es gibt durchaus – das muss ich zugestehen – einige Gründe, die für diese Mission sprechen. Natürlich wird sich die Situation in Somalia nicht stabilisieren, wenn man nicht hilft, die Staatlichkeit wiederaufzubauen. Natürlich wird diese Staatlichkeit nicht aufgebaut werden können, wenn man nicht mithilft, die Sicherheitskräfte aufzubauen. Natürlich kann man es per se gut finden, dass es eine integrierte EU-Mission ist. Das ist fast der einzige Punkt, bei dem ich anderer Meinung als der Kollege van Aken bin.
Ich halte den Umzug nach Mogadischu an sich erst einmal für ein gutes Signal, weil sich die Situation in Mogadischu in den letzten Jahren tatsächlich verbessert hat. Die EU hat ja eine zivile Repräsentanz in der Stadt aufgebaut. Das ist ein Zeichen, an dem man erkennen kann, dass es vorangeht in der Stadt. Deswegen ist der Umzug an sich richtig.
Aber es gibt auch einiges, was uns bisher völlig schleierhaft ist. Es ist vorhin beschrieben worden: Bis vor drei Monaten war die Sicherheitslage so, dass die Deutschen nicht dorthin konnten. Wir wollen eigentlich immer noch eine Erklärung der Bundesregierung, was sich verändert hat. Wir haben im Ausschuss nachgefragt. Die Antwort, die wir bekommen haben, war: Eigentlich hat sich die Sicherheitslage nicht verändert.
Wir würden gerne wissen – das ist der entscheidende Punkt für uns Grüne –, wie wirksam die Ausbildungsmission bisher war. Darauf gibt es bislang keine wirklichen Antworten. Wenn man fragt, wie erfolgreich sie denn war, ist die Antwort der Bundesregierung: Sie war erfolgreich. Wenn man nachfragt, worauf diese Behauptung sich stützt, wird gesagt: Es gibt internationale Beobachter, die das genauso sehen. Wenn man fragt, welche das denn waren, bekommt man einfach keine Antwort. Das ist nicht ausreichend.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Ministerin, Sie haben zumindest mich gerade zutiefst verwirrt. Sie haben mir das Gefühl gegeben, dass es relativ bekannt und klar ist, wo zum Beispiel die Trainer, die von uns ausgebildet werden, danach zum Einsatz kommen, wen sie ausbilden. Diesbezüglich bin ich auf konkrete Antworten sehr gespannt. Bisher haben wir darauf nämlich keine Antwort bekommen. Wir lesen und hören immer nur, dass es eine immense Zahl von Deserteuren gibt. Das Thema, dass Waffen dort eins zu eins weitergegeben werden, ist vom Kollegen van Aken völlig zu Recht benannt worden. Es gibt auch viele Berichte darüber, dass die Mission bisher eigentlich nur einen einzigen Clan ausgebildet hat. Das ist alles andere als beruhigend.
Wir wissen auch nicht, was eigentlich mit den Leuten, die nicht desertieren, passiert, wenn sie mit der Ausbildung fertig sind. Bekommen sie einen Sold? Woher bekommen sie einen Sold? Wie werden sie eigentlich untergebracht? Gibt es so etwas wie ein Monitoring zu dem, was sie dann tun? Gibt es so etwas wie ein Rechtsstaats- oder Menschenrechtsmonitoring für die Arbeit derjenigen, die wir ausbilden? Das alles fehlt komplett. Es gibt kaum Antworten. Das bedeutet: Es gibt viele gute Gründe, kritisch hinzuschauen.
Eines hat mich jetzt am meisten irritiert, Herr Staatsminister. Die Frau Ministerin hat ja völlig zu Recht gesagt: Das Militärische reicht nicht. Wir brauchen ein politisches Konzept, und das muss eingebettet sein. – Sie haben gerade damit geschlossen, dass das Militärische nun in das zivile und politische Konzept eingebettet sei, nur haben Sie es nicht beschrieben. Ich habe das noch nicht verstanden.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ich auch nicht!)
Ich habe noch nicht verstanden, wo jetzt der politische Ansatz ist und was wir da eigentlich genau tun wollen. Sie sagen lediglich, dass es ein Konzept gibt.
Das, was uns bisher vorliegt, ist relativ rätselhaft. Wenn das so bleibt, wie es jetzt vorliegt – das ist ja die erste Lesung; wir haben noch die Ausschussberatungen vor uns, und da werden wir uns das sehr genau anschauen –, kann ich meiner Fraktion beim bestem Willen nicht empfehlen, diesem Mandat zuzustimmen. Notwendig ist, dass wir wirklich Antworten bekommen, dass Sie uns eine Evaluation dessen vorlegen, was bisher passiert ist, dass uns tatsächlich plausibel erklärt wird, was mit denjenigen passiert, die wir ausgebildet haben, und dass der Vorwurf, die Waffen würden eins zu eins weitergegeben, tatsächlich entkräftet wird. Alles, was ich mir bisher international angeschaut habe, alle Berichte und Reportagen, die ich gelesen habe, sprechen eine andere Sprache; sie sprechen nicht dafür, dass es Ihnen möglich sein wird, das in der nächsten Sitzungswoche in den Ausschüssen zu erklären. Aber wir lassen uns gerne überraschen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Nouripour. – Ich erteile jetzt das Wort dem Kollegen Florian Hahn, CDU/CSU.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 23 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EUTM Somalia |