Reinhard BrandlCDU/CSU - Kommission zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Brugger – bitte aufpassen! –,
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
da Sie gerade wieder versucht haben, uns eine andere Motivation zu unterstellen, möchte ich zu Beginn meiner Rede eines klarstellen: Die vorgeschriebene Beteiligung des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist eine Stärke unserer Demokratie. Gerade bei diesen schwierigen Fragen, bei denen es um Leben und Tod gehen kann und über die man oft unter Zeitdruck und bei unvollständiger Informationslage entscheiden muss, übernehmen wir als Parlament gemeinsam mit der Regierung Verantwortung. In der Praxis – Sie wissen das – heißt das: eine breite parlamentarische Mehrheit für jeden Einsatz.
Einsätze der Bundeswehr spielen in Wahlkämpfen praktisch keine Rolle. Ich weiß, die Linken haben einen anderen Schwerpunkt, aber ich lasse sie jetzt einmal außen vor. Weder die Soldaten noch unsere Bündnispartner müssen befürchten, dass nach einer Wahl eine neue Regierung einen vollkommen neuen Kurs einschlägt. Auch das ist eine Form von Bündnisfähigkeit. Wir wären verrückt, wenn wir dieses gute Instrument der Parlamentsbeteiligung in irgendeiner Form infrage stellen oder schwächen würden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auf der anderen Seite gibt es unter anderem bei den Grünen, Frau Brugger, das wohlgepflegte Klischee, die Bundesregierung und die Union würden, wenn sie nur könnten, die Bundeswehr noch viel häufiger in den Einsatz schicken,
(Inge Höger [DIE LINKE]: Das haben Sie doch angekündigt!)
nur das Parlamentsbeteiligungsgesetz und die guten Grünen verhindern das. Das ist so eingängig wie falsch.
(Michael Brand [CDU/CSU]: Die haben so viele Missionen unter Rot-Grün auf den Weg gebracht!)
Das wissen Sie genau. Sie sind bei den Beratungen immer selbst mit dabei, aber dennoch versuchen Sie, mit aller Kraft dieses Klischee unterschwellig aufrechtzuerhalten.
Dabei sind wir uns doch im Grundsatz einig, und wir sind uns auch bei großen Teilen der Problembeschreibung einig. Sie selbst beantragen heute eine Kommission zur Weiterentwicklung der Parlamentsrechte
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht völlig falsch, was Sie bisher erzählt haben!)
und haben in großen Teilen wortwörtlich unseren Antrag übernommen.
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt müssen Sie sich entscheiden, was Ihr Vorwurf ist!)
Ein Thema, das Sie und uns bewegt, ist, dass mit der verstärkten militärischen Integration in der NATO und der EU Spannungsverhältnisse zur Parlamentsbeteiligung entstehen können.
Was heißt das konkret? Ein Soldat arbeitet zum Beispiel das ganze Jahr über in einem Planungsstab der NATO. Plötzlich gibt es einen Einsatz, der von der NATO geführt wird, an dem dieser Stab direkt oder indirekt beteiligt ist. Deutschland – vor allem um den Fall geht es – entscheidet sich zum Beispiel im Parlament, nicht an diesem Einsatz teilzunehmen. Die Frage, die sich dann stellt, lautet: Unter welchen Voraussetzungen kann der Soldat in seinem Stab weiterarbeiten? Ab wann brauchen wir für den Mann oder die Frau ein eigenes Mandat mit erster, zweiter und dritter Lesung, mit Ausschussberatungen und namentlicher Abstimmung?
Was würde es bedeuten, wenn wir in so einem Fall unsere Leute gleich von vornherein abziehen würden? Welche Positionen würden wir dann zum Beispiel in der NATO nicht bekommen? Die Fragen sind nicht trivial, aber, ehrlich gesagt, sind sie auch nicht weltbewegend.
(Lachen des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Herr Nouripour, das muss man in der Abwägung sehen: Es geht wirklich um Spezialfragen, um die wir uns kümmern, die nicht trivial sind, die aber lösbar sind.
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)
Dazu stellen sich Fragen – in dem Antrag ist auch von der Auffächerung der Aufgaben die Rede –, zum Beispiel wie wir die Parlamentsbeteiligung an die Art der Einsätze besser anpassen können.
Ich sage Ihnen, wie es ist. Es gibt auch bei uns in der Fraktion unterschiedliche Meinungen dazu; es gibt in der SPD unterschiedliche Meinungen dazu. Aus meiner Sicht könnten wir auch teilweise Einsätze der Polizei mandatieren. Aber das sind Fragen, die wir in dieser Arbeitsgruppe konkret abwägen wollen. Dazu wollen wir externe Experten einladen. Genau deswegen etablieren wir heute diese Arbeitsgruppe.
Die Grünen können sich jetzt entscheiden, ob sie daran mitarbeiten oder ob sie weiter an ihrem Klischee festhalten wollen. Ich rate Ihnen, ehrlich gesagt, von dem Baum wieder herunterzukommen, auf den Sie jetzt mit Ihrer Boykottandrohung geklettert sind. Es kann nämlich gut sein, dass die Kommission zu ganz vernünftigen Lösungen kommt, die vielleicht auch in Ihrem Sinne wären. Sie wissen, wie es dann politisch ist. Sie haben von vornherein gesagt, Sie arbeiteten nicht mit. Dann können Sie natürlich auch nachher den Ergebnissen, selbst wenn sie gut sind, nicht zustimmen. Sie müssen Ihren Anhängern dann auch erklären, dass Sie ausgerechnet bei einem Thema wie der Parlamentsbeteiligung an Auslandseinsätzen der Bundeswehr, das Ihnen so wichtig ist, auf die Mitarbeit verzichten.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3231610 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 23 |
Tagesordnungspunkt | Kommission zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr |