Herlind GundelachCDU/CSU - Bergbaurecht
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember vergangenen Jahres Recht gesprochen – diesbezüglich möchte ich einmal etwas richtigstellen – und dabei eindeutig die Verfassungsmäßigkeit des Tagebaus Garzweiler II bestätigt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Es hat damit sowohl den bergbautreibenden als auch den vom Bergbau betroffenen Menschen in der Region Sicherheit und Klarheit gegeben.
Lassen Sie mich daher kurz auf das geltende Bergrecht in Deutschland und auf seine Grundlagen eingehen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Waren Sie schon mal in der Region? – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die letzte grundlegende Änderung liegt 30 Jahre zurück; das Recht ist also nicht ganz so alt, wie Sie das gerade dargestellt haben. Vorher war Bergrecht Landesrecht. Seither wurde es mehrfach und vollständig an neue und vor allen Dingen umweltrechtliche Vorgaben aus europäischen Richtlinien einschließlich der daraus folgenden Öffentlichkeits- und Betroffenenbeteiligung angepasst.
Zudem hat die Rechtsprechung das Gesetz weiter ausgeformt. Nur zum Vergleich: Unser Zivilrecht ist deutlich älter als das Bergrecht. Unser Bergrecht entspricht daher heute vollumfänglich europäischem und auch nationalem Recht, insbesondere auch in Umweltfragen. Im europäischen Ausland gilt es vor allem aufgrund der sehr hohen Schutz- und Vorsorgeaufwendungen für Umwelt und Betroffene sogar als vorbildlich.
Man kann es daher nicht anders sagen: Das deutsche Bergrecht hat sich in seiner Ausgestaltung im Grundsatz bewährt.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie sich schon mal damit beschäftigt?)
Daher habe ich den Eindruck, dass die im Antrag der Grünen geforderten Änderungen und Verschärfungen des Bergrechts vor allem darauf abzielen, die Förderung von Rohstoffen in Deutschland erheblich zu erschweren; am liebsten würden Sie sie wahrscheinlich ganz verbieten.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unsinn!)
Die Folgen würden dann aber nicht nur die Braunkohle betreffen, sondern auch andere Grund- und Rohstoffe wie Magnesium, Kies, Kaolin und Kalk, auf die unsere Wirtschaft in hohem Maße angewiesen ist.
Ich möchte an dieser Stelle anmerken: Deutschland hat völlig zu Unrecht den Ruf, ein rohstoffarmes Land zu sein; denn drei Viertel unserer benötigten Rohstoffe fördern wir im eigenen Land. Wir brauchen sie beispielsweise für die Wirtschaftszweige Bau und Verkehr, für die chemische Industrie und auch für die Landwirtschaft. Die Konsequenzen einer Unterbindung der heimischen Rohstoffförderung wären folglich höchst problematisch. Und vor allem besteht hierzu kein Anlass; denn es gibt keinen Bedarf für eine Änderung des Bergrechts. Zumindest kann ich im Gegensatz zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann haben Sie das Urteil aber nicht gelesen!)
keinen derartigen Auftrag aus dem von Ihnen angeführten Urteil des Bundesverfassungsgerichts ableiten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie ist das denn mit Fracking? Wollen Sie da auch nichts machen?)
– Auf den Punkt kommen wir vielleicht noch zu einem späteren Zeitpunkt. – Meines Erachtens versuchen Sie das Urteil so umzudeuten, wie es Ihnen passt. Sie nutzen es für ein Sammelsurium von zusätzlichen Forderungen.
Ich möchte deswegen noch einmal etwas genauer auf dieses Urteil und vor allem auf die ihm zugrundeliegende Klage eingehen. Konkret geht es ja um den Braunkohletagebau Garzweiler II im Rheinischen Braunkohlerevier in Köln;
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ist nicht in Köln! Der ist bei Köln!)
es ist übrigens der zweitgrößte Tagebau in Europa. Die dort geförderte Braunkohle ist die Basis für 6 Prozent der heimischen Stromproduktion.
Bergbau ist standortgebunden und kann daher nicht beliebig verschoben werden. Das wissen Sie selber. Deshalb ist es manchmal notwendig, das Gemeinwohl über das Schicksal Einzelner zu stellen. In diesem Fall bedeutete das, dass die Anwohner für die Förderung umgesiedelt werden mussten und dafür finanziell entschädigt wurden. Ich kenne diese Gegend relativ gut; denn ich habe dort 40 Jahre gelebt. Deswegen weiß ich aus Erfahrung, dass diejenigen, die umgesiedelt wurden, mit der Umsiedlung in der Regel sehr zufrieden waren, weil sie sich nämlich deutlich verbessert haben.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kann ich Ihnen aber was anderes berichten, Kollegin!)
Gegen Garzweiler II hatte nun ein Grundstückseigentümer gemeinsam mit dem BUND geklagt und war damit bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Auf der Entscheidung des Gerichts basiert nun auch Ihr Antrag. Zum weiteren Verständnis möchte ich noch hinzufügen, dass dieser Fall bereits 2006 vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt worden war. Dem Kläger war damals eingeräumt worden, dass bereits bei der Vorhabenzulassung eine Gesamtabwägung aller öffentlichen und privaten Belange erforderlich sei, die für und gegen das Vorhaben sprechen, und nicht erst bei der Enteignung. Insoweit, denke ich, war das etwas, was ihm durchaus entgegenkam.
Mit diesem Urteil wurde dem damaligen Kläger – und seitdem grundsätzlich allen Bergbaubetroffenen in Deutschland – Rechtsschutz bereits zum Zeitpunkt der Vorhabenzulassung gewährt. Somit werden seit 2006 die Interessen von Anwohnern und Grundstückseigentümern frühzeitig und stärker berücksichtigt als vorher.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wieso mahnt dann das Gericht eine Neufassung des Gesetzes an?)
Aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts in 2006 wurde der Fall neu eröffnet mit dem Ziel, einen neuen Rahmenplan aufzustellen. In diesem Verfahren kam man allerdings – unter Abwägung aller Gründe – zum gleichen Ergebnis, nämlich dass der Kläger zum Wohle der Allgemeinheit umgesiedelt werden müsse.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich festhalten, dass ich die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf rechtzeitige Beteiligung uneingeschränkt gutheiße; denn alles andere ist nicht mehr zeitgemäß. In Deutschland können und dürfen wir keine Großprojekte mehr – sei es der Ausbau der Stromnetze, sei es der Bau von Flughäfen, Bahnhöfen oder Straßen – ohne weitreichende Information und Beteiligung der Bevölkerung durchsetzen.
Aufgrund meiner Erfahrung kann ich sagen, dass man durch umfassende Aufklärung und Information sehr viel erreichen kann. Folglich bin ich ganz klar für eine fundierte Öffentlichkeitsbeteiligung. Ich denke, darin sind wir uns wieder einig. In Ihrem Antrag fordern Sie aber Dinge, die zu einem großen Teil bereits geregelt sind.
Ich möchte auf das Urteil zurückkommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil explizit die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von 2006 aufgegriffen und bestätigt; denn wie schon gesagt: Schon seit 2006 müssen die Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer bereits bei der Rahmenbetriebsplanzulassung im Wege einer umfassenden Gesamtabwägung über § 48 Abs. 2 Satz 1 Bergbaugesetz berücksichtigt werden.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Braunkohleplanung? Da muss auch was geändert werden!)
– Nein. Es wird nach den Gepflogenheiten genauso zugelassen, die sowohl im Gesetz als auch im Richterrecht geregelt worden sind.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie das Urteil mal! – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einstufiges Verfahren!)
Das entscheidende Argument des Gerichts lautet: Dem Rahmenbetriebsplan kommt im gestuften Zulassungsverfahren im Tagebau die Funktion einer faktischen Zulassungsentscheidung mit Außenwirkung zu. Dementsprechend ist den Betroffenen seit 2006 auch die Klagemöglichkeit eröffnet. Damit ist der von Ihnen geforderte effektive Rechtsschutz gewährleistet; denn es wird gewährleistet, dass der Grundstückseigentümer frühzeitig in die Planung und Umsetzung einbezogen wird.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Verhöhnung der Umsiedler!)
Ich stimme Ihnen aber zu, dass es durchaus überlegenswert ist, dieses Richterrecht, das gilt und angewandt wird, bei geeigneter Gelegenheit auch vom Gesetzgeber bestätigen zu lassen.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das fordern wir ja!)
– Ja, das heißt aber nicht, dass es nicht schon angewandt wird. Es steht nur nicht im Gesetz. Richterrecht wird genauso angewandt wie geschriebenes Recht.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie sagen, es würde bisher nicht angewandt!)
– Doch. Ich habe die ganze Zeit ausgeführt, dass es angewandt wird.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum schreiben Sie es dann nicht in das Gesetz? Warum nicht?)
– Weil es bereits angewandt wird. Ich habe gesagt, dass ich nichts dagegen habe, wenn es irgendwann ins Gesetz geschrieben wird. Es muss aber nicht sein, weil das Recht bereits gilt. Insofern ist es gegenwärtig ausreichend; das heißt, der Rechtsschutz ist gewährleistet.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber eigentlich doch nicht! Was ist das für eine Auffassung? Was ist denn mit Rechtsklarheit und Rechtswahrheit?)
– Dann müssen Sie einmal vor Gericht gehen. Richterrecht wird genauso angewandt wie geltendes Recht, das vom Gesetzgeber niedergelegt wird. Beides ist bei der Rechtsprechung zu beachten.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann brauchen wir ja gar nichts mehr zu machen! Wir überlassen alles den Richtern!)
Lassen Sie mich abschließend kurz zusammenfassen: Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 17. Dezember 2013 ausdrücklich die Verfassungsmäßigkeit des Bergrechts bestätigt. Es besteht folglich auch keine Notwendigkeit für die von Ihnen geforderte umfassende Novellierung. In seiner Entscheidung hat das Verfassungsgericht aber auch betont, dass die Entscheidung, wie die Energieversorgung in unserem Land erfolgt – das haben auch Sie gerade gesagt –, eine politische Entscheidung ist.
– ich zitiere das Bundesverfassungsgericht –
– gemeint ist die von SPD und Grünen geführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen –
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war zur Zeit der Genehmigung des Tagebaus aber noch eine SPD-Alleinregierung!)
Dem ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen.
Ihre Forderungen nach einer Änderung des Bergrechts sind meines Erachtens vor allem ideologisch geprägt. Sie wollen nach dem Ausstieg aus der Kernenergie nun schnellstmöglich auch einen Ausstieg aus der Braunkohle – das ist aus Ihren Worten gerade deutlich geworden –, unter Hinweis auf die hohe CO 2 -Belastung aus der Verstromung von Braunkohle, die zweifellos gegeben ist.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist gegeben! Genau!)
Die Braunkohle ist aber neben den erneuerbaren Energien die einzige Energieart, die uns in unserem Land zur Verfügung steht, die wir nicht importieren müssen wie Steinkohle und Gas, was man gerade in diesen Tagen vielleicht auch nicht ganz außer Acht lassen sollte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Insofern gibt uns die Braunkohle ein gewisses Maß an Sicherheit, was unsere Versorgung angeht; denn wir sind für absehbare Zeit auch auf die Nutzung fossiler Energien angewiesen.
Um Ihre Forderung zu unterstreichen, werden Sie auch nicht müde, darauf hinzuweisen, dass der Anteil der Braunkohle an unserem Energiemix in den letzten Monaten deutlich gestiegen ist. Sie vergessen dabei aber, zu sagen, dass der CO 2 -Ausstoß aus der Braunkohle trotz des höheren Einsatzes der Braunkohle insgesamt gesunken ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3231622 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 23 |
Tagesordnungspunkt | Bergbaurecht |