20.03.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 23 / Tagesordnungspunkt 10

Bernd WestphalSPD - Bergbaurecht

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland werden jährlich 770 Millionen Tonnen Rohstoffe gewonnen. Damit stellt der Rohstoff im Bergbausektor noch immer einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar.

Wenn wir an die Wirtschaftswunderjahre nach dem Zweiten Weltkrieg denken, dann erinnern wir uns, für welche wirtschaftliche Dynamik der Bergbau steht. Die enorme Beschäftigungsentwicklung und der schnelle wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland sind stark mit dem Bergbau verbunden. Durch den Bergbau konnte ein Fundament für Wohlstand in Deutschland geschaffen werden. Zudem liegt im Bergbau mit seiner jahrhundertealten Tradition der Ursprung für viele soziale Errungenschaften, die heute auch in anderen Bereichen als selbstverständlich gelten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes, aber auch an die Mitbestimmung, die tarifliche Entlohnung sowie die Mitbestimmung in Aufsichtsräten.

Beim Bundesberggesetz handelt es sich in erster Linie um ein Wirtschaftsgesetz. Es beinhaltet alle bergrechtlichen Fragen vom Aufsuchen über das Gewinnen und Fördern eines Rohstoffs bis zur Schließung des Bergbaus oder des Tagebaus. Das deutsche Bergrecht ist ein altes Gesetz, dessen Ursprünge bis ins Mittelalter zurückgehen. Das ist im Übrigen nichts Ungewöhnliches: Denken wir an unser zivilrechtliches Bürgerliches Gesetzbuch. Es stammt aus dem Jahr 1900 und muss deswegen nicht schlecht sein.

Gesetze, auch das Bundesberggesetz, werden natürlich ständig an die sich ändernden Ansprüche und Bedürfnisse angepasst. Die letzte Reform – darauf ist schon hingewiesen worden – wurde in den 80er-Jahren durchgeführt. Ich will darauf hinweisen, dass hier viele europäische Initiativen gerade aus dem Bereich Umweltschutzstandards eingeflossen sind. Das Bergrecht hat in seiner Geschichte in vielen Punkten eine Vorreiterrolle übernommen. So werden zum Beispiel soziale und ökologische Aspekte schon seit langem berücksichtigt, weshalb es im europäischen Ausland als sehr vorbildlich angesehen wird.

In der Technologie zum Abbau von Rohstoffen liegt heute gewaltiges Innovationspotenzial. Bergbau und Rohstoffgewinnung sind Hightech. Viel Hightech würde in Deutschland nicht funktionieren, wenn wir nicht die Bergleute hätten, die für Nachschub an Rohstoffen sorgen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Deshalb besteht auf den globalen Märkten eine große Nachfrage nach deutscher Bergbautechnologie.

Es lässt sich nicht vermeiden, dass der Abbau von Bodenschätzen meist mit Auswirkungen auf die Umwelt verbunden ist. Im Bergbau in Deutschland gibt es die weltweit höchsten Sicherheits- und Umweltstandards; die Belastungen für die Arbeitnehmer und die Umwelt sind so gering wie möglich. Aufgabe des Gesetzgebers ist es, das Bergrecht an die Entwicklungen anzupassen, sodass die jeweils gültige Fassung immer zeitgemäß und rechtskonform ist. So muss das Bergrecht unter Einbeziehung umweltrechtlicher Vorschriften immer neu justiert werden. Zum Beispiel soll eine obligatorische UVP als Bestandteil des Genehmigungsverfahrens für die Gewinnung bestimmter Rohstoffe eingeführt werden. Das gilt auch für die seit 50 Jahren in Niedersachsen – und ich komme aus Niedersachsen – praktizierte Erdgasförderung durch das Fracking-Verfahren.

Des Weiteren muss das Bergrecht in Zukunft den gestiegenen Bedürfnissen der Bevölkerung nach Öffentlichkeitsbeteiligung und Transparenz im Verfahren noch stärker gerecht werden. Dies kann schon im Vorfeld einer Entscheidung zu einer Entspannung zwischen den Interessen der Investoren und der betroffenen Menschen beitragen. Wir wollen den Rechtsrahmen für den Rohstoffabbau neu justieren, aber den Bergbau damit nicht verhindern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bei der Anpassung muss aber auch den berechtigten Interessen der Unternehmen auf Investitionssicherheit Rechnung getragen werden. Wir müssen daran denken, dass bergbauliche Vorhaben unter und über Tage mit erheblichen Vorlaufinvestitionen verbunden sind. Diese benötigen Rechtssicherheit, die über einen sehr langen Zeitraum Gültigkeit haben muss. Deshalb darf ich Sie, Kollegin Baerbock, darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil, gerade was Garzweiler II angeht, die Verfassungsmäßigkeit festgestellt hat.

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden ja über neue Tagebaue!)

Für die deutsche Industrie hat die Versorgung mit Rohstoffen und Materialien eine große Bedeutung. In seiner Urteilsbegründung hat das Bundesverfassungsgericht deshalb auch die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen als ein Gemeinwohlziel im Sinne des Grundgesetzes bezeichnet und über das private Eigentum gestellt. Das muss auch so bleiben. Sonst wären große Infrastrukturmaßnahmen gar nicht mehr möglich.

Die Gewinnung von Rohstoffen in Deutschland und die Nutzung eigener Ressourcen macht Deutschland unabhängiger von Rohstoffimporten. Außerdem können wir bei einem Abbau in Deutschland garantieren, dass die in Deutschland geltenden hohen sozialen Standards – ich denke hier vor allen Dingen an die Arbeitsschutzstandards – und die hohen ökologischen Standards eingehalten werden. Das ist bei Rohstoffen, die wir aus dem Ausland beziehen, oft nicht möglich.

Das Urteil, auf das schon hingewiesen worden ist, ist aber kein Ruhekissen. Es muss für uns Politiker Ansporn sein, das Bundesberggesetz an aktuelle Bedürfnisse anzupassen. Sonst hätten wir Stillstand. Wir stehen als SPD aber für Fortschritt,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn?)

und das mit einem nachhaltigen Bergbau.

Herzlichen Dank. Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Kollege Andreas Lämmel hat nun für die CDU/ CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3231647
Wahlperiode 18
Sitzung 23
Tagesordnungspunkt Bergbaurecht
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