Kerstin GrieseSPD - Mindestlohn
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Pothmer, ich weiß zwar nicht, wie ich das jetzt toppen kann, aber ich werde es versuchen.
(Heiterkeit – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es gefährlich! – Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])
– Lieber nicht? – Gut.
Ich möchte ein herzliches Dankeschön an die Fraktion Die Linke richten, da sie uns mit ihrem Antrag die Gelegenheit gibt, dieses wichtige Thema schon so früh zu diskutieren, und zwar in der Woche, in der von der Regierungskoalition ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wird. Deshalb ist das ein guter Anlass.
Es ist ein wichtiges Thema und eine Herzensangelegenheit für die SPD, einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn durchzusetzen. Dafür haben wir im Wahlkampf gekämpft. Das haben wir versprochen, und das haben wir gehalten.
(Beifall bei der SPD)
Wir sind froh, dass wir diesen Mindestlohn gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, der CDU/CSU, und – ich will das ausdrücklich erwähnen; denn das ist ein großer Erfolg – auch gemeinsam mit den Gewerkschaften umsetzen und so unser Versprechen halten können. Der Mindestlohn ist ein guter Schritt für viele Menschen in unserem Land und auch ein Erfolg für unsere Ministerin, die das so konsequent und so zielstrebig durchgesetzt hat. Ein herzliches Dankeschön auch dorthin.
(Beifall bei der SPD)
Wir haben den Mindestlohn versprochen und halten dieses Versprechen. Wir werden die Details in den nächsten Wochen natürlich noch ausführlich beraten. Ich will darauf hinweisen, dass der Mindestlohn ein großer Fortschritt für die Menschen in unserem Land ist. Ich habe nachgeschaut: Allein im Kreis Mettmann in Nordrhein-Westfalen, aus dem ich komme – das ist ein im Durchschnitt wirtschaftsstarker Kreis –, werden etwa 50 000 Menschen positiv von der Entscheidung für einen Mindestlohn betroffen sein. In Nordrhein-Westfalen werden es 1,3 Millionen Menschen und bundesweit 4 bis 6 Millionen Menschen sein, die jetzt endlich einen anständigen Lohn für ihre Arbeit bekommen, auch wenn das nur eine Untergrenze ist und gute Tarife, die darüber liegen, natürlich noch besser sind.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Karl Schiewerling [CDU/CSU])
In erster Linie ist das ein Erfolg für die Menschen und die Branchen, in denen sie arbeiten. Das gilt auch für die, die in Minijobs arbeiten; denn dort wird viel Missbrauch betrieben. Gerade heute am Equal Pay Day will ich sagen: Es ist auch ein Erfolg für die Frauen, die immer noch in schlechter bezahlten Jobs arbeiten. Auch auf sie wird sich der Mindestlohn positiv auswirken.
(Beifall bei der SPD)
Der Mindestlohn ist auch ein großer Fortschritt für die Unternehmen, und zwar für die Unternehmen in unserem Land, die anständig zahlen. Denn er bringt mehr Ordnung und mehr Fairness auf dem Arbeitsmarkt. Der Mindestlohn bedeutet für die Unternehmen: Endlich gibt es einen gerechten und fairen Wettbewerb und kein Lohndumping mehr.
Die Koalition schlägt einen Mindestlohn von 8,50 Euro vor. Ich wette: Wenn Sie nächstes Jahr mit einem entsprechenden Antrag kommen, Herr Ernst, dann schlagen Sie 12 Euro vor. Das ist ja immer ein Überbietungswettbewerb.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir liegen mit den 8,50 Euro ganz richtig; das ist der Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Wir liegen im europäischen Vergleich genau zwischen Großbritannien mit 7,63 Euro, Irland mit 8,65 Euro und den Niederlanden mit 9,10 Euro. Ich glaube, das ist ein guter und vernünftiger Vorschlag. Ein reiner Überbietungswettbewerb hilft weder den Menschen noch dem Arbeitsmarkt.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir schlagen vor, dass künftig – der Kollege Schiewerling hat es schon gesagt – eine Kommission der Tarifpartner, die paritätisch besetzt ist, also mit Vertretern des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, über die weitere Entwicklung des Mindestlohns beschließt. Das machen wir deshalb, weil wir die Tarifautonomie und die Tarifpartner stärken wollen. Wir wollen nicht weiter im Parlament über den Mindestlohn entscheiden, sondern wir wollen, dass die Tarifpartner dies tun.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Wissenschaft?)
Es ist eine gute und kluge Lösung, die wir vorschlagen. Wir wollen, dass es keine politische Festsetzung gibt, sondern eine Festsetzung vonseiten der Tarifpartner.
Wie überhaupt das Ziel unseres Gesetzentwurfs ja die Stärkung der Tarifautonomie ist. Deshalb haben wir eine Übergangsfrist von zwei Jahren vorgesehen. Ich muss sagen: Ich kann nicht verstehen, warum Sie sich darüber so aufregen;
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil es ungerecht ist!)
denn die Übergangsfrist bedeutet doch, dass es endlich in mehr Branchen eine Tarifgebundenheit geben wird.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
In der Fleischbranche haben wir das doch gesehen.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht darum, was die Menschen im Portemonnaie haben!)
Wenn es nicht aufgrund der Mindestlohndebatte Druck gegeben hätte, hätte die Fleischbranche sich doch gar nicht bewegt. Jetzt gilt für sie ein Tarifvertrag, und sie wurde in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen. Der Mindestlohn soll schrittweise auf 8,75 Euro pro Stunde steigen – immerhin. Mit dieser Übergangsfrist wollen wir auch und gerade die Branchen, in denen es noch keine Tarifgebundenheit gibt, auffordern und unterstützen, einen Tarifvertrag abzuschließen; denn darin wird natürlich noch viel mehr geregelt als nur die Lohnhöhe. Deshalb ist das eine gute Sache.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will ausdrücklich sagen: Wichtig ist, dass wir im Vorfeld der Erarbeitung unseres Gesetzentwurfes einen Branchendialog geführt haben. Wir haben im Koalitionsvertrag festgehalten, dass es mit den Branchen, die vom Mindestlohn betroffen sein werden, einen Dialog geben wird. Wir alle haben in diesen Gesprächen viel gelernt. Ich finde, es ist vorbildlich, dass man vorher so intensiv mit den Branchen berät.
Die Gespräche haben eines gezeigt: Es gibt ganz unterschiedlich gelagerte Probleme. Manchmal ist die unterschiedliche Bezahlung ein Ost-West-Problem. Manchmal gibt es Probleme – etwa im Taxigewerbe –, die man gar nicht über den Mindestlohn, sondern nur über Entscheidungen in den Kommunen lösen kann. Oft geht es auch um ganz konkrete Probleme, die man durch begleitende Maßnahmen lösen kann. Das Ergebnis ist – das ist ein großer Erfolg unseres Vorschlags für einen gesetzlichen Mindestlohn –, dass wir keine einzige Branche ausnehmen werden.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Karl Schiewerling [CDU/CSU])
Das ist auch deshalb wichtig, weil so kein Missbrauch betrieben werden kann. Wir werden den Branchen, die Probleme haben, beim Übergang helfen. Dann wird es diesen Mindestlohn geben.
Ich bin froh, dass der Mindestlohn zum 1. Januar 2015 kommt, mit einer Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2017. Dann wird es den Mindestlohn für alle geben: flächendeckend und gesetzlich, beginnend bei 8,50 Euro pro Stunde. Danach werden die Tarifpartner über die weitere Entwicklung entscheiden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten, was wir versprechen. Das ist gut für die Menschen, gut für die Arbeitsplätze und gut für die Wirtschaft in unserem Land. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen und ganz besonders auf die Umsetzung dieses Mindestlohns.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Griese, auch für die präzise Einhaltung der Redezeit.
(Beifall der Abg. Daniela Kolbe [SPD])
Ich erteile jetzt der Kollegin Jutta Krellmann, Die Linke, das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3234311 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 24 |
Tagesordnungspunkt | Mindestlohn |