21.03.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 24 / Tagesordnungspunkt 17

Stephan StrackeCDU/CSU - Mindestlohn

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der allgemeine gesetzliche flächendeckende Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro kommt. So haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart, und so wird es umgesetzt. Die Ressortabstimmung über den Gesetzentwurf läuft. Wir machen Politik für die Menschen in unserem Land. Es macht Sinn, die Lebenswirklichkeit der Menschen in den Blick zu nehmen. Wir sind für praxisgerechte Lösungen. Deshalb sind wir mit den Gewerkschaften und Arbeitgebern in einen Dialog getreten, den die Bundesministerin angestoßen hat. Auch wir, die CDU/CSU-Fraktion, stehen mit den betroffenen Branchen im Dialog.

Für uns gilt: Harte Arbeit und Leistungswille müssen sich lohnen. Wir als CSU haben immer gesagt: Wer Vollzeit beschäftigt ist, sollte von seiner Arbeit angemessen leben können. Die Menschen in unserem Land sollen von der derzeit positiven wirtschaftlichen Entwicklung profitieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und so ist es auch: In keinem Industrieland ist die Arbeitslosigkeit zwischen 2007 und 2013 so schnell zurückgegangen wie in Deutschland.

(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Richtig!)

Das ist das Ergebnis unionsgeführter Politik, das ist das Ergebnis guter Wirtschaftspolitik, und genau die wollen wir fortsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Beate Müller- Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu welchem Preis?)

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland profitieren von der guten wirtschaftlichen Entwicklung. Die Gehälter in Deutschland sind in den letzten beiden Jahren um rund 7 Prozent gestiegen bei einer Inflationsrate von 3,5 Prozent. Das zeigt: Die Teilhabe funktioniert sehr gut.

Leistung muss fair bezahlt werden. Wir sind entschieden gegen jegliches Lohndumping und Billiglöhne. Aber es ist und bleibt Aufgabe der Sozialpartner, eine faire Bezahlung zu gewährleisten. Dass die Sozialpartnerschaft funktioniert, wurde aktuell in Bezug auf die Fleischindustrie deutlich. Wir haben viele Diskussionen politisch begleitet und gesagt: „Es muss hier zu Veränderungen kommen“, und genau das ist passiert. Wir werden nun die Fleischindustrie in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufnehmen, in dem ein entsprechender Mindestlohn verankert ist. Das zeigt: Die Sozialpartnerschaft funktioniert. Vielleicht muss man an der einen oder anderen Stelle politischen Druck ausüben. Das haben wir in der letzten Legislaturperiode getan. Es ist ein großer Erfolg, dass uns das gelungen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Sozialpartnerschaft entscheidet über Wohlstand und sozialen Frieden in unserem Land. Sie ist die tragende Säule und darf auch in Zukunft nicht infrage gestellt werden. Deshalb gilt für uns: Einen einheitlichen flächendeckenden Mindestlohn gibt es nur bei Wahrung der Tarifautonomie; beides gehört zusammen. Nicht von ungefähr heißt das Gesetz, das die Ministerin auf den Weg gebracht hat, Tarifautonomiestärkungs- und nicht -schwächungsgesetz.

Wir wollen die Tarifbindung und die Ordnung des Arbeitslebens durch Tarifverträge stärken. Deshalb werden wir die Allgemeinverbindlicherklärung erleichtern. Wir wollen das Interesse der Tarifpartner möglichst hochhalten und die Voraussetzungen entsprechend erleichtern. Das ist ein guter Ansatz. Die Branchenmindestlöhne liegen derzeit überwiegend über 8,50 Euro; sie haben sich bewährt. Deswegen werden wir das Arbeitnehmer-Entsendegesetz entsprechend ändern. Wir werden es für alle Branchen öffnen. Sie wissen, dass das Arbeitnehmer- Entsendegesetz bislang auf einen bestimmten Katalog begrenzt ist. Diesen Katalog werden wir erweitern. Es ist gut, dass wir hinsichtlich der Branchenmindestlöhne eine große Breite vorsehen.

Bei dem Mindestlohn von 8,50 Euro ist entscheidend, dass die zukünftige Anpassung über eine Mindestlohnkommission stattfinden soll. Sie wird mit Vertretern der Tarifvertragsparteien paritätisch besetzt werden. Wir wollen keinen politischen Mindestlohn, sondern einen, bei dem die Tarifvertragsparteien in der Verantwortung stehen. Genau das werden wir garantieren. Dabei gilt es, die nachlaufende Tariflohnentwicklung im Blick zu behalten und die entsprechenden Anpassungen vorzunehmen. Es wird so sein, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben: Wenn die Mindestlohnkommission gesprochen hat, wird das eins zu eins umgesetzt. So stellen wir uns das vor. Darauf haben wir uns verständigt.

Wir brauchen einen Mindestlohn mit Augenmaß. Deshalb wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, dass mögliche Probleme bei der Umsetzung berücksichtigt werden; beispielhaft genannt wurde die Saisonarbeit. Wir wollen Arbeit schaffen, nicht Arbeitslosigkeit. Wir wollen keine Verwerfungen in den Betrieben, zum Beispiel im Rahmen der Landwirtschaft. Wir müssen immer darauf achten, dass wir die richtige Balance schaffen und wahren. Deswegen haben wir uns mit dem Koalitionspartner verständigt. Wir sind uns im Grundsatz einig, was die Ausnahmen – Auszubildende, Ehrenamtliche und Praktikanten – angeht.

Wir müssen aber auch darauf achten, dass der Mindestlohn im Ergebnis nicht nach hinten losgeht. Deshalb gilt es, keine Anreize dafür zu setzen, dass auf eine Berufsausbildung zugunsten einer Beschäftigung mit Mindestlohn verzichtet wird. Wir haben in Deutschland derzeit ein hervorragendes Ausbildungsniveau. Genau das wollen wir erhalten, gerade vor dem Hintergrund des bestehenden Fachkräftemangels. Über die Altersgrenze von 18 Jahren müssen wir sicherlich noch einmal diskutieren. Wenn das Durchschnittsalter der Auszubildenden derzeit bei knapp 20 Jahren liegt, müssen wir darüber reden, ob es sachgerecht ist, die Grenze bei 18 Jahren anzusetzen.

Für Langzeitarbeitslose müssen wir besondere Chancen für einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schaffen. Deswegen ist es richtig, dass wir sie zumindest für eine Beschäftigungszeit von sechs Monaten vom Mindestlohn ausnehmen. Wir müssen darüber diskutieren, ob und inwieweit weitere Regelungen zielführend wären.

Entscheidend wird auch sein – so haben wir es im Rahmen des Koalitionsvertrages vereinbart –, dass wir Branchentarifverträge weiterhin berücksichtigen. Bestehende Tarifverträge sollen nicht verdrängt werden. Das gilt für die Übergangszeit bis Ende 2016. Darauf lege ich Wert.

Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren wirtschaftlich hervorragend entwickelt. Kein anderes Land steht so gut da wie Deutschland. Deswegen ist es verantwortbar, dass wir den Mindestlohn einführen. Ich weiß, dass damit arbeitsmarktpolitische Unwägbarkeiten verbunden sind, insbesondere in den Regionen, die schwächer aufgestellt sind als die starken Regionen, beispielsweise in Süddeutschland. Aber auch Personengruppen wie Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose müssen wir besonders in den Blick nehmen. Wir müssen hier die richtige Balance schaffen. Das tun wir im Rahmen des Prozesses, der nun ansteht.

Ich bedanke mich ganz herzlich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nächste Rednerin für Bündnis 90/Die Grünen ist die Kollegin Müller-Gemmeke.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3234338
Wahlperiode 18
Sitzung 24
Tagesordnungspunkt Mindestlohn
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