21.03.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 24 / Tagesordnungspunkt 17

Bernd RützelSPD - Mindestlohn

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Zitat stammt von Papst Johannes Paul II. Des Weiteren schrieb er am 14. September 1981 in der Sozialenzyklika „Laborem exercens“:

Das war vor gut 30 Jahren. Vor über 120 Jahren, nämlich 1891, hat der Arbeiterpapst Leo XIII. in der Mutter aller Sozialenzykliken, „Rerum novarum“, geschrieben, „dass der Lohn nicht etwa so niedrig sei, dass er einem genügsamen, rechtschaffenden Arbeiter den Lebensunterhalt nicht abwirft.“

Ich bin heute aus zweierlei Gründen sehr erfreut und dankbar dafür, dass nun die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohnes zum Greifen nahe ist.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Einmal, weil es um die Würde und die Wertschätzung des Menschen geht. Der Mensch muss vom Lohn seiner Vollzeitarbeit leben können, ohne auf staatliche Fürsorge angewiesen zu sein. Ein anständiges Einkommen, das die Existenz sichert, ist auch ein Zeichen des Respekts für die geleistete Arbeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Zum anderen ist ein Mindestlohn auch ökonomisch sinnvoll. Ich bin häufig in meinem Wahlkreis bei mittelständischen Firmen und werde dort oft angesprochen, dass der flächendeckende und einheitliche Mindestlohn schnell eingeführt werden muss. Diese Unternehmen fürchten nämlich den Dumpingwettbewerb, der zulasten anständiger Unternehmen wie dieser geht, die ordentliche Löhne zahlen, aber unter dem Druck stehen, dass die Konkurrenz das nicht tut und damit Aufträge gewinnt. Wir verbessern mit dem Mindestlohn auch die Wettbewerbssituation eben der Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair behandeln und dies auch in Zukunft tun möchten. Wir tragen mit diesem Mindestlohn damit zu Ordnung und Fairness im Wettbewerb bei.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit unserem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn stellen wir also einen Mindestschutz bereit, der einerseits Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und andererseits Unternehmen vor unfairer Konkurrenz mit unangemessen niedrigen Löhnen bewahrt. Und wir geben die finanzielle Verantwortung für existenzsichernde Löhne dorthin, wohin sie gehört: zu den Unternehmen. Denn sie profitieren von der Arbeit ihrer Mitarbeiter – nicht die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Es ist also widersinnig, wenn diese dafür bezahlen sollen, dass die Armutslöhne der Beschäftigten aufgestockt werden. Das sind versteckte Subventionen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Nach genau dieser Logik sorgte vor fast auf den Tag genau 100 Jahren der Automobilhersteller Henry Ford für eine Sensation: Er verdoppelte auf einen Schlag den Lohn für seine Beschäftigten; zugleich kürzte er die Arbeitszeit von neun auf acht Stunden. Man hat ihn dafür fast für verrückt erklärt. Damit schuf er aber die Voraussetzung dafür, dass sich nun seine Arbeiter selber die Autos kaufen konnten, die sie hergestellt und gebaut haben. Viele von uns kennen ja den Satz: Autos kaufen keine Autos.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Damit hat er seinen Absatz vervielfacht. Was Henry Ford wusste und was auch heute noch richtig ist: Anständige Löhne kurbeln die Binnenwirtschaft an. Sie sorgen für mehr Nachfrage, und Sie wirken sich auch positiv auf die Konjunktur aus. Wir schaffen mit dem von uns geplanten Mindestlohn noch etwas – das haben wir heute bereits gehört –: Wir stoppen die Erosion der Tarifbindung, die in den letzten Jahren zu der raschen Ausbreitung des Niedriglohnsektors beigetragen hat. Wir legen eine Untergrenze fest, die nicht unterschritten werden darf, darüber hinaus ist es wieder das Handwerk der Tarifpartner.

Mit dieser Tarifautonomie stärken wir die Höhe des Mindestlohnes für den jeweiligen Geltungsbereich. Ich habe heute früh die Zeitung aufgeschlagen und bin froh darüber, dass die Arbeitgeber und Gewerkschaften schon vor 2018, nämlich 2017, den Mindestlohn, diesen Einstieg, erhöhen wollen. Das ist ein gutes Zeichen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Damit setzen wir die Tarifpartnerschaft in den Vordergrund. Es ist kein politischer Mindestlohn, den wir haben.

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann ich mich nur den Worten der Kolleginnen und Kollegen der Linken anschließen. Wir haben es heute schon zweimal gehört; ich will es noch einmal sagen, weil es mir sehr gefällt. Ich habe den Gesetzentwurf vom 23. Oktober 2013 dabei. Das ist fünf Monate her. Dort heißt es: Wir sind für einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Begründet wird dies damit: Diese untere Grenze hat das Ziel, vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein ihre Existenz sicherndes Einkommen zu gewährleisten und eine angemessene Teilhabe am soziokulturellen Leben zu ermöglichen. – Ich habe es mir sogar markiert. Es hat mir sehr gut gefallen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Abschließend möchte ich einen Satz zu meiner Vorrednerin von der Union sagen, die gesagt hat: Sozial ist, was Arbeit schafft. Dieser Satz stimmt nicht. Er gefällt mir nicht. Sozial ist, was gute Arbeit schafft. Das ist ein Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Als Letztes: 8,50 Euro. Es wird Zeit, die Zeit ist gekommen: Weniger ist zu wenig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Wir haben heute nur Premieren. Auch Ihnen einen ganz herzlichen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede, Herr Kollege Rützel.

(Beifall)

Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Albert Weiler, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3234378
Wahlperiode 18
Sitzung 24
Tagesordnungspunkt Mindestlohn
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