Sabine WeissCDU/CSU - Gerechte Entlohnung von Frauen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Eingangs eine kleine Anmerkung: Ich bin mir relativ sicher, dass eine ganze Menge Kolleginnen und Kollegen bei diesem Tagesordnungspunkt gerne hier sitzen und zuhören würden. Ich weiß, dass ganz viele jetzt draußen am Brandenburger Tor sind und im Rahmen der Kundgebung ihre Unterstützung für das Anliegen bekunden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Verehrte Kollegin Müller-Gemmeke, ja, es ist tatsächlich unfassbar – das sehen auch wir so –, dass wir im Jahr 2014 immer noch über eine Lohndifferenz von 22 Prozent zwischen Männern und Frauen sprechen, und das sechs Jahre nach Einführung des Equal Pay Day.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann tun Sie doch was!)
– Ganz ruhig, ganz gelassen. Dazu komme ich gleich. Wir werden etwas tun. – Das ist in Zeiten, in denen Frauen mindestens so gut ausgebildet sind wie Männer, einfach nicht zu glauben.
Die Gründe für diese Entgeltungleichheit sind vielfältig und daher schwierig zu bekämpfen: Berufswahl, längere Erwerbsunterbrechungen oder Teilzeitarbeit wegen der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen, geringere Entlohnung in frauentypischen Berufen – die Liste der Gründe ist eben lang, und die Gründe können nicht einfach in Schwarz und Weiß differenziert werden.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht auch niemand!)
Ganz wichtig: Weniger Erwerbseinkommen führt zu weniger Rente. So einfach diese Gleichung ist, so gravierend sind die Folgen für die Frauen. Die Rentenlücke zwischen Männern und Frauen beträgt fast 60 Prozent.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Skandal!)
– Richtig.
Wir haben, Frau Müller-Gemmeke, der Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen den Kampf angesagt: Ausbau der Betreuung, Aufwertung sozialer Berufe,
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn?)
Unterstützung von Unternehmen bei der Betreuung, Heranführen von Mädchen an typische Männerberufe, verbesserte Mütterrente und, und, und; ein ganzes Maßnahmenbündel nehmen wir in die Hand, um die vielfältigen Gründe zu beseitigen. Das sind eben keine blumigen Ankündigungen, Frau Kollegin Müller-Gemmeke. Wir haben in den Koalitionsverhandlungen stundenlang mit viel Empathie – auch die wollten Sie uns absprechen – darüber diskutiert und sind zu diesen Ergebnissen gekommen. Wir wollen zeitnah einen Anspruch auf Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit schaffen, damit diejenigen, die familienbedingt zeitweilig weniger arbeiten möchten oder müssen, nicht in der Teilzeitfalle landen.
Auch einen individuellen Auskunftsanspruch werden wir festlegen, um mehr Transparenz bei der Entlohnung zu erreichen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Transparenz reicht aber nicht aus!)
Das alles sind nach unserer festen Überzeugung zielführende Maßnahmen, die wir im Kampf um mehr Entgeltgleichheit brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Neben den politischen und gesetzlichen Möglichkeiten ist jedoch auch ein Umdenken in unseren Unternehmen nötig, um diese Ungerechtigkeit endlich zu beenden.
Das wahre Leben ist aber dies: Jedes Paar trifft individuelle Lebensentscheidungen. „ Tritt ein Partner für die Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen beruflich kürzer oder nicht?“, das ist eine Frage, die in den meisten Beziehungen irgendwann diskutiert wird. In diese persönlichen Entscheidungen hat sich der Staat nicht einzumischen; denn das geht ihn nichts an.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich akzeptiere und befürworte es, wenn Familien zu dem Schluss kommen, dass ein Partner familienbedingt kurzfristig oder dauerhaft auf ein Erwerbseinkommen verzichtet. Das ist ihr gutes Recht und ihre ureigenste Entscheidung. Ich akzeptiere aber nicht, dass Familien zu dem Schluss kommen müssen, dass sie keine andere Wahl haben, weil sie ihre Kinder oder andere Angehörige versorgen müssen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber nicht wirklich das Thema der heutigen Debatte!)
Frauen bekommen aber nun einmal die Kinder, und daran wird auch der medizinische und technische Fortschritt in den nächsten Jahrzehnten nichts ändern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Mal sehen!)
Frauen werden leider häufig für das Kinderkriegen oder die Pflege ihrer Angehörigen und die damit in der Regel verbundene berufliche Auszeit bestraft, und das ist nicht richtig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie haben es gerade gesagt, Frau Müller-Gemmeke: Bei Berufen mit einem deutlich niedrigeren Erwerbseinkommen handelt es sich vielfach, wenn auch nicht nur, um typische Frauenberufe. Heute stand im Übrigen in der Zeitung, dass der Unterschied bei Steuerberatern am größten ist: Die Frauen erzielen im Schnitt nur 56 Prozent des Bruttogehalts der Männer.
Es gibt allerdings eine Ausnahme, die wir heute auch einmal erwähnen sollten: Bei den Postboten liegen die Frauen tatsächlich mit rund 100 Euro vorne.
(Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Na super!)
Es wäre toll, wenn wir das demnächst auch in vielen anderen Bereichen vorweisen könnten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Eine Lohndifferenz von 22 Prozent ist nicht hinnehmbar; aber noch weniger ist für mich die Lohndifferenz von 7 Prozent hinnehmbar, die auch dann bleibt, wenn man Kriterien wie Arbeitszeit, Berufswahl oder Erwerbsunterbrechungen berücksichtigt. An diese Problematik müssen und werden wir schnell und konsequent herangehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich stimme nicht mit allen Forderungen im Antrag der Grünen überein. Wir lehnen zum Beispiel, weil Sie, Frau Müller-Gemmeke, es erwähnt haben, ein Verbandsklagerecht und die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung ab.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre aber richtig!)
Dennoch sollten wir den heutigen Tag zum Anlass nehmen, gemeinsam Lösungen zu finden, um diese Ungerechtigkeit endlich zu beenden. Dann können wir den Equal Pay Day entweder am 1. Januar begehen, oder wir verzichten darauf, weil wir ihn dann überhaupt nicht mehr brauchen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Cornelia Möhring, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3234414 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 24 |
Tagesordnungspunkt | Gerechte Entlohnung von Frauen |