21.03.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 24 / Tagesordnungspunkt 18

Gabriele Hiller-OhmSPD - Gerechte Entlohnung von Frauen

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Meine hoch geschätzte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frauen müssen im Schnitt immer noch 80 Tage länger arbeiten, um auf den Jahreslohn von Männern zu kommen. Das – da sind wir uns alle einig – ist beschämend.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wo, so frage ich Sie, bleibt der laute Aufschrei in unserer Bevölkerung bei so hartnäckiger und langanhaltender Verletzung unseres Grundgesetzes?

Meine Damen und Herren und auch sehr verehrte Damen und Herren auf den Tribünen, ich spreche oft mit Schülergruppen, und dann spreche ich auch dieses Thema an. Ich habe festgestellt, dass das Thema Lohndiskriminierung überhaupt nicht so wahrgenommen wird. Ich habe mich gefragt: Wie kann das sein? Warum ist keine Empörung zu hören bei den jungen Frauen, aber auch bei den jungen Männern? Die Mädchen und jungen Frauen fühlen sich überhaupt nicht benachteiligt oder diskriminiert. Sie sind erfolgreich in der Schule, in der Ausbildung und im Studium. Sie haben die jungen Männer inzwischen in vielen Bereichen überholt. Da fällt es offensichtlich nicht nur den jungen Frauen schwer, sich vorzustellen, dass die ganzen Mühen einmal in Altersarmut enden könnten. Das Problem, meine Damen und Herren, ist in seiner Tragweite in den Köpfen der Menschen überhaupt noch nicht angekommen.

Blicken wir auf die letzten Jahre zurück: Wir haben uns auf politischer Ebene bei der Beantwortung der Frage von mehr Gerechtigkeit für Frauen in der Regel gestritten. Es gab keine breite Übereinstimmung in unserer Gesellschaft, Diskriminierung von Frauen abzuschaffen. Jetzt, meine Damen und Herren, haben wir eine gute Chance, diesen dringend notwendigen Konsens zu erreichen. Wir haben es geschafft, die CDU/CSU zu überzeugen, und werden es dann auch schaffen, Frauen in Deutschland endlich das zukommen zu lassen, was ihnen zusteht: Gerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben lange Zeit auf Freiwilligkeit gesetzt.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie immer noch!)

Die Wirtschaft hat uns dafür nur den Finger gezeigt, und nichts hat sich verbessert. Wir brauchen also klare gesetzliche Regeln, damit die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt beseitigt werden kann. Ein Entgeltgleichheitsdurchsetzungsgesetz, wie auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, es in Ihrem Antrag fordern, haben wir bereits in unserem Koalitionsvertrag festgeschrieben.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt jetzt aber nicht! Da steht nichts von einem Entgeltgleichheitsgesetz! Auch nicht in dem Antrag von letzter Woche!)

Wir wollen im ersten Schritt alle Unternehmen ab 500 Beschäftigten dazu verpflichten, einen Bericht über den Zustand der Entgeltgleichheit in ihrem Betrieb vorzulegen.

Darüber hinaus brauchen wir ein gesetzlich festgelegtes individuelles Auskunftsrecht, und Regelungen zu verbindlichen Verfahren, wie Unternehmen Entgeltdiskriminierung beseitigen können, müssen ebenfalls festgeschrieben werden. Wichtig ist natürlich auch, über Sanktionen nachzudenken, damit das Gesetz dann auch Wirkung entfalten kann. Unsere Familienministerin Manuela Schwesig wird schon sehr bald Eckpunkte für dieses wichtige Gesetz vorlegen.

Aber Sie haben recht: Das reicht natürlich noch nicht. Ein weiterer Hemmschuh sind die Minijobs, die für viele Frauen – besonders für die, die verheiratet sind und Kinder haben – eine verheerende Teilzeitfalle darstellen.

Minijobs sind für viele Frauen zunächst sehr attraktiv, um nach einer Familienphase wieder in das Berufsleben einzusteigen. Man arbeitet Teilzeit, bezahlt keine Steuern, braucht keine Abgaben an die Sozialversicherungen zu entrichten und kann sich beitragsfrei über den Partner krankenversichern lassen. Die Zahlen bestätigen das: 84 Prozent der Frauen, die ausschließlich in einem Minijob arbeiten, sind verheiratet.

So verlockend der Einstieg in eine Beschäftigung durch einen Minijob ist, so verheerend ist der Klebeeffekt: einmal Minijob, immer Minijob!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Weg in die Altersarmut ist oft vorgegeben, vor allem, wenn die Ehe auseinandergeht, und inzwischen wird fast jede zweite Ehe geschieden.

Wer Vollzeit gearbeitet hat und wegen der Familie auf Teilzeit gegangen ist, muss deshalb ein Recht auf Rückkehr in den Vollzeitjob haben. Dieses Rückkehrrecht wird unsere Arbeitsministerin Andrea Nahles jetzt gesetzlich verankern, und das ist gut so;

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Heinz Wiese [Ehingen] [CDU/CSU])

denn damit schaffen wir eine Alternative zum Minijob. Wir helfen damit auch den Vätern; denn genauso, wie sich viele Frauen wünschen, mehr arbeiten zu können, wünschen sich immer mehr Männer, weniger zu arbeiten, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben, und auch das ist gut so. Das müssen wir unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, leider werden Frauen trotz guter Bildungsabschlüsse noch immer mit schlecht bezahlten Jobs abgespeist. Sieben von zehn Beschäftigten im Niedriglohnbereich sind Frauen. Ich freue mich deshalb, dass Ministerin Nahles jetzt – wahrlich im Eilzugtempo – ihre Vorschläge für ein Mindestlohngesetz vorgelegt hat. Eins ist sicher: Ein gesetzlicher flächendeckender Mindestlohn wird vielen Frauen zu besseren Löhnen verhelfen, und auch das ist gut so.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gut für Frauen ist außerdem, dass wir uns im Koalitionsvertrag auf eine Quote für Frauen in Führungspositionen einigen konnten. Auch an dieser wichtigen Stelle haben wir den politischen Streit beendet und setzen jetzt auf Konsens. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich in unserer Gesellschaft endlich ein neues Bewusstsein entfaltet und Frauen genauso selbstverständlich Führungsaufgaben wahrnehmen können wie Männer.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit der Bundestagswahl ist gerade einmal ein halbes Jahr vergangen. Wie sieht es aus? Wir haben im Koalitionsvertrag viele Verbesserungen für die Menschen durchgesetzt, und wir haben eine Regierung, die voll durchstartet. Diesmal ist mir um die Frauen und Männer in unserem Land nicht bange.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Frau Dr. Freudenstein, Sie haben jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3234441
Wahlperiode 18
Sitzung 24
Tagesordnungspunkt Gerechte Entlohnung von Frauen
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