Bärbel KoflerSPD - Aktuelle Stunde zum IPCC-Weltklimabericht
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass wir die Gelegenheit haben, über den Weltklimabericht zu diskutieren, weil er – viele Vorredner haben es gesagt – eine sehr deutliche Sprache spricht. Es gibt zwei Themenstränge. Das eine Thema – es ist mehrfach angesprochen worden – ist die Vermeidung des CO 2 -Ausstoßes bei uns im eigenen Land mit allen Strategien zur Energiewende und zum Emissionshandel, wie meine Vorredner gerade ausgeführt haben. Aber es geht auch um Vermeidungsstrategien weltweit.
Ich habe es in verschiedenen Reden betont und möchte es auch heute noch einmal betonen: Wir leben in einer Welt, in der weit mehr als 1 Milliarde Menschen keinen Zugang zu Energie hat, mit allen Folgen für ihre persönliche Entwicklung, für die Entwicklungschancen, für die Bekämpfung von Armut und für die Industrialisierung und Entwicklung dieser Länder.
Wenn wir CO 2 -Ausstoß zukünftig vermeiden und nachhaltig handeln wollen, dann ist es unabdingbar, dass wir uns einer fossilfreien und CO 2 -mindernden Energiestrategie zuwenden und eine nachholende Entwicklung in den Entwicklungsländern ohne dieselben Fehler möglich machen, die wir selbst bei unserer Industrialisierung gemacht haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zurzeit findet der EU-Afrika-Gipfel statt. Ich finde es in diesem Zusammenhang wichtig, dass wir zum Beispiel auch über die Energiepartnerschaft mit Afrika diskutieren. Wenn versprochen wird, bis zum Jahr 2020 für 100 Millionen Afrikaner Zugang zu Energie zu schaffen, dann kann das nur mit erneuerbaren Energien und einer Verstärkung der Energieeffizienz geschehen. Denn nur so trägt das zu einer nachhaltigen Entwicklung in diesen Ländern bei.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Der Weltklimabericht spricht auch eine deutliche Sprache, was Anpassungsmaßnahmen anbelangt. Das ist die zweite Seite der Medaille: Dort, wo wir nicht mehr umhinkönnen, müssen wir das, was bereits kaputt ist und wo wir bereits versagt haben, an Schäden beheben.
Ich möchte ein paar Beispiele nennen, damit man sich vorstellen kann, worum es geht. Es gibt deutliche Aussagen, dass zum Beispiel schon bei einer Klimaerwärmung um 1,5 Grad Celsius bis 2030 40 Prozent der Anbauflächen dieser Erde für Mais vernichtet werden. Schon bei einer so „geringen“ Erhöhung um 1,5 Grad Celsius wäre es dann nicht mehr möglich, dort Mais anzubauen.
Wir alle wissen, was das für Folgen für die Menschen in den Entwicklungsländern und für die Nahrungsmittel- und Ernährungssicherheit hätte und was für eine unglaubliche Hungerkatastrophe auf uns zukommen wird, wenn wir hier nicht rechtzeitig handeln.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ähnliches gilt für die Trinkwasserversorgung und den Zugang zu sauberem Wasser. Wer jemals in einem Land war, das besonders vom Klimawandel betroffen ist, und gesehen hat, was es bedeutet, wenn Böden versalzen und das, was früher angebaut wurde, nicht mehr angebaut werden kann, aber auch das Trinkwasser nicht mehr dort zu finden ist, wo es früher geholt wurde, sodass man – meistens im Übrigen die Frauen – stundenlang auf der Suche nach Wasser durch die Gegend laufen muss, das dann beileibe nicht sauber ist, der kann ermessen, was das für eine Katastrophe für diese Länder und die Menschen dort ist.
Wenn wir dem entgegenwirken wollen, dann ist es, finde ich – auch wenn es um die Nachhaltigkeitsziele und die Verhandlungen darüber in der UN geht –, die erste Voraussetzung, dass wir anerkennen: Es gibt eine gemeinsame Verantwortung für den Klimawandel der Länder dieser Erde, aber es gibt eine unterschiedliche Verantwortung. Die historische Verantwortung für die, die den Klimawandel verursacht haben, liegt bei den Industrieländern und künftig auch bei den Schwellenländern, aber nicht bei den Entwicklungsländern, die jetzt unter den Folgen des Klimawandels leiden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Diese Anerkennung ist im Übrigen die Voraussetzung dafür, dass wir Vertrauen auf den Klimakonferenzen der nächsten Jahre gewinnen und hier Allianzen schmieden können, die zu wirklich fortschrittlichen Klimaschutzabkommen weltweit führen.
Das hat auch Konsequenzen für die Finanzierung; das muss man sehr deutlich sagen. Anpassungsmaßnahmen haben – ich habe nur einen Teil dessen geschildert, was notwendig sein wird – einen hohen Finanzierungsbedarf; darüber müssen wir uns klar sein. Diesen Bedarf können wir nicht mit den Ressourcen bewältigen, die bisher in den Haushalt eingestellt sind.
(Beifall bei der SPD)
Das betrifft nicht nur uns. In jedem nationalen Haushalt sind weltweit zu wenige Mittel eingestellt, um die Ziele, die wir anstreben, zu erreichen oder zumindest die Folgen des Klimawandels abzumildern. Ein Satz der Hilfsorganisation CARE beschreibt alles, was man dazu in finanzieller Hinsicht sagen kann – ich finde ihn absolut richtig –: „Bekämpfung des Klimawandels und Unterstützung bei Anpassungsmaßnahmen“ sind „kein Akt der Barmherzigkeit, sondern eine Frage der Gerechtigkeit“.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist der Kollege Carsten Müller, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3270544 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 25 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum IPCC-Weltklimabericht |