Tankred SchipanskiCDU/CSU - Kooperationsverbot im Bildungswesen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere damalige Wissenschaftsministerin Annette Schavan hat erstmals im März 2010 einen konkreten Vorschlag unterbreitet, wie sie sich einen neuen kooperativen Föderalismus vorstellt. Diesen Impuls haben wir in einer Vielzahl von Debatten in diesem Hohen Hause in der letzten Legislatur aufgegriffen. Nach intensiver Diskussion legte dann die christlich-liberale Koalition am 10. Oktober 2012 mit der Bundestagsdrucksache 17/10956 einen ganz konkreten Gesetzentwurf vor, den wir alle kennen und der die Änderung des Art. 91 b Abs. 1 Nr. 2 Grundgesetz vorsah. Es war ein Vorschlag, der einen gesellschaftlichen Konsens aufgriff
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann haben Sie den nie wieder eingebracht!)
und der die sensible Frage der Kernzuständigkeiten der Bundesländer berücksichtigt und austariert hat.
Es gab in der Analyse und in den Schlussfolgerungen einen Konsens. Alle Sachverständigen und Wissenschaftsorganisationen wiesen zu Recht darauf hin, dass durch unseren Vorschlag der Änderung des Art. 91 b die Unwucht zwischen außeruniversitärer und universitärer Forschung behoben werden kann. Der Wissenschaftsrat hat uns in seinem Gutachten zu den Perspektiven des deutschen Wissenschaftssystems vom 12. Juli 2013 ausdrücklich bestätigt, dass eine Änderung des Art. 91 b ein richtiger und wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung unseres Wissenschaftssystems wäre.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein Blick in den Koalitionsvertrag der Großen Koalition zeigt, dass wir uns einig sind, dass unsere Universitäten – das Herzstück unseres Wissenschaftssystems – Unterstützung vom Bund erhalten sollen. Das soll nicht nur im Rahmen der bisherigen befristeten Vorhaben, sondern – Kollege Rossmann hat es bereits gesagt – auch mit Blick auf die Grundfinanzierung geschehen, also ganz im Sinne des Formulierungsvorschlags des Art. 91 b aus der letzten Legislatur.
Wir erörtern nunmehr, wie wir den Auftrag, den uns der Koalitionsvertrag gibt, im gesamtstaatlichen Interesse umsetzen. Eine Verfassungsänderung, also eine Änderung des Art. 91 b, ist eine Variante. Sie kann so aus dem Koalitionsvertrag herausgelesen werden. Ein anderer Weg wäre die Weiterentwicklung unserer bisherigen umfangreichen Kooperation zwischen Bund und Ländern. Das gilt zum Beispiel für den Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative oder den Qualitätspakt Lehre; der Herr Staatssekretär hat das angesprochen. Der Wissenschaftsrat hat mit seinem Gutachten richtige Impulse gesetzt.
Es zeigt sich, dass der Begriff des Kooperationsverbotes sehr zugespitzt gewählt ist.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
Denn wir erleben doch gerade eine umfangreiche Kooperationskultur. Kooperation ist im gesamtstaatlichen Interesse. Dies ist im Übrigen auch die Idee des kooperativen Föderalismus, den uns das Grundgesetz gebietet. Das Grundgesetz unterscheidet ganz bewusst zwischen Wissenschaft – Art. 5 – und Schule, Art. 7. Der heute zu diskutierende Antrag der Linken greift aber nur die Kooperationskultur im Bildungsbereich auf. Das ist ein Politikfeld, in dem wir keinen gesellschaftlichen Konsens für eine Verfassungsänderung erkennen können, im Besonderen keinen Konsens mit den Bundesländern, um deren Kernkompetenzen es sich hier handelt. Ich verweise auf die Anhörung vom 28. November 2012, die unser Ausschuss in der letzten Legislatur mit Blick auf eine Grundgesetzänderung durchführte. Dort konnten wir erleben, wie sich die Länder im Bildungsbereich schwertun, dem Bund lediglich eine koordinierende Rolle zuzubilligen. Das ist aber eine Rolle, die der Bund meines Erachtens von Verfassungs wegen her bereits besitzt.
Wir sind uns über Fraktionsgrenzen hinweg in diesem Hohen Hause einig, dass die Arbeit der Kultusministerkonferenz – diplomatisch gesprochen – verbesserungsbedürftig ist. Seit 14 Jahren arbeitet dieses Gremium nun an gemeinsamen Bildungsstandards und kommt nur mühsam voran. Transparenz, Vergleichbarkeit der Abschlüsse und bundesweite Bildungsmindeststandards sind in unserem kooperativen Bildungsföderalismus notwendige Grundbausteine.
Das, was wir gegenwärtig im Rahmen der Diskussionen um G 8 und G 9 in einigen Bundesländern erleben, ist erschreckend.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Abenteuerlich!)
Es zeigt mir, dass die KMK eben nicht in der Lage ist, nationale Verantwortung wahrzunehmen.
Der Antrag der Linken enthält keinen Lösungsansatz für diese Probleme.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Doch, doch, doch!)
Weder lese ich etwas von der Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse noch von Mindeststandards und Transparenz. In Ihrem Antrag geht es nicht um Inhalt, sondern um Finanzströme. Sie machen nur einen einzigen Vorschlag, und der ist abenteuerlich. Sie wollen Landesgeld durch Bundesgeld ersetzen. Sie wollen die Einnahmen der Länder auf Kosten des Bundes erhöhen. Das ist Egoismus und das Gegenteil von Bildungskooperation, wie wir sie brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Da haben Sie schlecht gelesen!)
Kooperativer Föderalismus bedeutet für mich, dass das Engagement des Bundes nicht das Engagement eines Bundeslandes ersetzen darf, sondern nur ergänzen. Hierauf haben wir uns im Wissenschaftsbereich mit den Bundesländern verständigt. Diese Kooperationskultur wollen wir ausbauen. Diesen Arbeitsauftrag haben wir klar im Koalitionsvertrag formuliert und werden ihn auch gemeinsam erfüllen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort Özcan Mutlu, Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3273500 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Kooperationsverbot im Bildungswesen |